Die Türkei "wird alleinegelassen im Syrien-Konflikt"
Die Türkei kann den Flüchtlingsstrom aus dem Nachbarland Syrien nicht mehr alleine bewältigen, sagt der Politologe Nail Alkan. Hinsichtlich der Flüchtlingsfrage müsse die Europäische Union aktiver agieren. Die EU solle "klar, offen sagen, dass sie Flüchtlinge aufnimmt".
Jan-Christoph Kitzler: Rund 900 Kilometer ist sie lang, die Grenze zwischen der Türkei und Syrien, und auf der türkischen Grenze, auf der türkischen Seite dieser Grenze sind die Truppen in höchster Alarmbereitschaft: Immer wieder sind in letzter Zeit Granaten aus Syrien herübergeflogen, über 100.000 Menschen sind inzwischen vor dem Bürgerkrieg in Syrien über die Grenze geflohen. Die Zeiten stehen auf Eskalation, seit der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdoğan befohlen hat, zurückzuschießen, und seit der türkische Luftraum für syrische Flugzeuge gesperrt ist. Auch gestern wurde wieder eine Maschine zur Landung gezwungen.
Immerhin: Es gibt viele Solidaritätsadressen für die Türkei. Die EU-Außenminister haben gestern die Sanktionen gegen Syrien noch mal verschärft, schon zum 18. Mal, und der deutsche Außenminister Guido Westerwelle hat gewarnt vor einem Flächenbrand. Aber braucht die Türkei nicht nur warme Worte, sondern nicht auch konkrete Hilfe? Darüber spreche ich mit Nail Alkan vom Bereich internationale Beziehungen an der Gazi-Universität in Ankara. Schönen guten Morgen!
Nail Alkan: Guten Morgen, Herr Kitzler!
Kitzler: Herr Alkan, wie ist Ihr Befund? Wird die Türkei im Konflikt mit Syrien alleingelassen zurzeit?
Alkan: Ein bisschen ja – ich meine, wenn Sie bedenken, dass bis heute 93.000 Syrier als Flüchtlinge geflohen sind in die Türkei und die Türkei eigentlich auch schon gesagt hat, also mehr als 100.000 können sie nicht aufnehmen. Ich glaube, die Europäische Union, Staaten der Europäischen Union – gerade, wenn wir bedenken, dass die EU den Friedensnobelpreis bekommen hat letzte Woche –, die EU sollte, glaube ich, dort aktiver sein, sie sollte erst einmal auch klar, offen sagen, dass sie Flüchtlinge aufnimmt und auch Flüchtlinge aufnehmen.
Herr Westerwelle hat gesagt, Deutschland werde eventuell Flüchtlinge aufnehmen, aber es geht jetzt darum, dass man genau halt die Flüchtlinge aufnimmt, denn mehr kann sich die Türkei auch nicht mehr leisten. Sie wird alleinegelassen im Syrien-Konflikt, finde ich, auch von den USA. Ich glaube, die USA versucht, sich aus dem Krieg herauszuhalten wegen den Präsidentschaftswahlen. Kein Präsidentschaftskandidat will in einen Krieg hineingezogen werden. Auf der anderen Seite ist, glaube ich auch, die USA kriegsmüde – Afghanistan, Irakkrieg –, sodass also die USA nicht sehr aktiv ist. Natürlich, die EU ist auch nicht sehr, sehr aktiv, weil es der EU, glaube ich, an einer gemeinsamen Außenpolitik fehlt.
Wenn wir halt alle 27 Staaten zusammennehmen: Es fehlt an einer Außenpolitik. Die UN kann auch nicht sehr aktiv sein, weil halt der UN-Sicherheitsrat blockiert ist, weil der UN-Sicherheitsrat durch China und durch Russland blockiert wird durch das Veto, sodass also die Türkei zurzeit ein bisschen alleine steht. Die Türkei dachte eigentlich, der Krieg würde nicht so lange dauern, die Türkei dachte, sie wird das schon durchhalten, aber mittlerweile sehen wir, dass halt Assad doch länger durchhält als alle dachten und dass die Türkei sich jetzt noch mehr alleingelassen fühlt als noch vor ein paar Monaten.
Kitzler: Das große Problem haben Sie ja schon angesprochen: die Flüchtlinge. Das andere ist natürlich das Problem der militärischen Bedrohung. Braucht die Türkei da Hilfe, zum Beispiel ganz konkret, wenn es darum geht, den Luftraum zu überwachen?
Alkan: Natürlich. Ich meine, die Türkei sollte natürlich alles, was das Militärische anbelangt, das sollte also alles im Rahmen der NATO geschehen. Die Türkei sollte da auch nicht alleingelassen werden, die Türkei sollte auch da direkte Hilfe bekommen, denn, wie gesagt, falls es zu einem Krieg kommt – was ich nicht glaube –, das ist dann ein Krieg, der die gesamte NATO interessieren muss. Aber ich glaube nicht, dass es zu einem Krieg kommt, aber ich sehe eigentlich schon, dass wir hier schon einem Stellvertreterkrieg oder einen Stellvertreterkonflikt haben.
Wir haben auf der einen Seite die Europäer, Türkei, USA, Saudi-Arabien, Katar und die Rebellen in Syrien, auf der anderen Seite haben wir halt das syrische Regime, Russland, China und Iran. Eigentlich haben wir es heute schon mit einem neuen Kalten Krieg zu tun, finde ich. Wir haben also den Westen, und wir haben auf der anderen Seite mit Russland, Iran und China Shanghai-Staaten, also die Staaten der Shanghai-Gruppe. Es beginnt, glaube ich, so langsam ein neuer Kalter Krieg.
Kitzler: Eine sehr komplizierte Gemengelage, und in dieser Situation setzt der türkische Ministerpräsident Erdoğan auf Eskalation, indem er sagt: Wir schießen zurück. Ist das der richtige Weg?
Alkan: Ja, es ist vielleicht nicht unbedingt der richtige Weg, aber ich glaube, die Türkei unter Erdoğan muss Härte signalisieren und sie muss zeigen, dass halt die Türkei sehr drauf bedacht ist, dass nichts passiert. Ich meine, und wenn Sie bedenken: In der Türkei, in den letzten ein, zwei, drei Wochen sind die Terroranschläge der PKK sehr, sehr stark angestiegen. Warum? Weil da der Assad den Norden Syriens an die PKK übergeben hat, sodass halt immer mehr Terroranschläge … Also es sterben ständig in der Türkei Soldaten, Zivile aufgrund von PKK-Anschlägen. Deshalb muss die Türkei, glaube ich, auch Härte signalisieren, obwohl in der Türkei auch Herr Erdoğan und auch die Opposition, niemand für den Krieg ist.
Alle sind gegen einen Krieg, weil der Krieg ist auch viel zu gefährlich für die Türkei, wenn Sie bedenken, dass wir in einer Region leben, … und die Türkei darf sich nicht auch ein Bild … es darf nicht ein Bild entstehen, dass die Türkei zu gefährlich wäre in der Region. Die Türkei ist bedacht, dass wir eine stabile Region haben, auch gerade Syrien, und deshalb … Auch wirtschaftlich gesehen: Syrien ist ein wichtiges Land für die Türkei, Syrien ist übrigens ein Transitland, auch für die Türkei, sodass man auch da eine stabile Region Syrien braucht, weil das auch Transport für die Golfstaaten ist, ein Transportland.
Kitzler: Die Player, die sich bei der Frage militärisches Eingreifen, ja oder nein, immer vornehm zurückhalten, die setzen auf Sanktionen. Gestern hat die EU, die Außenminister haben noch mal die Sanktionen deutlich ausgeweitet, zum 18. Mal immerhin schon wieder ausgeweitet, und Catherine Ashton, die Außenbeauftragte, hat nach dem Beschluss gesagt: Das zeigt Wirkung. Wie sehen Sie das? Wirkt das nicht nur lächerlich eigentlich?
Alkan: Na, ich meine, das zeigt keine Wirkung. Ich meine, wenn es Wirkung gezeigt hätte, wäre schon die erste Sanktion … hätte schon Wirkung gezeigt. Ich meine, man sieht einfach, dass diese Sanktionen überhaupt nichts bringen, denn ansonsten hätte man das nicht 18 Mal wiederholen müssen. Ich meine, Syrien weiß auch, dass die EU außerhalb der Sanktionen nichts machen kann. Syrien weiß, dass die EU irgendwie militärisch überhaupt nicht eingreifen kann. Wer militärisch eingreifen kann, das wäre die UN oder das wäre die NATO.
Wie gesagt, die UN ist blockiert, die NATO, USA haben zurzeit andere Probleme, Präsidentschaftswahlen, wie gesagt. Deshalb ist Syrien sich sehr, sehr sicher, dass der Westen militärisch überhaupt nicht eingreifen kann, und sie versucht, die Türkei zu provozieren. Sie weiß auch, dass die Türkei nicht eingreifen kann. Also die Türkei ist, wie gesagt, an einem Krieg überhaupt nicht interessiert, die türkischen Personen wollen keinen Krieg, weil, wie gesagt, der Krieg, der würde sofort die Türkei beeinflussen. Wie Sie gerade am Anfang gesagt haben: Wir haben 910 Kilometer Grenze mit Syrien. Das heißt also, der Krieg zwischen Syrien und der Türkei würde sofort die Türkei betreffen.
Kitzler: Noch ganz kurz zum Schluss: Wie lange kann die Türkei diese Lage jetzt noch aushalten mit immer wachsenden Flüchtlingszahlen, mit neuen Toten und Übergriffen?
Alkan: Also nicht mehr lange, wie gesagt, es wurde auch schon gesagt, dass … Mehr als 100.000 Flüchtlinge können wir nicht aufnehmen, und, wie gesagt, der gesamte Terror, der in Türkei ständig jetzt zutage ist … und aufgrund des Terrors haben wir natürlich innenpolitische Probleme in der Türkei. Also ich glaube, das Syrien-Problem sollte sobald wie möglich gelöst werden, aber ich weiß auch, wie gesagt, dass Herr Putin erst am 3. Dezember kommen wird, das heißt also, bis zum 3. Dezember wird sich da wohl nicht viel tun.
Kitzler: Die Türkei und das Syrien-Problem, das war Nail Alkan, Politikwissenschaftler an der Gazi-Universität in Ankara. Haben Sie vielen Dank für das Gespräch und einen schönen Tag!
Alkan: Ich bedanke mich!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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Nail Alkan: Guten Morgen, Herr Kitzler!
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Alkan: Natürlich. Ich meine, die Türkei sollte natürlich alles, was das Militärische anbelangt, das sollte also alles im Rahmen der NATO geschehen. Die Türkei sollte da auch nicht alleingelassen werden, die Türkei sollte auch da direkte Hilfe bekommen, denn, wie gesagt, falls es zu einem Krieg kommt – was ich nicht glaube –, das ist dann ein Krieg, der die gesamte NATO interessieren muss. Aber ich glaube nicht, dass es zu einem Krieg kommt, aber ich sehe eigentlich schon, dass wir hier schon einem Stellvertreterkrieg oder einen Stellvertreterkonflikt haben.
Wir haben auf der einen Seite die Europäer, Türkei, USA, Saudi-Arabien, Katar und die Rebellen in Syrien, auf der anderen Seite haben wir halt das syrische Regime, Russland, China und Iran. Eigentlich haben wir es heute schon mit einem neuen Kalten Krieg zu tun, finde ich. Wir haben also den Westen, und wir haben auf der anderen Seite mit Russland, Iran und China Shanghai-Staaten, also die Staaten der Shanghai-Gruppe. Es beginnt, glaube ich, so langsam ein neuer Kalter Krieg.
Kitzler: Eine sehr komplizierte Gemengelage, und in dieser Situation setzt der türkische Ministerpräsident Erdoğan auf Eskalation, indem er sagt: Wir schießen zurück. Ist das der richtige Weg?
Alkan: Ja, es ist vielleicht nicht unbedingt der richtige Weg, aber ich glaube, die Türkei unter Erdoğan muss Härte signalisieren und sie muss zeigen, dass halt die Türkei sehr drauf bedacht ist, dass nichts passiert. Ich meine, und wenn Sie bedenken: In der Türkei, in den letzten ein, zwei, drei Wochen sind die Terroranschläge der PKK sehr, sehr stark angestiegen. Warum? Weil da der Assad den Norden Syriens an die PKK übergeben hat, sodass halt immer mehr Terroranschläge … Also es sterben ständig in der Türkei Soldaten, Zivile aufgrund von PKK-Anschlägen. Deshalb muss die Türkei, glaube ich, auch Härte signalisieren, obwohl in der Türkei auch Herr Erdoğan und auch die Opposition, niemand für den Krieg ist.
Alle sind gegen einen Krieg, weil der Krieg ist auch viel zu gefährlich für die Türkei, wenn Sie bedenken, dass wir in einer Region leben, … und die Türkei darf sich nicht auch ein Bild … es darf nicht ein Bild entstehen, dass die Türkei zu gefährlich wäre in der Region. Die Türkei ist bedacht, dass wir eine stabile Region haben, auch gerade Syrien, und deshalb … Auch wirtschaftlich gesehen: Syrien ist ein wichtiges Land für die Türkei, Syrien ist übrigens ein Transitland, auch für die Türkei, sodass man auch da eine stabile Region Syrien braucht, weil das auch Transport für die Golfstaaten ist, ein Transportland.
Kitzler: Die Player, die sich bei der Frage militärisches Eingreifen, ja oder nein, immer vornehm zurückhalten, die setzen auf Sanktionen. Gestern hat die EU, die Außenminister haben noch mal die Sanktionen deutlich ausgeweitet, zum 18. Mal immerhin schon wieder ausgeweitet, und Catherine Ashton, die Außenbeauftragte, hat nach dem Beschluss gesagt: Das zeigt Wirkung. Wie sehen Sie das? Wirkt das nicht nur lächerlich eigentlich?
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Kitzler: Noch ganz kurz zum Schluss: Wie lange kann die Türkei diese Lage jetzt noch aushalten mit immer wachsenden Flüchtlingszahlen, mit neuen Toten und Übergriffen?
Alkan: Also nicht mehr lange, wie gesagt, es wurde auch schon gesagt, dass … Mehr als 100.000 Flüchtlinge können wir nicht aufnehmen, und, wie gesagt, der gesamte Terror, der in Türkei ständig jetzt zutage ist … und aufgrund des Terrors haben wir natürlich innenpolitische Probleme in der Türkei. Also ich glaube, das Syrien-Problem sollte sobald wie möglich gelöst werden, aber ich weiß auch, wie gesagt, dass Herr Putin erst am 3. Dezember kommen wird, das heißt also, bis zum 3. Dezember wird sich da wohl nicht viel tun.
Kitzler: Die Türkei und das Syrien-Problem, das war Nail Alkan, Politikwissenschaftler an der Gazi-Universität in Ankara. Haben Sie vielen Dank für das Gespräch und einen schönen Tag!
Alkan: Ich bedanke mich!
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