Die UNO und der Nahost-Konflikt

Von Margarete Limberg |
Die UNO ringt am Rande einer Katastrophe die Hände, drückt Schock und Entsetzen über die Toten von Kana aus und scheint, wie so oft in Krisenzeiten, hilflos, handlungsunfähig. Nichts ist einfacher, als die Schwäche der Weltorganisation in dieser Weise zu geißeln, wenn sie nicht gleich mit dem Resolutionsprügel auf den mutmaßlich oder vermeintlich Verantwortlichen für das Unheil losgeht, in diesem Fall auf Israel. Nichts ist einfacher und nichts ist billiger.
Und nichts wird der komplizierten Lage im Nahen Osten weniger gerecht. Israel an den Pranger zu stellen, bevor klar ist, wie es zu der jüngsten Katastrophe kommen konnte und ohne auch nur ein Wort über die Hisbollah zu verlieren, die offensichtlich Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbraucht, ist unangemessen, folgt indessen einem bekannten Muster. Kein anderer Staat, auch nicht die verbrecherischsten Regime dieser Welt, war in den letzten Jahrzehnten so oft wie Israel Gegenstand feindseliger Resolutionen. Das hat der Glaubwürdigkeit der UNO im Nahost-Konflikt schweren Schaden zugefügt.

Wer jetzt unter dem Schock von Kana eine harte Verurteilung Israels und eine sofortige Waffenruhe fordert, muss ebenso von der Hisbollah verlangen, die Raketenangriffe auf Israel einzustellen und ihre menschenverachtende Geiselnahme der libanesischen Zivilbevölkerung zu beenden.

Die Schwäche der UNO liegt vor allem in der Uneinigkeit der Weltgemeinschaft. Auch wenn es eine Binsenweisheit ist: sie kann nur so stark und gut sein, wie ihre Mitglieder, in erster Linie die des Sicherheitsrates, es wollen.

Das Entsetzen, das das Bombardement des libanesischen Ortes Kana weltweit ausgelöst hat, ist vielleicht der heilsame Schock, der die zerstrittene Runde zur Besinnung auf das Wesentliche bringt. Nachdem Israel zunächst eine 48-stündige, einseitige Waffenruhe angekündigt hat, eröffnet sich womöglich die Chance für einen dauerhaften Waffenstillstand. Dafür brauchte Israel allerdings die Gewissheit, dass seine Städte nicht in Kürze erneut Ziel von Raketenangriffen der Hisbollah sein werden.

Israel müsste inzwischen erkannt haben, dass es in seinem eigenen Interesse liegt, alles zu tun, um die Zivilbevölkerung im Libanon zu schonen. Politisch trägt es den größten Schaden von der jüngsten Eskalation davon, während die Hisbollah propagandistisch triumphieren kann. Israel schwächt auf der internationalen Bühne aber nicht nur seine eigene Position, es verprellt auch jene moderaten arabischen Staaten, die sich zu Beginn des Krieges deutlich von den Terroristen der Hisbollah und ihren zündelnden Drahtziehern in der Region distanziert haben und nun unter öffentlichem Druck wieder Solidarität bekunden müssen. Diese Gefahren sehen mittlerweile auch die USA, bisher der größte Bremser im UN-Sicherheitsrat.

Es ist höchste Zeit für ein entschlossenes, einiges Handeln dieses wichtigsten Gremiums der Weltorganisation. Dass die Schwäche der Vereinten Nationen kein Naturgesetz ist, haben sie bei den Wahlen im Kongo und in den letzten Monaten im Umgang mit dem Iran bewiesen.