Dienstmädchen in Diplomatenhaushalt

"Ich musste immer arbeiten"

Eine Reinigungskraft bei der Arbeit
Das Dienstmädchen aus Ghana sagt, sie habe fast nie das Haus der Botschaftsrätin verlassen dürfen. © dpa/picture-alliance/Karl-Josef Hildenbrand
Von Claudia van Laak · 12.10.2016
23.400 Verkehrsdelikte haben Diplomaten im vergangenen Jahr in Berlin begangen. Belangt wurden sie dafür nicht. Was aber, wenn es um mehr geht als ein Knöllchen? Unsere Berlin-Korrespondentin schildert einen Fall von jahrzehntelanger Ausbeutung.
Akosua Asabea ist 52 und Analphabetin. Die Frau aus Ghana lebt seit vier Jahren in Berlin, spricht allerdings kein Wort Deutsch und auch kein Englisch, nur ihre Stammessprache Twi. Sieben Tage in der Woche musste sie als Hausangestellte arbeiten, von morgen 6 bis abends 22, manchmal sogar bis 24 Uhr, erzählt sie.
"Ich musste immer arbeiten. Das Haus durfte ich nur zum Einkaufen verlassen oder um die Kinder von der Schule abzuholen. 265 Euro Lohn im Monat wurde mir versprochen, aber ich habe nichts von diesem Geld gesehen."

Klage mit geringen Erfolgschancen

Akosua Asabea – in Wirklichkeit heißt sie anders – war Hausangestellte einer ghanaischen Botschaftsrätin in Berlin-Dahlem. Als Kind – mit zehn Jahren - trat sie schon in die Dienste der Familie ein, die sie später mit nach Berlin nahm.
"Meine Chefin hatte meinen Pass, meine EC-Karte und die Pin-Nummer. Auch die Chipkarte meiner Krankenkasse hat sie einbehalten, vier Jahre lang durfte ich nicht zum Arzt gehen."
Die Frau aus Ghana spricht extrem leise, wirkt verunsichert. Warum sie nach 40 Jahren Ausbeutung plötzlich aufbegehrte und sich an die Berliner Frauenberatungsstelle gegen Menschenhandel Ban Ying wandte, bleibt unklar. Die Sozialarbeiterinnen von Ban Ying – thailändisch "Haus der Frauen" - brachten Akosua Asabea in einer sicheren Wohnung unter, wandten sich an das Auswärtige Amt. Es gab Gespräche mit der Botschaft von Ghana, ohne Erfolg. Im letzten Monat hat Anwältin Manuela Kamp die frühere Arbeitgeberin von Asabea verklagt, auf Zahlung von 86.000 Euro. Die Erfolgschancen sind allerdings gering.
"Weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht gegeben ist. Und das ist eine Prozessvoraussetzung, um überhaupt in Deutschland eine Klage einreichen zu können. Das Gericht prüft von Amts wegen, sind wir hier als deutsches Arbeitsgericht zuständig, und wenn die Feststellung getroffen wurde, hier besteht die Immunität nach dem Wiener Übereinkommen, dann wird eben gesagt, wenn Immunität besteht, dann ist die deutsche Gerichtsbarkeit tatsächlich nicht gegeben."

"Ich habe Angst zurückzukehren"

Etwa zehn bis 15 Frauen wenden sich an die Berliner Beratungsstelle Ban Ying. Die Dunkelziffer der in Diplomatenhaushalten ausgebeuteten Angestellten dürfte sehr viel höher liegen. In der Regel nehmen die Frauen keine Hilfe von außen in Anspruch, sind sie doch komplett abhängig von ihren Arbeitgebern. Sie sprechen kein Deutsch, und nur wenige wissen, dass sie einen Anspruch auf Mindestlohn, Urlaub und ein eigenes Zimmer haben. Ihre Aufenthaltserlaubnis in Deutschland ist an die ihres Arbeitgebers gekoppelt. Paula Riedemann von Ban Ying fordert deshalb:
"Erstmal müsste es eine Möglichkeit geben, den Arbeitgeber zu wechseln, zweitens die Verpflichtung, die Hausangestellte haben, im privaten Haushalt des Arbeitgebers zu wohnen, die dürfte nicht mehr existieren, die müssen auch die Möglichkeit haben, woanders zu wohnen."
Außerdem müsse es eine eigene Beschwerdestelle für die Hausangestellten von Diplomaten geben, meint Paula Riedemann.
Wie das Leben von Akosua Asabea weitergeht, ist unklar. Die Frau aus Ghana hofft, in Deutschland bleiben zu können.
"Ich habe Angst zurückzukehren, weil meine früheren Arbeitgeber sind reich und mächtig in Ghana. Der Vater meiner Ex-Chefin ist Politiker und Militär, ich habe Angst, dass mir etwas passiert."
Mehr zum Thema