Die Zukunft der Bayreuther Festspiele
Es war und ist mehr als Sommertheater, gewürzt mit Künstler- und Star-Eitelkeiten. Es ging und geht um die Zukunft der Bayreuther Festspiele. Da ist achselzuckendes Desinteresse zu wenig. Denn es geht um Deutschlands einziges Festival von Weltgeltung.
Es ist - allen Mäkeleien der Kulturkritiker zum Trotz - ein florierendes Festival: wunderschön auf einem grünen Hügel gelegen, abseits allen Getriebes der Stadt, mit demokratisch guter Sicht von allen Parkettplätzen und einer in der Welt einzigartigen Akustik: Mischklang aus einem verdeckten Orchestergraben, hölzerner Innenraum als Resonanzkörper. Eben darum hat "Bayreuth" als Festspielort eine magische, fast mythische Aura. Eben darum ist es alljährlich heillos überbucht. Musikfreunde aus aller Welt warten manchmal sieben bis zehn Jahre auf eine Kartenzuteilung.
Nicht wenig zu dieser Aura trägt die Tatsache bei, dass Bayreuth mehr "Originalität" beanspruchen kann als alle anderen Festivals: Am Grünen Hügel arbeitet derzeit die dritte Generation Wagner, der Enkel Wolfgang als alleiniger Festspielleiter. So scheint eine gleichsam direkte Verbindung zum Gründer Richard Wagner weiterhin zu bestehen.
Warum ein Wagner? Wechsel in die Außenperspektive: Kabuki- oder No-Theater - und ein Haus seit 130 Jahren in Gründerhänden - Prädikat: besonders besuchenswert.
Doch die Aura bröckelt künstlerisch und ist ganz einfach biologisch gefährdet: Im August wurde Wolfgang Wagner 88 Jahre alt - und trotz hermetischer Pressepolitik hört man aus dem Umfeld des Festspielhauses, dass er an Alzheimer erkrankt sei. Doch auch seine künstlerische Linie, an der seine zweite Ehefrau Gudrun wesentlich beteiligt war, war in den letzten zehn bis 15 Jahren heftig umstritten.
Nicht wenig zu dieser Aura trägt die Tatsache bei, dass Bayreuth mehr "Originalität" beanspruchen kann als alle anderen Festivals: Am Grünen Hügel arbeitet derzeit die dritte Generation Wagner, der Enkel Wolfgang als alleiniger Festspielleiter. So scheint eine gleichsam direkte Verbindung zum Gründer Richard Wagner weiterhin zu bestehen.
Warum ein Wagner? Wechsel in die Außenperspektive: Kabuki- oder No-Theater - und ein Haus seit 130 Jahren in Gründerhänden - Prädikat: besonders besuchenswert.
Doch die Aura bröckelt künstlerisch und ist ganz einfach biologisch gefährdet: Im August wurde Wolfgang Wagner 88 Jahre alt - und trotz hermetischer Pressepolitik hört man aus dem Umfeld des Festspielhauses, dass er an Alzheimer erkrankt sei. Doch auch seine künstlerische Linie, an der seine zweite Ehefrau Gudrun wesentlich beteiligt war, war in den letzten zehn bis 15 Jahren heftig umstritten.
Das "Wagner-Personal"
Von dieser Dritten, der Enkel-Generation, ist Wieland Wagner 1966 unerwartet früh verstorben - und hat die Urenkelin Nike Wagner hinterlassen. Seither führt der andere Enkel, nämlich Wolfgang Wagner als alleiniger Geschäftsführer die Festspiel GmbH, nach einer grundlegenden Neuregelung 1986 sogar "auf Lebenszeit". Doch da seine Gesundheit nicht mehr die Beste ist, scheint die Bestellung einer neuen Festspielleitung dringend geboten. Dazu will der dafür zuständige "Stiftungsrat" der 1973 errichteten "Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth" nun am 6. November tagen und die schon vor zwei Jahren einmal anstehende Problematik wohl lösen.
Und prompt gibt es insgesamt drei Urenkelinnen, die sich zu Wort melden. Denn Wolfgang Wagner hat aus erster Ehe eine Tochter Eva und aus seiner zweiten Ehe die deutlich jüngere Tochter Katharina.
Wieder ist kein Achselzucken angebracht und keine männliche Häme wie "Stutenbissigkeit" oder "Zickenkrieg". Die Wieland-Tochter Nike ist promovierte Kulturwissenschaftlerin. Sie besitzt kaum Theaterpraxis, hat vor Jahren den Posten einer Hamburger Kultursenatorin abgelehnt und leitet derzeit ein Weimarer Klein-Festival eher glanz- und glücklos. Sie besitzt jedoch eine intellektuell geschärfte Zunge und attackiert den "Wolfgang-Clan" gerne. Ihre bisher mehrfach geäußerten Pläne - etwa Öffnung des Festspielhauses für andere Werke - widersprechen einfach der Stiftungsurkunde. Es fehlt eine konkrete Vorstellung über die Finanzierung. Die Idee eines zweiten Opernhauses in Bayreuth ist nicht mehr als eine Luftnummer.
Dann will sich Wolfgangs Tochter aus erster Ehe, die beim Festival von Aix-en-Provence tätige Eva Wagner, bewerben. Sie beherrscht das Theatermanagement von der Pike auf. Doch ihren Tätigkeiten zwischen Paris, London und anderen Fixpunkten der Opernwelt fehlte bislang die große Ausstrahlung oder eine eigene künstlerische Kontur. Sie ist eine gute, erfahrene Pragmatikerin.
Beider Bewerbungen schränkt jedoch eine - uncharmante - Tatsache ein: Beide Damen sind Jahrgang 1945. Die Bayreuther Vorverträge laufen - wie im internationalen Opernstar-Geschäft üblich - wohl schon bis 2010 oder 2011. Beide Damen wären also über 65 Jahre alt, ehe ihre Gestaltungskraft zum Tragen käme - ein Alter, in dem man(n) wie frau auf eine Intendantenkarriere zurückblicken sollte.
Somit hat die 29-jährige Katharina - aus Wolfgang Wagners zweiter Ehe - derzeit gute Aussichten. Sie ist hinter, auf und vor der Bayreuther Bühne groß geworden und hat von Kleinkindesbeinen an eine musikalische Ausbildung genossen. Sie hat in Berlin Theaterwissenschaften studiert sowie ein betriebswirtschaftliches Aufbaustudium absolviert und bei einigen Regie-Größen, auch bei Inszenierungen des Vaters Wolfgang in Bayreuth assistiert. Sie kann außerhalb Bayreuths auf vier Inszenierungen zurückblicken: Der Münchner "Waffenschmied" und das Puccini-Trittico in Berlin überzeugten weniger. Der ganz neu gesehene Würzburger "Fliegende Holländer", noch mehr ein hochpolitischer, attackenreicher "Lohengrin" in Budapest sind eindeutig der Richtung "modernes Regietheater" zuzuordnen. Sie ließen einen undogmatischen, interpretatorisch fesselnden Zugriff auf scheinbar "altbekannte" Werke erkennen - und wiesen somit in die Zukunft.
Obwohl aus den Berliner Jahren mit dem Stardirigenten Christian Thielemann befreundet, zeigt Katharinas jüngste Äußerung - sie könne sich bezüglich des Festspielorchesters "einige innovativere Griffe" vorstellen - keine künstlerisch einseitigen Festlegungen. Noch wichtiger: Ihre erste Arbeit bei den Bayreuther Festspielen, die Beifall- und Buh-Umtoste Eröffnungsinszenierung der "Meistersinger von Nürnberg" zeigte eben auch "einige innovative Griffe" - also genau das, was die Festspiele künftig brauchen. Rein künstlerisch hätte jeder Opernfreund Katharina noch Jahre der Reife und Bewährung gegönnt. Wohl um die konservativen Kreise nicht zu sehr zu verschrecken, hat Katharina sich nun gezielt zusammen mit Christian Thielemann beworben - und da beginnt das Problem.
Der Stiftungsrat der "Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth" wird also nun zusammentreten, um die Nachfolgefrage zu klären. Die Vertreter von Bund, Land, Oberfranken, Stadt, Förderkreis und Familie müssen eine kluge und praxisorientierte Entscheidung fällen - und die könnte, ja sie sollte beinhalten, dass der begabten, selbstbewussten und künstlerisch nicht konfliktscheuen Urenkelin Katharina ein wirklich unabhängiger, starker Ko-Direktor an die Seite gestellt wird. Das müsste ein künstlerisch und eben auch vom Vertrag und seinen Mitsprachemöglichkeiten her "starker" Mann oder eine starke Frau sein - also genau das, was die Familie Wagner wohl nicht will. Denn speziell diese familiären Einflüsse wären abzustellen. Bezüglich Sängern, Dirigenten und Regieteams sollte eine deutlich verbesserte Planung, Engagement-Politik und Künstlerpflege stattfinden - auch wenn dies in einer globalisierten und auch stark durch-ökonomisierten, sprich kapitalisierten Opern-Welt deutlich schwieriger geworden ist. Eine offenere Atomsphäre am und um den "Grünen Hügel" sollte Bayreuth wieder zum innovativen, das heißt herausfordernden und verstörenden "Wagner-Mekka" machen. "Kinder, schafft Neues!", hatte schon Richard Wagner gefordert. Das gilt nun auch für den Stiftungsrat!
Und prompt gibt es insgesamt drei Urenkelinnen, die sich zu Wort melden. Denn Wolfgang Wagner hat aus erster Ehe eine Tochter Eva und aus seiner zweiten Ehe die deutlich jüngere Tochter Katharina.
Wieder ist kein Achselzucken angebracht und keine männliche Häme wie "Stutenbissigkeit" oder "Zickenkrieg". Die Wieland-Tochter Nike ist promovierte Kulturwissenschaftlerin. Sie besitzt kaum Theaterpraxis, hat vor Jahren den Posten einer Hamburger Kultursenatorin abgelehnt und leitet derzeit ein Weimarer Klein-Festival eher glanz- und glücklos. Sie besitzt jedoch eine intellektuell geschärfte Zunge und attackiert den "Wolfgang-Clan" gerne. Ihre bisher mehrfach geäußerten Pläne - etwa Öffnung des Festspielhauses für andere Werke - widersprechen einfach der Stiftungsurkunde. Es fehlt eine konkrete Vorstellung über die Finanzierung. Die Idee eines zweiten Opernhauses in Bayreuth ist nicht mehr als eine Luftnummer.
Dann will sich Wolfgangs Tochter aus erster Ehe, die beim Festival von Aix-en-Provence tätige Eva Wagner, bewerben. Sie beherrscht das Theatermanagement von der Pike auf. Doch ihren Tätigkeiten zwischen Paris, London und anderen Fixpunkten der Opernwelt fehlte bislang die große Ausstrahlung oder eine eigene künstlerische Kontur. Sie ist eine gute, erfahrene Pragmatikerin.
Beider Bewerbungen schränkt jedoch eine - uncharmante - Tatsache ein: Beide Damen sind Jahrgang 1945. Die Bayreuther Vorverträge laufen - wie im internationalen Opernstar-Geschäft üblich - wohl schon bis 2010 oder 2011. Beide Damen wären also über 65 Jahre alt, ehe ihre Gestaltungskraft zum Tragen käme - ein Alter, in dem man(n) wie frau auf eine Intendantenkarriere zurückblicken sollte.
Somit hat die 29-jährige Katharina - aus Wolfgang Wagners zweiter Ehe - derzeit gute Aussichten. Sie ist hinter, auf und vor der Bayreuther Bühne groß geworden und hat von Kleinkindesbeinen an eine musikalische Ausbildung genossen. Sie hat in Berlin Theaterwissenschaften studiert sowie ein betriebswirtschaftliches Aufbaustudium absolviert und bei einigen Regie-Größen, auch bei Inszenierungen des Vaters Wolfgang in Bayreuth assistiert. Sie kann außerhalb Bayreuths auf vier Inszenierungen zurückblicken: Der Münchner "Waffenschmied" und das Puccini-Trittico in Berlin überzeugten weniger. Der ganz neu gesehene Würzburger "Fliegende Holländer", noch mehr ein hochpolitischer, attackenreicher "Lohengrin" in Budapest sind eindeutig der Richtung "modernes Regietheater" zuzuordnen. Sie ließen einen undogmatischen, interpretatorisch fesselnden Zugriff auf scheinbar "altbekannte" Werke erkennen - und wiesen somit in die Zukunft.
Obwohl aus den Berliner Jahren mit dem Stardirigenten Christian Thielemann befreundet, zeigt Katharinas jüngste Äußerung - sie könne sich bezüglich des Festspielorchesters "einige innovativere Griffe" vorstellen - keine künstlerisch einseitigen Festlegungen. Noch wichtiger: Ihre erste Arbeit bei den Bayreuther Festspielen, die Beifall- und Buh-Umtoste Eröffnungsinszenierung der "Meistersinger von Nürnberg" zeigte eben auch "einige innovative Griffe" - also genau das, was die Festspiele künftig brauchen. Rein künstlerisch hätte jeder Opernfreund Katharina noch Jahre der Reife und Bewährung gegönnt. Wohl um die konservativen Kreise nicht zu sehr zu verschrecken, hat Katharina sich nun gezielt zusammen mit Christian Thielemann beworben - und da beginnt das Problem.
Der Stiftungsrat der "Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth" wird also nun zusammentreten, um die Nachfolgefrage zu klären. Die Vertreter von Bund, Land, Oberfranken, Stadt, Förderkreis und Familie müssen eine kluge und praxisorientierte Entscheidung fällen - und die könnte, ja sie sollte beinhalten, dass der begabten, selbstbewussten und künstlerisch nicht konfliktscheuen Urenkelin Katharina ein wirklich unabhängiger, starker Ko-Direktor an die Seite gestellt wird. Das müsste ein künstlerisch und eben auch vom Vertrag und seinen Mitsprachemöglichkeiten her "starker" Mann oder eine starke Frau sein - also genau das, was die Familie Wagner wohl nicht will. Denn speziell diese familiären Einflüsse wären abzustellen. Bezüglich Sängern, Dirigenten und Regieteams sollte eine deutlich verbesserte Planung, Engagement-Politik und Künstlerpflege stattfinden - auch wenn dies in einer globalisierten und auch stark durch-ökonomisierten, sprich kapitalisierten Opern-Welt deutlich schwieriger geworden ist. Eine offenere Atomsphäre am und um den "Grünen Hügel" sollte Bayreuth wieder zum innovativen, das heißt herausfordernden und verstörenden "Wagner-Mekka" machen. "Kinder, schafft Neues!", hatte schon Richard Wagner gefordert. Das gilt nun auch für den Stiftungsrat!