Die Widerspenstige
Die Generaldirektorin des Ägyptischen Museums in Kairo, Wafaa El Saddik, muss erdulden, wie Schätze aus ihrem Museum gestohlen werden - gleichzeitig bricht auf dem Tahrir-Platz die Arabellion herein. Die Autorin versucht vergeblich, ihre Geschichte mit den historischen Ereignissen zu verweben.
Wafaa El Saddik beginnt ihr Buch mit der Arabellion in Ägypten. Und sie endet mit der heutigen Frustration angesichts von Armut und Arbeitslosigkeit. Dazwischen erzählt El Saddik ihre eigene Geschichte: Die einer resoluten Frau, die unter Nasser, Sadat und Mubarak ihren Weg gesucht und ihn als Ägyptologin gefunden hat. Von 2004 bis 2010 leitete sie das Ägyptische Museum in Kairo, das Gedächtnis der Pharaonenzeit.
Was hält nun die Betrachtung der ägyptischen Zustände heute und die persönliche Geschichte seit den 50er-Jahren zusammen? Nur recht wenig, muss man leider sagen. Die Brücke, die El Saddik schlägt, wackelt: "Je mehr wir aus den Augen verlieren, woher wir kommen, desto ungewisser wird, wohin wir gehen", schreibt sie zwar sehr einleuchtend. Und über die Herkunft können unter anderem die Kulturschätze des alten Ägypten Auskunft geben.
Am Tag der Plünderung des Ägyptischen Museums, dem 28. Januar 2011, beschließt El Saddik, ihr Buch zu schreiben. Dennoch stehen die Lage im heutigen Ägypten und die persönliche Lebensgeschichte der Autorin ziemlich unverbunden nebeneinander. Die kleine Irritation darüber tut dem hochinteressanten und vielschichtigen Buch aber keinen Abbruch.
In der Bibliothek des Großvaters wird Wafaa El Saddiks Interesse für das alte Ägypten geweckt. Sie studiert Ägyptologie und Archäologie. Dass Ausgrabungen Männersache sein, ignoriert sie selbstbewusst. Ihre Doktorarbeit schreibt sie in Wien, leitet das Kairoer Bootsmuseum, gründet in Köln eine Familie. Als El Saddik schließlich ihr Traumjob angetragen wird, befallen sie Skrupel: Sie wird als Direktorin des Ägyptischen Museums für die Mächtigen arbeiten müssen. Sie erinnert sich an die Worte ihrer Mutter: "Es gibt nur den geraden Weg", und kämpft jahrelang wie ein Tiger für Etaterhöhungen des Museums und eine bessere Versorgung der Mitarbeiter.
Touristen nicht gefährdet
Wafaa El Saddik hat ein beeindruckendes Selbstporträt geschrieben: eine Frau, die in einer Männerwelt beharrlich ihren Weg geht, museumspädagogische Projekte einführt und in einem korrupten System integer bleibt. "Die Widerspenstige" nennt man sie in Kairo. In ihre persönlichen Erinnerungen flickt sie en passant immer wieder solche an die politische Lage ein. Eine Zeittafel im Anhang mit den Eckdaten der ägyptischen Geschichte wäre für nicht-ägyptische Leser aber vielleicht hilfreich gewesen.
El Saddik reflektiert auch kritisch über die Ägyptologie, die lange ausschließlich in westlicher Hand war, wovon sich die Ägypter erst langsam emanzipieren. El Saddik schildert im Schlusskapitel eindrücklich, wie Kuratoren des Ägyptischen Museums sich andere Jobs suchen, weil ihr Gehalt nicht zum Überleben reicht. Das Land ächzt unter anderem unter dem Rückgang des Tourismus. Dabei, so El Saddik, sind die politischen Unruhen regional begrenzt, die touristischen Attraktionen ungefährdet zu besichtigen. Wafaa El Saddik spannt einen weiten Bogen, um zu sagen: Besuchen Sie Ägypten!
Besprochen von Dina Netz
Was hält nun die Betrachtung der ägyptischen Zustände heute und die persönliche Geschichte seit den 50er-Jahren zusammen? Nur recht wenig, muss man leider sagen. Die Brücke, die El Saddik schlägt, wackelt: "Je mehr wir aus den Augen verlieren, woher wir kommen, desto ungewisser wird, wohin wir gehen", schreibt sie zwar sehr einleuchtend. Und über die Herkunft können unter anderem die Kulturschätze des alten Ägypten Auskunft geben.
Am Tag der Plünderung des Ägyptischen Museums, dem 28. Januar 2011, beschließt El Saddik, ihr Buch zu schreiben. Dennoch stehen die Lage im heutigen Ägypten und die persönliche Lebensgeschichte der Autorin ziemlich unverbunden nebeneinander. Die kleine Irritation darüber tut dem hochinteressanten und vielschichtigen Buch aber keinen Abbruch.
In der Bibliothek des Großvaters wird Wafaa El Saddiks Interesse für das alte Ägypten geweckt. Sie studiert Ägyptologie und Archäologie. Dass Ausgrabungen Männersache sein, ignoriert sie selbstbewusst. Ihre Doktorarbeit schreibt sie in Wien, leitet das Kairoer Bootsmuseum, gründet in Köln eine Familie. Als El Saddik schließlich ihr Traumjob angetragen wird, befallen sie Skrupel: Sie wird als Direktorin des Ägyptischen Museums für die Mächtigen arbeiten müssen. Sie erinnert sich an die Worte ihrer Mutter: "Es gibt nur den geraden Weg", und kämpft jahrelang wie ein Tiger für Etaterhöhungen des Museums und eine bessere Versorgung der Mitarbeiter.
Touristen nicht gefährdet
Wafaa El Saddik hat ein beeindruckendes Selbstporträt geschrieben: eine Frau, die in einer Männerwelt beharrlich ihren Weg geht, museumspädagogische Projekte einführt und in einem korrupten System integer bleibt. "Die Widerspenstige" nennt man sie in Kairo. In ihre persönlichen Erinnerungen flickt sie en passant immer wieder solche an die politische Lage ein. Eine Zeittafel im Anhang mit den Eckdaten der ägyptischen Geschichte wäre für nicht-ägyptische Leser aber vielleicht hilfreich gewesen.
El Saddik reflektiert auch kritisch über die Ägyptologie, die lange ausschließlich in westlicher Hand war, wovon sich die Ägypter erst langsam emanzipieren. El Saddik schildert im Schlusskapitel eindrücklich, wie Kuratoren des Ägyptischen Museums sich andere Jobs suchen, weil ihr Gehalt nicht zum Überleben reicht. Das Land ächzt unter anderem unter dem Rückgang des Tourismus. Dabei, so El Saddik, sind die politischen Unruhen regional begrenzt, die touristischen Attraktionen ungefährdet zu besichtigen. Wafaa El Saddik spannt einen weiten Bogen, um zu sagen: Besuchen Sie Ägypten!
Besprochen von Dina Netz
Wafaa El Saddik (mit Rüdiger Heimlich): Es gibt nur den geraden Weg. Mein Leben als Schatzhüterin Ägyptens
Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013
362 Seiten, 19,99 Euro
Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013
362 Seiten, 19,99 Euro