Die Telekom, die DB und die Detektive

Moderation: Joachim Scholl |
Die Berufsbezeichnung Detektiv ist nicht geschützt. Der Bundesverband Deutscher Detektive (BDD), in dem etwa ein Zehntel von gut 1500 in Deutschland existierenden Büros organisiert ist, bemüht sich um einheitliche Standards. Danach müsse man einen Auftrag ablehnen, für den mit illegalen Methoden ermittelt werden müsse, betonte der Geschäftsführer des BDD, Hans Sturhan.
Joachim Scholl: Was die Telekom und die Deutsche Bahn in diesen Tagen ungut verbindet, ist eine Adresse in Berlin, die jener Detektei, die für beide Unternehmen Aufträge zur Informationsbeschaffung angenommen hat, um es neutral zu sagen. Was bei der Telekom dann eindeutig kriminelle Züge annahm, weist die Bahn empört zurück. Hier sei es nur darum gegangen, auf legalem Wege kriminellen Machenschaften im Konzern auf die Spur zu kommen. Aber wie unterscheiden sich die Methoden dann? Wie weit darf eine Detektei für ihren Auftrag gehen? Am Telefon ist jetzt Hans Sturhan, der Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Detektive. Guten Morgen, Herr Sturhan!

Hans Sturhan: Guten Morgen, Herr Scholl!

Scholl: Hätte denn jede Detektei den Auftrag der Telekom angenommen?

Sturhan: Nein, aber zunächst muss man feststellen, dass die genannte Detektei nicht Mitglied des Verbandes ist, des Bundesverbandes Deutscher Detektive, die nur seriöse Detekteien aufnimmt.

Scholl: Sagen wir es gleich mal: Über 1500 gibt es, mehrere Hundert sind organisiert. Es gibt zwei Verbände. In Ihrem Verband sind so 120 bis 150 Detekteien untergebracht?
Sturhan: Ja, das ist richtig. Wir nehmen nur solche Mitglieder auf, die unsere Aufnahmekriterien erfüllen. Dazu gehört ein klares, gutes Persönlichkeitsbild und natürlich auch ein Sachkundenachweis.

Scholl: Ja, jetzt gehen wir doch davon aus. Eine Detektei, die durchaus als seriös gilt, wird angerufen und bekommt so einen Auftrag. Ich meine, ein Großkonzern ist ja vermutlich ein begehrter oder finanziell hoch potenter Auftraggeber. Hier ging es um Hunderttausende von Euro. Das nimmt doch eine Detektei an, erst mal?

Sturhan: Ja, dazu kann man ganz deutlich sagen, dass wenn so ein Anruf bei einer Detektei aufläuft, die Detektei zunächst mal zu prüfen hat, ob der Auftragnehmer überzeugend ein berechtigtes Interesse deutlich machen kann. Das ist die Voraussetzung für einen Auftrag, für eine seriöse Detektei. Stellt dann die Detektei zusätzlich fest, dass zwar der Auftrag berechtigt ist, einem berechtigten Interesse unterliegt, aber mit illegalen Methoden ermittelt werden muss, dann muss sie den Auftrag ablehnen. Das war in diesem Fall gegeben. Denn die Daten sind ja schon bereits von Telekom widerrechtlich unter Verletzung des Meldegeheimnisses beschafft worden.

Scholl: Man könnte sich es ja nun so vorstellen. Irgendwann ging einst dem Telekom-Chef der Hut hoch, als er wieder Interna in der Zeitung las. Er geht zu seinem Sicherheitschef, sagt: Mach was! Daraufhin läutet bei jener Detektei in Berlin das Telefon. Das ist ja zunächst noch nichts Anrüchiges. Heißt das dann, dass die Detektei auf eigene Faust den Rahmen ihrer Handlungsmöglichkeiten überschritten hat? Sie sagen ja jetzt schon, im Prinzip war der ganze Auftrag schon kriminell.

Sturhan: Ja, es ist sicherlich nicht die Schuld der beauftragten Detektei, indem sie sich illegal diese Daten beschafft hat. Die Daten sind ihr zugeliefert worden, und sie hat sie ausgewertet. Aber selbst das ist kriminell und hätte nicht gemacht werden dürfen.

Scholl: Inwieweit kann der Auftraggeber nämlich die Methoden sozusagen vorgeben, vorschreiben, wie die Detektei vorzugehen hat? Gibt es da klare Regeln?

Sturhan: Da gibt es klare Regeln. Und dazu muss man auch sagen, dass wir uns ja ergänzen mit der Kriminalpolizei. Und als Grundlage für eine Ermittlung muss das schon angesprochene berechtigte Interesse vorliegen. Es dürfen keine Rechtsverletzungen begangen werden, natürlich Übertretungen unter Eigenverantwortung der Detektei. Denn wenn die Detektei mit illegalen, mit schweren Rechtsverletzungen Informationen beschafft, wird sie ihrem Auftrag, nämlich gerichtsverwertbare Beweismittel zu beschaffen, nicht gerecht und kein Richter wird diese Beweismittel vor Gericht anerkennen.

Scholl: Und macht sich auch selber strafbar?

Sturhan: Und macht sich selbst strafbar, ja.

Scholl: Herr Sturhan, wie kommen Detekteien überhaupt an Aufträge? Wie ist das Verhältnis hier, was Anfragen von Privatleuten oder Unternehmen angeht?

Sturhan: Ja, zunächst kann man sagen, dass nach Änderung des Scheidungsrechtes die Aufträge aus dem privaten Bereich stark zurückgegangen sind. Denn es ist jetzt immer schwieriger, ein berechtigtes Interesse, zum Beispiel bei Unterhaltssachen, deutlich der Detektei zu machen. Andererseits, Sie kennen die Zunahme von Korruptionsfällen, Wirtschaftskriminalität in Deutschland, haben analog dazu natürlich die Aufträge aus der Wirtschaft sehr stark zugenommen.

Scholl: Was heißt das jetzt, wenn Sie sagen Korruption hat zugenommen. Das heißt, Unternehmen beauftragen Detekteien, um zum Beispiel interne Korruption aufzuklären?

Sturhan: Ja, selbstverständlich. Das ist auch das gute Recht der Unternehmen. Und es gibt halt Fälle, wo ein Unternehmer sich entscheidet, zunächst noch nicht die Kriminalpolizei einzuschalten, sondern erst mal, ich nenne es mal, Vorermittlungen im Betrieb durch Einschleusung von Detektiven zum Beispiel zu führen, bis er einen Anfangsverdacht soweit erhärtet, dass er eventuell entweder innerbetrieblich die Sache regelt oder dann auch tatsächlich an die Staatsanwaltschaft abgibt.

Scholl: Wenn wir jetzt das Beispiel mal Deutsche Bahn nehmen. Hier hieß es ja, man hätte den Auftrag erteilt, zum Beispiel Unterschlagungen zu untersuchen. Wie macht man das konkret? Oder wie würde das eine Detektei in Ihrem Verband das konkret machen? Welche Mittel stehen denn hier zur Verfügung?

Sturhan: Zunächst mal sein Gehirn. Das ist ganz entscheidend. Wir sagen ja auch, dass in diesem Falle der Telekom ein Detektiv des BDD den Auftrag an sich auch angenommen hätte. Aber er hätte mit anderen Mitteln gearbeitet. Und da gibt es sehr viele unterschiedliche Vorgehensweisen, über die wir allerdings im Detail nicht berichten. Aber ich nenne Ihnen ein Beispiel. In einem Betrieb stellt der Unternehmer fest, dass in der Buchhaltung offenbar Geld unterschlagen wird. Dann wird er sich möglicherweise mit einer Detektei, hoffentlich des BDD, in Verbindung setzen, den Fall schildern. Dann setzen die sich zusammen und machen einen Vertrag. In dem Vertrag wird festgelegt, dass der Detektiv, und in diesem Falle war das gegeben, als Buchhalter mal gearbeitet hat und wird jetzt unter Verschleierung seines Namens, wir nennen das Legendenbildung, in den Betrieb eingeschleust und arbeitet dort ganz normal mit.

Scholl: Zum Beispiel: Hier ist unser neuer Mitarbeiter Herr Soundso!

Sturhan: Genau.

Scholl: Ah, ja. So das Bild vom Mann mit Hut und Mantel, der mit angeklebten Bart hinter der Mülltonne kauert, das ist ein albernes Klischee?

Sturhan: Das gibt es noch nur in Büchern und vielleicht ab und zu mal im Fernsehen.

Scholl: Wie arbeiten private Detekteien? Im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur ist Hans Sturhan vom Bundesverband Deutscher Detektive. Herr Sturhan, 1540 Detekteien gibt es in Deutschland eingetragen, in Ihrem Verband sind wie gesagt zirka 130 organisiert. Ist der Detektiv eigentlich ein "ordentlicher", das heißt geschützter Beruf?

Sturhan: Ich möchte zunächst die Zahl, weil sie von mir kommt, korrigieren. Wir haben insgesamt 1530 Detekteien in Deutschland. Das ist eine geringfügige Abänderung, aber ich meine, man sollte es sagen. Zu Ihrer Frage, die Sie bitte noch mal wiederholen.

Scholl: Ob es ein geschützter Beruf ist?

Sturhan: Die Berufsbezeichnung Detektiv ist nicht geschützt. Die Zulassung zum Beruf selber, zum Gewerbe selber, ist in Deutschland sehr einfach. Es gibt nämlich keine fachlichen Anforderungen. Jeder kann beim Gewerbeamt sich dort anmelden nach § 14 der Gewerbeordnung, erhält einen Gewerbeschein und kann dann loslegen. Und das ist ein Zustand, den wir seit 58 Jahren bemängeln, wo wir uns seit 58 Jahren drum bemühen, eine gesetzliche, öffentlich-rechtliche Prüfung für Privatdetektive einzuführen, und die als Zulassungsvoraussetzung zum Gewerbe festzuschreiben.

Scholl: Sehen Sie, den Detektiv verbindet das mit uns Journalisten. Wir sind nämlich auch geschützter Beruf. Jeder, der irgendwas hinsemmelt, kann sich Journalist nennen. Aber inwieweit können Sie, Herr Sturhan, denn mit Ihrem Verband dann, sagen wir mal, sogenannten schwarzen Schafen auf die Finger sehen? Können Sie eigentlich gar nicht, oder?

Sturhan: Nein, grundsätzlich können wir das nicht. Denn dazu sind wir nicht berechtigt. Wir können uns nur um Fälle kümmern, die unsere Mitglieder selbst betreffen. Aber da kann ich Ihnen versichern, solche Fälle, wo Mitgliederbeschwerden oder Beschwerden gegen Mitglieder des BDD vorkommen, sind äußerst gering. Und meistens wird unsere Schlichtungsstelle dann auch feststellen, dass es sich hier um Unwissenheit handelt, was Detektive an Stundensätzen verlangen können. Da gibt es auch keine Festschreibung, aber der Verband macht da gewisse Vorgaben, und manche sind halt erschreckt offenbar über Rechnungen mit einem Stundensatz von 60 Euro, der für uns völlig normal ist.

Scholl: Sie haben es vorhin erwähnt, dass Sie auch mit der Kriminalpolizei zusammenarbeiten. Diesen Fall, den Sie uns geschildert haben, sagen wir mal, Unterschlagung in der Buchhaltung, ist es ja offensichtlich, dass wenn man mit der offiziellen Polizei ankommt, man wahrscheinlich den Fall nicht lösen wird. Man muss einen Trick machen. Ist das aber nicht auch doch eine Art von Konkurrenzsituation. Es ist ja ein beliebtes Stereotyp des Kriminalfilms, der private Schnüffler, der die Kripo behindert oder natürlich oft auch austrickst?

Sturhan: Wir hatten eigentlich bei unserem letzten Fortbildungsseminar in Hamburg große Übereinstimmung mit dem dort anwesenden Innensenator, damaligen Innensenator Nagel, der ungefähr sagte, es wäre wünschenswert, es gibt keine formelle Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei, wenn Detektive und die Kriminalpolizei aufeinander zugehen und in bestimmten Bereichen auch, da sie sich ja ergänzen, zusammenarbeiten. Aber formell ist das in Deutschland nicht geregelt.

Scholl: Schaden denn diese aktuellen Fälle, wie sie jetzt derzeit diskutiert werden, vor allem bei der Telekom, Ihrem Berufsstand?

Sturhan: Ja. Wir spüren das deutlich, dass zunächst mal eine Zurückhaltung, eine kritische Nachfrage eingesetzt hat. Aber da wir ja überzeugend unsere Mitglieder auch vertreten können, da gibt es ja so viele verschiedene interne Regelungen im Verband, ich erwähne hier nur mal die Berufsordnung, die eine Ethikordnung darstellt und auch eine fachliche Weisung, können wir uns ganz beruhigt zurücklehnen und jeden einzelnen Fall argumentativ erläutern.

Scholl: Diese Fälle könnten natürlich aber auch eine kathartische, sozusagen reinigende Wirkung natürlich auch haben auf viele Detekteien, die jetzt dann doch merken, oh, oh, man muss sich wirklich an die legalen Vorgaben halten, sonst ist man irgendwie auch weg vom Fenster.

Sturhan: Ja, wir stellen auch eine Zunahme von Bewerbungen auf Mitgliedschaft im BDD fest. Das ist der Hintergrund. Das ist auch eigentlich seit unserer Gründung im Jahre 1950 der Hauptpunkt neben dieser öffentlich-rechtlichen Qualifizierung, dass wir sagen, Mitgliedschaft im BDD ist das Qualitätssiegel für die Branche. Und auf solche Mitglieder kann sich dann auch der Auftragnehmer verlassen. Und das wird auch immer im Auftragnehmerbereich mehr deutlich. Nur das regelt natürlich nicht das Gesamtproblem mit 1530 Detekteien in Deutschland. Wir sind einfach, ich sage mal, nicht sehr hochgradig organisiert. Und damit haben wir leider in der Politik auch nicht die gewünschte Durchschlagskraft. Aber ich hoffe ja, dass durch solche Fälle jetzt die Politiker langsam aufwachen und hier was tun.

Scholl: Hans Sturhan, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Detektive. Ich danke Ihnen für das Gespräch! Einen guten Tag noch, Herr Sturhan!

Sturhan: Bitte schön!