Die Wähler der FDP "sind unentschlossen"

Jörg Bode im Gespräch mit Ute Welty · 02.01.2013
Der niedersächsische Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Jörg Bode (FDP), geht davon aus, dass seine Partei wieder in den Hannoveraner Landtag einzieht. Trotz schwacher Umfrageergebnisse für seine Partei hofft Bode auf die Stimmen der Unentschlossenen.
Ute Welty: Das wäre ja auch zu schön gewesen, dass es mal Übereinstimmung gibt zwischen den schwarz-gelben Koalitionspartnern. Aber CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe distanziert sich deutlich vom wirtschaftspolitischen Papier des FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler. Und damit bleibt Rösler einmal mehr hinter seinem eigenen Anspruch zurück.

O-Ton Philipp Rösler: Die Menschen wollen von uns vor allem Ergebnisse – ich füge hinzu: liberale Ergebnisse – und das zu Recht. Liebe Wählerinnen und Wähler, ab heute wird die FDP liefern!

Welty: Liefern wollte der FDP-Chef mit seinem Papier eine Zukunftsvision, und zwar die von Wachstum und Stabilität, indem man den Kündigungsschutz lockert, die Lohnzusatzkosten senkt und nicht noch weiter am Daten- und Verbraucherschutz dreht. Heute versucht Philipp Rösler, sein Papier noch mal im Interview mit der "Bild"-Zeitung zu erklären.

Und Redebedarf hat wohl auch der niedersächsische Landesverband, denn am 20. Januar wird in Niedersachsen gewählt und dann entscheidet sich auch das politische Schicksal von Jörg Bode, dem dortigen Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und seit 1989 Mitglied der FDP. Guten Morgen, Herr Bode!

Jörg Bode: Einen wunderschönen guten Morgen, Frau Welty!

Welty: Sie haben die Kritik aus der Bundes-CDU sicher auch gelesen. Können Sie verstehen, warum man dort einigermaßen verstimmt reagiert?

Bode: Nun, es ist so, dass CDU und FDP zwei unterschiedliche Parteien sind, mit großen Übereinstimmungen, aber auch teilweise mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen. Und Philipp Rösler hat hier FDP-Schwerpunkte nach vorne gestellt und betont, die nicht 100-prozentig mit der CDU im Einklang stehen. Und deshalb gibt es auch immer Kompromisse und so was muss ein Parteivorsitzender auch tun.

Welty: Aber jetzt mal im Ernst: Welchen Sinn sollte es machen, Staatsbeteiligungen zu verkaufen, die dann weg sind und die unter Umständen noch nicht mal einen guten Preis erzielen?

Bode: Nun, auf der anderen Seite ist ja die Frage, welchen Sinn macht es, Staatsbeteiligungen zu halten, sie runterzuwirtschaften und dann hinterher für Schulden geradestehen zu müssen? Das heißt, es muss immer wieder individuell gefragt werden: Gibt es einen Grund für eine staatliche Beteiligung? Wenn es keinen Grund für eine staatliche Beteiligung gibt, sollte man sich von der Beteiligung trennen. Das führt zu mehr Wettbewerb, das führt auch zu mehr Arbeitsplätzen.

Welty: Aber das hieße doch im Umkehrschluss, dass auch das Land Niedersachsen seine gut 20 Prozent Anteil an VW verkaufen sollte oder könnte?

Bode: Nun, es ist so, dass wir in der Tat als FDP bei den letzten Wahlkämpfen im Wahlprogramm immer wieder gesagt haben, wir wollen uns von den Beteiligungen des Landes trennen. Bei der Volkswagen-Beteiligung ist es so, dass es hierfür keine politische Mehrheit mit unserem Koalitionspartner gibt. Wir haben im Koalitionsvertrag festgelegt, dass wir zu dieser Beteiligung stehen, und der Koalitionsvertrag gilt auch für die FDP.

Welty: Und was heißt das im Zusammenhang dann mit diesem wirtschaftspolitischen Papier Ihres Parteichefs? Da gehen die Positionen doch sehr auseinander!

Bode: Nein, das kann man so nicht sagen. Wir haben uns in Niedersachsen schon von öffentlichen Beteiligungen getrennt und privatisiert. Nehmen Sie beispielsweise den regionalen Schienennahverkehr, dort haben wir zur Anstachelung des Wettbewerbs anfangs staatliche Unternehmen gebraucht. Die haben wir privatisiert und heute sind sie sehr erfolgreich. Wir haben den größten Zuwachs an Kunden im schienengebundenen Personennahverkehr überhaupt, und jetzt mit privaten Gesellschaften, die die Bahn richtig fordern.

Welty: Der niedersächsische FDP-Spitzenkandidat Stefan Birkner hatte vor dem Papier von Philipp Rösler noch von gemeinsamen Wahlkampfauftritten mit dem CDU-Spitzenpersonal geträumt, danach sieht es im Moment nicht mehr so aus. Wie nötig hätten Sie eine solche Unterstützung gehabt?

Bode: Also, das stimmt zunächst einmal gar nicht, sondern es ist eine Geschichte, die von den Medien kolportiert worden ist. Stefan Birkner wurde gefragt, ob er ...

Welty: Ach, Herr Gröhe hat aber auch gesagt, dass jede Partei für sich alleine kämpft!

Bode: Ja, Stefan Birkner hat das ebenfalls gesagt und er hat ebenfalls auf die Frage, ob das sinnvoll wäre, gesagt, na ja, ob das sinnvoll ist oder nicht, das wird sicherlich der Wahlkampf hinterher zeigen. Es war immer sozusagen ein eigenständiger Wahlkampf der FDP geplant und auch einer von der CDU. Dass wir auch gemeinsam auftreten, das bleibt gar nicht aus. Heute haben wir wieder Kabinettssitzung, da sind wir alle zusammen. Es gibt Veranstaltungen, die man gemeinsam ebenfalls auch begeht, nicht die klassischen Wahlkampfveranstaltungen. Wir sind eine Koalition und deswegen trifft man uns auch mal gemeinsam.

Welty: Die niedersächsische FDP liegt nach wie vor unter fünf Prozent. Regiert bei Ihnen nur noch das Prinzip Hoffnung?

Bode: Nein. Wir haben eine erfolgreiche Bilanz vorzuweisen, wir haben zehn Jahre lang Niedersachsen von den unteren Tabellenplätzen in Deutschland nach oben gebracht, wir haben die Bayern beim Wirtschaftswachstum im Jahr 2012 überholt, das war vollkommen unvorstellbar. Wir haben eine hervorragende Arbeitsmarktsituation, die Menschen haben Zukunftsperspektiven, drei Jahre hintereinander gab es mehr freie Ausbildungsstellen als unversorgte Bewerber. Und ich bin der festen Überzeugung, im Wahlkampf, der ja jetzt erst richtig losgeht, wird diese Bilanz punkten. Und die meisten Wähler sind unentschlossen, gerade auch die Wähler der FDP.

Welty: Und das reicht, um die FDP und ihren Vorsitzenden zu retten?

Bode: Zunächst einmal wird es dafür reichen, dass die FDP deutlich in den niedersächsischen Landtag einzieht, und das wird dafür reichen, dass David McAllister mit der FDP gemeinsam wieder eine Koalition bilden kann.

Welty: Sie selbst sind Rösler zweimal im Amt nachgefolgt, einmal als Fraktionschef und einmal als Wirtschaftsminister. Würden Sie den Parteivorsitz haben wollen? Das scheint doch eher ein Schleudersitz zu sein, oder?

Bode: Nein, ich möchte nicht Parteivorsitzender werden und ich glaube, ich bin auch keiner, der sozusagen Ambitionen hat, nach Berlin zu gehen!

Welty: Dirk Niebel sagt auch, er möchte nicht Parteivorsitzender werden. Glauben Sie ihm das?

Bode: Nun, wenn Dirk Niebel das sagt, dann glaube ich ihm das erst mal, warum sollte Dirk Niebel die Unwahrheit sagen, wir haben ja auch einen guten Parteivorsitzenden.

Welty: Der Entwicklungsminister geht davon aus, dass eine Kampfkandidatur um den Parteivorsitz möglich ist. Finden Sie das eine gute Idee?

Bode: In einer Demokratie muss man sich immer Abstimmungen stellen, und es ist auch gut, wenn es Alternativen tatsächlich gibt. Es ist allerdings relativ ungewöhnlich, dass es beim Parteivorsitzenden Kampfkandidaturen gibt.

Welty: Und für wie hilfreich halten Sie die Äußerungen von Niebel im Zusammenhang mit dem niedersächsischen Wahlkampf?

Bode: Nun, er hat keine niedersächsischen Themen angesprochen, er hat Ansätze zu den Themen angesprochen ...

Welty: Aber eine Gesamtsituation der Partei beschrieben!

Bode: Ja, ach, wissen Sie ... Es muss jeder selber für sich entscheiden, was er für klug und für sinnvoll hält. Ich hätte mich nicht so geäußert.

Welty: Die FDP in Bund und Land, dazu der niedersächsische Wirtschaftsminister Jörg Bode. Ich danke sehr für dieses Gespräch!

Bode: Bitte schön!

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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