Die Stromzähler werden intelligent

Von Dirk Asendorpf · 22.09.2009
Die Tage des klassischen Stromzählers sind gezählt. Ab 2010 dürfen nur noch sogenannte Smart-Meter in Neubauten und grundrenovierte Wohnungen eingebaut werden. Sie sollen den Energieverbrauch Watt genau für den Verbraucher transparent machen, Sparmöglichkeiten offen legen und den Weg zu einem intelligenten Stromnetz bereiten.
"Mit diesem Gerät kann man die spannende Frage beantworten: Kann man durch Dimmen Strom sparen? Was meinen Sie?"

Wenn Hans Georg Bröggelhoff Besuch hat, stellt er diese Frage nicht nur, er kann sie auch umgehend beantworten. Der Oldenburger Bauingenieur gehört zu den bundesweit ersten Versuchshaushalten, in denen der klassische Stromzähler durch ein sogenanntes Smart-Meter ersetzt wurde. Es misst und speichert alle Daten elektronisch und überträgt sie über das Telefonkabel an den Energieversorger. Zusätzlich kann sich Bröggelhoff die aktuellen Verbrauchswerte seines Hauses jederzeit auf einem kleinen tragbaren Display anzeigen lassen.

"Jetzt habe ich den Dimmer mal ganz runtergefahren, da werden Sie gleich sehen, wie die Kurve runtergeht und der Verbrauch abnimmt. Es lässt sich also Watt genau der Verbrauch einzelner Geräte mit diesem Gerät feststellen."

Auf Knopfdruck zeigt das Display den aktuellen Stromverbrauch oder die Summe über jeden beliebigen Zeitraum. Wer sich die bunten Kurven und Balkendiagramme in Ruhe ansehen und ausdrucken will, kann sie auch auf einer Website am PC abrufen.

"Hier sehen Sie jetzt den Verbrauch heute. Hier ist die Zeit aufgetragen, wir sind gerade bei 12. Also wenn die Menschen hier im Haus aufstehen, so um 6, dann geht der Verbrauch etwas hoch, dann schaltet man die Kaffeemaschine ein, das erste Licht geht an – und so kann man über den Tag den Verbrauch verfolgen. Die Linie, die dahinter liegt, ist ein Durchschnittswert, so dass man überraschende Abweichungen feststellen kann."

Auf Wunsch kann der Verbrauch in Kilowattstunden oder in Euro und Cent dargestellt werden – sowohl für die Vergangenheit als auch als Hochrechnung für die Zukunft. So kann die Jahresendabrechnung keine böse Überraschung mehr bringen. Ludwig Kohnen ist beim Oldenburger Stromversorger EWE für die Einführung der ersten Smart-Meter zuständig.

"Der Kunde wird sein eigener Energiemanager an dieser Stelle und er kann damit seinen gesamten Haushaltsverbrauch im Auge behalten und das ist etwas, das er bisher nicht kannte. Das, was wir aus den ersten Gesprächen von unseren Kunden zurückgespiegelt bekommen haben, ist, dass also tatsächlich sie in der Lage sind, Energie zu sparen. Wie viel das jetzt sein wird, können wir am Ende des Feldtests nun auswerten."

Auf fünf bis zehn Prozent des Stromverbrauchs im Haushalt schätzen Studien das Sparpotenzial. Die Bröggelhoffs lassen die Umwälzpumpe ihrer Heizung inzwischen von einer Zeitschaltuhr steuern, damit sie nur noch läuft, wenn sie tatsächlich gebraucht wird. Den zweiten Verschwender haben sie in der Küche ertappt.

"Einen Fall hatten wir mit unserem Kühlschrank – das ist also der klassische Fall, dass wir festgestellt haben: der hat einen hohen Verbrauch, den haben wir inzwischen ausgetauscht."

Alle großen deutschen Stromversorger haben mehrere Hundert Smartmeter zu Testzwecken installiert. Bis 2020 sollen sie nach dem Willen der Bundesregierung in 80 Prozent aller Haushalte zu finden sein. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die Einführung des sogenannten intelligenten Stromnetzes. Es soll dabei helfen, den schwankenden Verbrauch mit der ebenfalls schwankenden Erzeugung erneuerbarer Energie aus Windparks und Solaranlagen in Deckung zu bringen.

Haushaltsgeräte, bei denen es egal ist, zu welchem genauen Zeitpunkt sie laufen, können von den Energieversorgern dann mit einem Steuerimpuls an das Smart Meter an- und abgeschaltet werden und so als Puffer im Stromnetz dienen. Wäschetrockner oder Tiefkühltruhe sollen dann anspringen, wenn gerade viel Strom verfügbar – und billig ist. Noch fehlen die nötigen technischen Standards und auch der Datenschutz muss – natürlich – noch eindeutig geregelt werden. Schließlich lässt sich aus sekundengenauen Verbrauchsdaten herauslesen, wann jemand aufsteht, das Haus verlässt oder Gäste empfängt. Siemens-Vorstand Christian Urbanke hält die Probleme für lösbar und sieht vor allem den großen volkswirtschaftlichen Nutzen:

"Die Zähler würden in Deutschland etwa drei bis vier Milliarden Euro kosten. Und die dazugehörige Intelligenz, Infrastruktur, also Kommunikation, vielleicht noch mal das Gleiche. Also acht Milliarden Euro. Und dann erwachsen daraus Spareffekte. Und die sind mit Sicherheit sehr viel größer."

Hans Georg Bröggelhoff hat mit dem Sparen schon begonnen. Statt der üblichen 22 zahlt er nur 17 Cent pro Kilowattstunde, wenn er zum Beispiel seine Geschirrspülmaschine erst am späten Abend laufen lässt. Auch gegen die Fernsteuerung einzelner Geräte hat er grundsätzlich nichts einzuwenden.

"Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass bei einem hoch gedämmten Gefrierschrank, dass man den so steuert, dass er nachts seinen Strom braucht, und dass er tagsüber gar nicht eingeschaltet sein muss, weil die Dämmung so gut ist, dass er von minus 30 runtergekühlt tagsüber auf minus 18 wohl ansteigt, aber nicht weiter. Dass so etwas zentral gesteuert werden kann, das könnte ich mir vorstellen. Aber bei vielen anderen Geräten – ich sag mal Kühlschrank oder Herd – ist das schon ein bisschen schwieriger, nicht? Da würde man sich nicht vorschreiben lassen, wie und wann: Jetzt musst Du aber bis 21 Uhr warten mit dem Abendessen, das wird niemand akzeptieren."