Die Verbindung von Architektur und Licht
Die Nacht zum Tag machen zu wollen, ist ein alter Menschheitstraum. Doch erst die Elektrifizierung und die Entwicklung der modernen Großstadt brachten nach und nach die Beleuchtung ganzer Straßenzüge und profaner Gebäudefassaden nach sich. Die spektakuläre Ausstellung "Leuchtende Bauten - Architektur der Nacht" im Kunstmuseum Stuttgart zeichnet jetzt die Geschichte der Architekturillumination nach und zeigt deren technische, ästhetische und funktionale Bedingungen, die Architekten und Lichtdesigner bis heute beschäftigen.
Er ist drei Meter hoch, ziemlich angerostet und trotzdem ein Glanzstück der Schau: Der Eiffelturm, und zwar das einzige erhaltene Modell des Pariser Wahrzeichens, dient dem Kurator Dietrich Neumann als Paradebeispiel einer Architektur, die sich mit Licht in Szene setzt:
"Als der Eiffelturm gebaut wird, 1889, gibt es Versuche, ihn zu beleuchten. Er war sogar als Leuchtturm geplant ursprünglich. Man hatte die Idee, von der Spitze aus mit Schweinwerfern in die Straßen von Paris zu leuchten und sich die Straßenlaternen zu ersparen. Das war natürlich keine sehr gute Idee, und man hat dann am Turm alle Möglichkeiten der Beleuchtung ausprobiert, von Magnesiumfeuern zu Scheinwerfern und allem, was es zu der Zeit gab."
75 Jahre später plante der Lichtkünstler Nicolas Schöffer im Pariser Stadtteil La Défense ein gigantisches, über 300 Meter hohes, rotierendes Stahlgerüst mit einem System von Scheinwerfern und Reflektoren, deren farbige Lichtsignale mit dem Stadtraum kommunizieren und den Eiffelturm noch übertrumpfen sollten. Das technoide Monster wurde nie gebaut und ist als rotierendes Großmodell hier ebenso zu bestaunen wie ein fünf Meter langes Segment aus der Fassade eines südkoreanischen Kaufhauses, dessen gläsern schillernde Front sich wie ein riesiger Bildschirm bespielen lässt.
Schon die frühen Weltausstellungen sind wahre Lichtspektakel, und seit die Städte der technisierten Welt unter Strom stehen, sind die urbanen Zentren und Sehenswürdigkeiten in ein nächtliches Lichtbad aus Prestigesucht und Reklamerummel getaucht. Gleißende Schaufenster, werbende Lichtkästen, flutlichtbestrahlte Sehenswürdigkeiten, von glühenden Ketten umrahmte Konsumkathedralen, konturbeleuchtete Hochhaussilhouetten und in den Nachthimmel choreographierte Skylines – das Licht gehört bald zum immateriellen Baustoff und prägt das Stadtbild in der Dunkelheit wie Glas und Stahl, Beton und Stein am Tag.
Licht ist Luxus, und was hell ist, ist zunächst auch gut. Kaum mehr vorzustellen, mit welcher Frechheit 1926 noch die Automobilfirma Citroën mit haushohen Leuchtbuchstaben am Eiffelturm für ihre Kraftfahrzeuge warb und das Monument zur Litfaßsäule degradierte. Aber, sagt Dietrich Neumann:
""Die Entwicklung des Vokabulars wird dann sehr schnell gleich angewandt von Künstlern, von Architekten, die fast zeitgleich sehen: Hier ist etwas Neues, womit wir gestalten können. Hier können wir die moderne Architektur vorantreiben, hier können wirt Bauten in Farbe und Licht auflösen. das geht also sehr schnell, dass die Künstler und Architekten das Vokabular aufgreifen."
Nicht nur Architekten und Entwerfer, auch Künstler sind damals elektrisiert und entwickeln Utopien und Visionen. Ein experimenteller Architekt wie Bruno Taut träumte in Aquarellen davon, die Alpen mit einer glitzernden Glasarchitektur zu überbauen, und sein wie ein geschliffener Diamant funkelndes Glashaus war die Attraktion der Kölner Werkbundausstellung von 1914. Man hat es für die Stuttgarter Schau minuziös nachgebaut, und vor allem Dank der zahlreichen Modelle und mit Filmausschnitten, Gemälden und Fotografien gelingt es, die Chronik der Nachtfassade auszuleuchten bis hin zum Einsatz von Laserlicht, LED und flimmernden Medienmodulen, die dem Baukörper chamäleonartige Farbwechsel erlauben oder ihn entmaterialisieren. So spannt die Schau einen Lichtbogen zwischen praktischem Nutzeffekt und amüsantem Wattgeprotze, zwischen Ideologie und Konsumreklame und spart die Verführungen der amerikanischen Luna-Parks ebenso wenig aus wie die raffinierten Blendmanöver eines Albert Speer, der mit seinem legendären Lichtdom die Massen zum Reichsparteitag lockte als wären sie ein Mottenschwarm.
Auch Randaspekte flackern auf. Nicht immer gelingt es, Bauten so als solitäre Leuchtkörper ins Stadtbild zu inszenieren, dass sie sich mit der ebenfalls strahlenden Nachbarschaft konkurrenzlos vertragen. Derart grell und nervig sind die Leuchteffekte mancherorts, dass man von "Lichtverschmutzung" spricht und Städte wie Stuttgart mit einem "Lichtmasterplan" darauf reagieren, sagt Kuratorin Simone Schimpf:
"Da geht es darum, wie Lichter aufeinander abgestimmt werden können. Die Tendenz ist eben dahingehend, dass man die Gesamtlichtmenge versucht zu reduzieren und klare Akzente zu setzen. es ist einfach so, dass in den heutigen Städten die Tankstellen die hellsten Punkte sind, und dem wieder etwas entgegenzusetzen, ist ganz entscheidend."
Das Stuttgarter Kunstmuseum selbst ist diesbezüglich fein heraus. Blickt man des Nachts von den Stuttgarter Hängen in den Talkessel hinunter, dann funkelt dort im Zentrum des chaotischen Lichtermeers der Glaskubus des Museums wie ein Juwel, mit dem sich die Stadt herausgeputzt hat für die Nacht.
Service: Die Ausstellung "Leuchtende Bauten – Architektur der Nacht" ist im Kunstmuseum Stuttgart bis zum 1. Oktober 2006 zu sehen. Anschließend wird sie vom 27. Januar bis zum 6. Mai 2007 im Netherlands Architecture Institute, Rotterdam gezeigt.
"Als der Eiffelturm gebaut wird, 1889, gibt es Versuche, ihn zu beleuchten. Er war sogar als Leuchtturm geplant ursprünglich. Man hatte die Idee, von der Spitze aus mit Schweinwerfern in die Straßen von Paris zu leuchten und sich die Straßenlaternen zu ersparen. Das war natürlich keine sehr gute Idee, und man hat dann am Turm alle Möglichkeiten der Beleuchtung ausprobiert, von Magnesiumfeuern zu Scheinwerfern und allem, was es zu der Zeit gab."
75 Jahre später plante der Lichtkünstler Nicolas Schöffer im Pariser Stadtteil La Défense ein gigantisches, über 300 Meter hohes, rotierendes Stahlgerüst mit einem System von Scheinwerfern und Reflektoren, deren farbige Lichtsignale mit dem Stadtraum kommunizieren und den Eiffelturm noch übertrumpfen sollten. Das technoide Monster wurde nie gebaut und ist als rotierendes Großmodell hier ebenso zu bestaunen wie ein fünf Meter langes Segment aus der Fassade eines südkoreanischen Kaufhauses, dessen gläsern schillernde Front sich wie ein riesiger Bildschirm bespielen lässt.
Schon die frühen Weltausstellungen sind wahre Lichtspektakel, und seit die Städte der technisierten Welt unter Strom stehen, sind die urbanen Zentren und Sehenswürdigkeiten in ein nächtliches Lichtbad aus Prestigesucht und Reklamerummel getaucht. Gleißende Schaufenster, werbende Lichtkästen, flutlichtbestrahlte Sehenswürdigkeiten, von glühenden Ketten umrahmte Konsumkathedralen, konturbeleuchtete Hochhaussilhouetten und in den Nachthimmel choreographierte Skylines – das Licht gehört bald zum immateriellen Baustoff und prägt das Stadtbild in der Dunkelheit wie Glas und Stahl, Beton und Stein am Tag.
Licht ist Luxus, und was hell ist, ist zunächst auch gut. Kaum mehr vorzustellen, mit welcher Frechheit 1926 noch die Automobilfirma Citroën mit haushohen Leuchtbuchstaben am Eiffelturm für ihre Kraftfahrzeuge warb und das Monument zur Litfaßsäule degradierte. Aber, sagt Dietrich Neumann:
""Die Entwicklung des Vokabulars wird dann sehr schnell gleich angewandt von Künstlern, von Architekten, die fast zeitgleich sehen: Hier ist etwas Neues, womit wir gestalten können. Hier können wir die moderne Architektur vorantreiben, hier können wirt Bauten in Farbe und Licht auflösen. das geht also sehr schnell, dass die Künstler und Architekten das Vokabular aufgreifen."
Nicht nur Architekten und Entwerfer, auch Künstler sind damals elektrisiert und entwickeln Utopien und Visionen. Ein experimenteller Architekt wie Bruno Taut träumte in Aquarellen davon, die Alpen mit einer glitzernden Glasarchitektur zu überbauen, und sein wie ein geschliffener Diamant funkelndes Glashaus war die Attraktion der Kölner Werkbundausstellung von 1914. Man hat es für die Stuttgarter Schau minuziös nachgebaut, und vor allem Dank der zahlreichen Modelle und mit Filmausschnitten, Gemälden und Fotografien gelingt es, die Chronik der Nachtfassade auszuleuchten bis hin zum Einsatz von Laserlicht, LED und flimmernden Medienmodulen, die dem Baukörper chamäleonartige Farbwechsel erlauben oder ihn entmaterialisieren. So spannt die Schau einen Lichtbogen zwischen praktischem Nutzeffekt und amüsantem Wattgeprotze, zwischen Ideologie und Konsumreklame und spart die Verführungen der amerikanischen Luna-Parks ebenso wenig aus wie die raffinierten Blendmanöver eines Albert Speer, der mit seinem legendären Lichtdom die Massen zum Reichsparteitag lockte als wären sie ein Mottenschwarm.
Auch Randaspekte flackern auf. Nicht immer gelingt es, Bauten so als solitäre Leuchtkörper ins Stadtbild zu inszenieren, dass sie sich mit der ebenfalls strahlenden Nachbarschaft konkurrenzlos vertragen. Derart grell und nervig sind die Leuchteffekte mancherorts, dass man von "Lichtverschmutzung" spricht und Städte wie Stuttgart mit einem "Lichtmasterplan" darauf reagieren, sagt Kuratorin Simone Schimpf:
"Da geht es darum, wie Lichter aufeinander abgestimmt werden können. Die Tendenz ist eben dahingehend, dass man die Gesamtlichtmenge versucht zu reduzieren und klare Akzente zu setzen. es ist einfach so, dass in den heutigen Städten die Tankstellen die hellsten Punkte sind, und dem wieder etwas entgegenzusetzen, ist ganz entscheidend."
Das Stuttgarter Kunstmuseum selbst ist diesbezüglich fein heraus. Blickt man des Nachts von den Stuttgarter Hängen in den Talkessel hinunter, dann funkelt dort im Zentrum des chaotischen Lichtermeers der Glaskubus des Museums wie ein Juwel, mit dem sich die Stadt herausgeputzt hat für die Nacht.
Service: Die Ausstellung "Leuchtende Bauten – Architektur der Nacht" ist im Kunstmuseum Stuttgart bis zum 1. Oktober 2006 zu sehen. Anschließend wird sie vom 27. Januar bis zum 6. Mai 2007 im Netherlands Architecture Institute, Rotterdam gezeigt.