Die Stadt, das Geld und die christliche Nächstenliebe

Von Gudula Geuther |
Besonders zu Weihnachten ist die Spenden- und Hilfsbereitschaft der Deutschen groß. Auch in Frankfurt am Main entdecken viele Bürger rechtzeitig zum Fest ihr Mitgefühl. Dabei wird es für die Helfer, die sich auch im Rest des Jahres um Bedürftige kümmern, immer schwieriger, ihre Angebote aufrechtzuerhalten.
An dem Glühweinstand des Lions-Club am Frankfurter Römer kann sich der Kunde das Jahresende für einen guten Zweck schön trinken.

Glühweinverkäufer: "Wir arbeiten für die Lebenshilfe und ich mach das ehrenhalber. "

Frankfurt im Rausch von Kaufen und Fühlen.

Frau: "Warum ich das mache? Weil ich finde, dass es uns so gut geht, und es so viele Menschen gibt, denen 's nicht so gut geht. Und da möchte ich helfen. "

Frau: "Für eine Nicht-Frankfurterin, die ich bin, und in Frankfurt arbeitet, entsteht auch der Eindruck, dass diese Stadt sehr viel übrig hat, was sie weitergeben könnte. Hier herrscht doch sehr viel Wohlstand. "

Mit der Kälte werden die Gegensätze noch sichtbarer. Auch für eine Obdachlosenärztin auf dem Weg zu den kalten Schlafplätzen in der Innenstadt.

Frau: "Wenn wir hier diese Straße fahren, wenn Sie so diese Banken im Profil vor sich sehen und wissen: In dieser Stadt liegt Kapital, in dieser Stadt gibt es Menschen, die nicht arm sind und gleichzeitig gibt es eben auch die Seite: Menschen liegen in der Gosse oder eben ganz verdeckt am Rande und werden schlichtweg übersehen. Oder werfen sich selbst weg. Weil sie nichts mehr taugen und nicht mehr mitmachen können in dieser Gesellschaft. "

Man bleibt draußen oder man gehört dazu. Wie die ehemaligen Mitarbeiter auf dem jährlichen Pensionärs-Treffen einer Großbank:

Frau: "Ich finde das ganz wunderbar, wieder mal mit den Kolleginnen und Kollegen zusammen zu sein, zumal ich sagen muss: Mir hat sehr, sehr viel gefehlt als ich in den Ruhestand gegangen bin. Weil ich zu Hause zwar den Ehemann hab, aber leider keine Kinder. Und ich hatte in den 30 Jahren sehr viele Kontakte geknüpft, auch mehr persönlicher Art. "

Mann: "Und wir überlegen heute Abend schon, ob wir vielleicht 'nen Termin fürs nächste Jahr schon kriegen. Denn so selbstverständlich ist das nicht, es könnte auch sein, dass es mal ausfällt. "

Nicht mehr dazuzugehören, nicht mehr eingeladen werden – die da oben streichen einfach das Jahresendtreffen – aus Kostengründen. Das könnte sogar Einfluss auf die Spendenbereitschaft haben. Denn die größere Spendenfreude erklärt sich Michael Frase vom Diakonischen Werk Frankfurt auch damit, dass es anderen Leute gut geht, und das nicht nur finanziell.

Frase: "Das nimmt zu, in dem Moment, wo die Projekte irgendwie ursächlich mit der Zeit zu verbinden sind. Also dazu gehört eben Weihnachten für obdachlose Menschen zum Beispiel. Dazu gehören eben diese ganzen zahlreichen Angebote, die sich an Menschen mit sozialen Schwierigkeiten richten. "

In Kaufhäusern und Banken, aber auch in Betrieben ohne jeden Publikumsverkehr standen in diesem Jahr wieder Bäume, geschmückt mit kleinen Karten voller Kinderwünsche. Viele davon sind erfüllt und bei Marion Kaufmann vom Kinderbüro der Stadt abgegeben worden.

Kaufmann: "Zum Beispiel haben wir hier einen kleinen Teddybär für einen einjährigen Leon. Und da hat die Schenkerin ganz nett geschrieben: Lieber Leon, ich wünsche Dir und Deinen Eltern, allen, die dich umhüten und umsorgen, fröhliche Weihnachten. Herz und Herz, sende Licht und Liebe. Das finde ich sehr nett. Also wir haben ganz viele schöne Päckchen immer, und wir müssen alle aufpassen, dass wir nicht zu viel lesen, weil sonst so viel Zeit vergeht... "

Welche Kinder bedürftig sind, wissen die Mitarbeiter aus der Arbeit in den Frauenhäusern, in Flüchtlingswohnheimen und Kindertagesstätten in sozialen Brennpunkten.

Kaufmann: "Es gibt schon die Menschen, die dann sagen: Die Armut ist groß in Deutschland – sagen sie – und wollen dann ihre letzten Sachen noch hergeben. Und da sagen wir dann: Das nehmen wir nicht an. Und wir müssen schon auch ein bisschen Aufklärung betreiben. Ich denke, es gibt in Deutschland keine hungernden Kinder und keine Obdachlosen Kinder. Es gibt bedürftige Kinder, auf jeden Fall. Aber oft ist es nicht unbedingt das Essen, das fehlt, sondern die Zeit und die Zuwendung. Und natürlich geht es manchen auch finanziell schlecht. Aber von Armut zu sprechen und armen Kindern – man muss das immer in Relation setzen zu anderen Ländern und anderen Erdteilen. Und dann kriegt man nen anderen Begriff von Armut. Bei uns heißt Armut: Es ist die fehlende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Das kann man eigentlich als Armut in Deutschland bezeichnen. "

Die liebevoll verpackten Geschenke kommen von älteren Leuten, von jungen Familien, von Belegschaften. Oft von Frauen. Auch in der anderen großen Päckchen-Aktion, der der Rudolf-Walter-Stiftung. Hier gehen die Geschenke nach Rumänien oder nach Bosnien, in Kinderdörfer und Krankenhäuser, oder auf die Straße zu denen, die keine Wohnung haben.
Frau: "Also ich sag zuerst mal: Ich mach's nicht in eigener Sache. Ich bin Lehrerin an der Anna-Schmidt-Schule und habe dort so eine Päckchen-Aktion ins Leben gerufen. Ich hab's dort gemacht – ja – überwiegend aus pädagogischen Gründen. Wir haben vorher natürlich auch darüber informiert. Wir ham ein Video gehabt und den Kindern gezeigt, wie Kinder in Rumänien leben. Wie Straßenkinder leben. Wie viel Armut es noch gibt. Und ich finde es für unsere Kinder, die eine solche Fülle haben und einen solchen Überfluss, sehr, sehr wichtig, das auch zu erfahren, und auch zu lernen, auch abzugeben. "

Ganz bewusst setzen die Saalbau-Bürgerhäuser, die für die Stiftung die Logistik übernehmen, deshalb auch Sankt Martin als Fest des Teilens als Startpunkt. Für Schulen, aber vor allem für einzelne, die mal ein, mal sogar 85 Pakete bringen. Wie die 50-jährige Mutter, die gerade mit ihrer Tochter die letzte Autoladung voller kleiner Überraschungskisten ins Bürgerhaus bringt. Sorgfältig gekennzeichnet: Eine Zahl für das Alter und das internationale Symbol für Junge oder Mädchen.

Frau: "Dann wird bei uns zu Hause das Jahr über gesammelt. Sprich: Kuscheltiere, teilweise vom Flohmarkt, teilweise ham meine Kinder aussortiert, was sie nicht mehr haben wollten. Und im November wird’s dann ziemlich stressig, weil ich dann das Wohnzimmer zum Packlager umfunktioniere. Und ich hab schon gesagt: Ich kauf mir dafür keine Modellkleider, sondern das geht dann an die Stiftung. Und Weihnachtsgeschenke gibt’s bei uns auch nicht großartig, sondern das steckt halt in den Päckchen für Kinder, die ’s nötiger brauchen als wir. "

Wie die Menschen, die Päckchen für Frankfurt oder für Rumänien packen, wie die Mitarbeiterin des Kinderbüros, sieht sich auch Pfarrer Michael Frase in Gesprächen immer wieder mit unterschiedlichen Armutsbegriffen konfrontiert. Auch an ihn treten Menschen heran, die gern für Waisenkinder, oder für die Notbedürfnisse behinderter Kinder spenden möchten.

Frase: "Genau das ist das Spannende bei Fragestellungen, demjenigen, der helfen möchte, zu vermitteln, dass wir – zum Glück, sag ich mal – in einer Situation auch leben, in der die Grundfragen an Hilfe eigentlich gelöst sind. Oder beantwortet werden können. Das heißt: Wir haben professionelle Hilfen, Kinderkrankenschwestern, pädagogische Kräfte, die Menschen mit Behinderungen oder eben Kinder mit Behinderung fördern. Das heißt: Dieses Kerngebiet der direkten Hilfe ist in Frankfurt und natürlich auch in Deutschland auf nem hohen Niveau organisiert. "

Bedürftig ist die Mutter, die ein schwer krankes Kind pflegt und einfach mit ein paar Stunden Kinderbetreuung in der Woche auch mal einkaufen gehen könnte. Der alte Menschen, der vereinsamt zu Hause sitzt. Das öffentliche Bild der Armut, glaubt er, ist dabei genauso richtig wie falsch:

Frase: "Vielleicht kann man mal ein Bild nehmen, das ist ja auch zeittypisch mit einer hohen Aufmerksamkeit belegt, das ist eben der vielleicht auch bettelnde oder zumindest sich im öffentlichen Raum aufhaltende Mensch, dem man ansieht, dass er höchstwahrscheinlich wohnsitzlos ist und ohne Obdach und deswegen in Einkaufsstraßen sitzt oder auch campiert. Nun ist das Bild richtig, wenn man das sieht: Es ist tatsächlich ein Mensch in dieser Lage. Gleichzeitig ist es ein Ausschnitt eines sozialen Problems, das wir als Obdachlosigkeit beschreiben können. Nämlich: es gibt viele hundert Menschen, die in dieser Situation sich befinden, ohne dass sie erkennbar wie dieser auf der Straße sitzende Mensch dieses auch vor sich her tragen. Also Obdachlosigkeit hat ganz viele Facetten... "

Um die sich verschiedene soziale Einrichtungen kümmern, die eng zusammenarbeiten. Darunter natürlich die Stadt, die Diakonie und intensiv auch die Caritas. Wie andere Organisationen auch mit einer Vielzahl von Hilfsangeboten. Wie die Elisabeth-Straßenambulanz.

Maria Goetzens ist eine der Ärtze und Ärztinnen, die tagsüber an die Unterkünfte fahren oder an die Plätze, von denen sie wissen, dass sich dort der eine oder andere aufhält. Zweimal in der Woche auch nachts. Denn da fallen den Helfern auch die auf, die tags im Straßenbild nicht sichtbar werden.

Goetzens: "Die erste Stufe ist Vertrauen, Vertrauen, Vertrauen. Also: Die Leute ansprechen, sagen: Hier, Deine Situation, da lässt sich was dran machen. Der erste Schritt ist meistens ne Decke oder ein Schlafsack. Ganz pragmatisch. Der zweite Schritt ist: Wir kommen wieder. Wir bieten an, die Menschen vielleicht zu untersuchen, oder dass sie in die Einrichtung kommen. Wir weisen darauf hin, wo es Essen gibt, wenn jemand das nicht weiß. Und wenn jemand ein Hygieneproblem hat, auch die Möglichkeit, wo er das loswerden kann. Schützen können Sie sich vor solchen Erkrankungen nicht. Wir vertrauen halt darauf, dass steter Tropfen den Stein höhlt, und die Menschen langsam aber sicher das niedrigschwellige Hilfesystem in Anspruch nehmen. Auch wenn sie ungepflegt sind, keinen Sozialversicherungsnachweis haben, und eigentlich gar nicht verstehen, dass sie eigentlich krank sind. "

Viele der Männer in der Unterkunft kennen die beiden Ärztinnen, die heute unterwegs sind. Oft seit vielen Jahren. Am Anfang, sagt Maria Goetzens, sagen fast alle: Das ist nur vorübergehend, ich komme hier wieder raus. Wenn es dann nicht bald klappt, wird die Gefahr immer größer, dass die Männer nicht zurückfinden zu Wohnung und Stetigkeit. Bei Null Grad Außentemperatur sitzen die meisten im Aufenthaltsraum, einer, der draußen heißen Tee trinkt, kommt gleich auf die Ärztin zu.

Goetzens und Mann: "Und jetzt sind Sie hier nur einfach vorbei oder schlafen Sie auch hier? – Ne, ich muss jetzt hier auch schlafen, weil das Finanzamt wollte Geld. Da hab ich gesagt: Nö. Wollt dann im Lager pennen, is n bisschen kalt... "

Ein älterer Mann freut sich, dass die Helferinnen da sind. Er ist zuckerkrank, der Blutzuckerspiegel muss mal wieder gemessen werden. Bei einem anderen bedarf es etwas längerer Überredung, bevor er mitkommt in den Bus, um sich die Füße ansehen zu lassen.

Goetzens: "Da gucken wir uns mal die Füße an, wie das hier aussieht. Moment, so, gut. Wenn Sie sich wieder hier mit dem Popo und da die Füße, ne? Sagen Sie, wo schlafen Sie denn? – Gemurmel – Hier drin? Ja, draußen ist zu kalt, ne?
Können Sie die Schuhe mal ausziehen? "

Bis über die Knie hat er offene Stellen an den Beinen. Waschen, desinfizieren, salben, verbinden, neue Socken.

"Wie lange sind Sie schon hier? – Schon viele Jahre, ne? ... Wenn der Bus das nächste Mal kommt, dann zeigen Sie mal dem Peter oder der Kollegin hier – da muss noch mal neu drüber. Ja? Ham Sie verstanden ja? Freitags noch mal machen lassen. "

Ein absoluter Glücksfall, dass der Patient mitgekommen ist. Meistens versteckt er sich, wenn der Bus kommt.

Goetzens: "Das geht nur, weil: Mein Kontakt mit ihm ist bestimmt seit fünf, sechs Jahren auf diesem Niveau. Also ab und zu anspechen, mal geht er mit, mal nicht, mal werd ich nur angeschrien, mal nicken wir uns freundlich zu. Und es gibt auch diese Momente. Dass er dann auch sieht, dass ’s notwenig ist, ne Behandlung zuzulassen. "

Ein Mann zeigt ein entzündetes Nagelbett. Immer wieder die Frage: Wo schlafen Sie? Manchmal notiert die Ärztin den Platz, für sich, für die Runde beim nächsten Mal, und damit Helfer anderer sozialer Dienste Bescheid wissen. So wie sie gehört hat, auf einem Platz in Sachsenhausen soll eine ältere Dame sitzen. Tatsächlich: Zwei Straßenecken weiter kauert sie in Decken gehüllt, vor sich eine Kerze, regungslos. Kontakt oder Hilfe will sie nicht. Die Ärztinnen hoffen, dass vielleicht nach fünf oder zehn Besuchen ein Gespräch möglich wird.

Goetzens: " Es gibt – es zählt ja niemand richtig. Wir können von unseren Patienten berichten: Wir haben täglich an die dreißig Patienten im Innendienst und dann noch mal fünf bis zehn im Außendienst, im Abenddienst ist es meistens noch was mehr, was an Kontakten ist. Die Sozialarbeiter wiederum haben andere Zahlen. Und eine Kommune erfasst nicht die Wohnungslosen. Denn wer sich nicht meldet, der wird nicht erfasst... "

Für die Helfer ist die Situation schwieriger geworden, seit Frankfurt sich um ein adrettes Bild um den Hauptbahnhof bemüht, die frühere Szene.

Ein zentraler Punkt im Winter ist die B-Ebene im S-Bahnhof Hauptwache. Nach dem ersten klirrenden Kälteeinbruch ab zehn Uhr abends für Wohnungslose geöffnet. An die 20 Männer und Frauen verteilt Goetzens Zettel, mit Hinweisen, wo die Praxis und die Sozialarbeiter zu finden sind.

In der kalten Zeit sind die Unterkünfte für Wohnungslose nicht voller als im Sommer. Viele können gar nicht mehr anders, als auf der Straße leben. Sucht, Psychosen, die Gründe sind vielfältig und von außen kaum zu verstehen. Manche können auch schlicht die Form der Unterkünfte nicht ertragen. Zu viert, zu sechst legen sie in den Containern. Trotzdem oder umso mehr, sagt die Ärztin, ist die Arbeit im Winter herausfordernder. Krankheiten, die im Sommer harmlos wären, können jetzt schnell lebensbedrohlich werden.

Dass das Problem der Obdachlosigkeit auch in der Öffentlichkeit zum Jahresende so präsent ist, erklärt sich Frase denn auch mit der Kälte – und damit, dass jetzt besonders bewusst wird, was es heißt, allein zu sein. Trotz der drei weltweit großen Katastrophen in diesem Jahr – mit dem Tsunami, mit New Orleans und Pakistan – glaubt er, die regionale soziale Arbeit stehe – finanziell – dazu in keinem Konkurrenzverhältnis.

Frase: "Das passiert nur dann, wenn punktgenau zum Beispiel eine Aktion läuft zur Unterstützung eines regionalen Projektes – zum Beispiel Obdachlosenhilfe in der Vorweihnachtszeit – und die Menschen den Spendenaufruf in den Moment im Briefkasten haben, wo durch das Fernsehen vermittelt wird: Bitte, große Katastrophe, wir brauchen Ihre Hilfe. Dann kann man so etwas feststellen. Ansonsten ist es eigentlich so, dass diese verschiedenen Hilfsprojekte nebeneinander und miteinander existieren. Weil das entscheidende ist, bei der Frage, ob ein Mensch etwas spendet: Ist ein Mensch von diesem Projekt überzeugt? Sieht er es als absolut notwendig an, selbst dabei Hilfe zu leisten, oder sieht er sich selbst eigentlich gar nicht so angefragt und gefordert. Und da ist kaum eine Überlegung dabei, zu sagen: Ich hab in diesem Jahr schon mal hundert Euro gespendet, mein Budget ist erschöpft. "

Anders als im Kinderbüro spielt für das Spendenaufkommen beim Diakonischen Werk die kalte Zeit keine sehr viel größere Rolle als in anderen Monaten, sagt Frase. Das liegt auch daran, dass viele Projekte – mit privater Hilfe - längerfristig übers Jahr finanziert werden. Mit der Unterstützung von Firmen etwa oder von Stiftungen.
Gerade in Frankfurt, der Stifter-Stadt in Deutschland. Andere Projekte werden mit den Spenden vor allem der Weihnachtszeit finanziert. Mit Wirkung weit über die Saison hinaus:

Frase: "Zum Beispiel haben wir ja jetzt im Moment auch Spendenaktionen, die in der Presse auch publiziert werden für schwer kranke Kinder. Diese Spendenaktion wird auch abgeschlossen sein, und das was wir machen, wird erst danach beginnen. Und dazu gehört natürlich, dass wir jetzt mit der Werbung auf der aktuellen Arbeit aufbauen und sagen: Das ist die Situation, diese Kinder brauchen auch Hilfe. Und wenn Sie uns diese Spende geben, dann wollen wir diese Arbeit für andere Kinder ausweiten, die wir jetzt nicht versorgen können. Also: Betroffenheit schon, Aktualität. Aber letzendlich eine nachhaltige Wirkung auf zwei Jahre. "

Die Betroffenheit dürfe aber der, der im sozialen Bereich arbeitet, auch nicht allzu offensiv anregen, davon ist Frase überzeugt. Er glaubt,

Frase: "dass man eben bei aller Werbung für Projekte auch die nötige Sachlichkeit immer mitschwingen lässt. Ja? Also: Nicht alles ist immer nur ganz furchtbar, damit man dann auch viel Geld bekommt, sondern wir müssen sagen: Es gibt Hilfemöglichkeiten, das brauchen wir auch, aber es gibt auch Versorgung. Und das ist ne Balance. Und diese Balance brauchen wir selber, sonst sind wir selbst auch ein Stück weit unglaubwürdig. Also ich würd' selbst auch nicht auf die Tränendrüse drücken wollen, und eigentlich muss ich sagen: Na ja, ganz so schlimm ist es gar nicht. "

Und noch vor etwas anderem warnt Frase: So sehr soziale Arbeit auf Stetigkeit übers Jahr hin angewiesen ist, so falsch wäre es, das größere Engagement vieler Menschen gerade und nur zu Weihnachten zu hinterfragen. Frei nach dem Motto: Einmal im Jahr sind wir nett zueinander.

Frase: "Wir diskutieren ja oft: Ja, was ist da zeitbedingte Spendengeschichte. Und das hat ja immer so 'nen Beigeschmack: Das ist auch so saisonal, und geht über Betroffenheit und das Gefühl. Zum einen also muss man sagen: Es ist einfach klasse, dass die Menschen auch in unserer Zeit sich immer wieder anregen lassen, anderen Menschen zu helfen. Das ist einfach ganz toll. Dass man, obwohl wirtschaftlich nicht so toll sich das entwickelt, dass diese Bereitschaft da ist. Und da merkt man immer, dass der entscheidende Faktor ist, dass man sich anrühren lässt als Mensch. Zum anderen ist auch für mich in Ordnung, wenn das Ganze mit Emotionalität verbunden ist. Auch wenn man sagt: Das sind die bestimmten Zeiten, zu denen ist man auch ansprechbar. Jahresende. Man hat vielleicht auch so seinen Jahresrückblick. Und dann sagt man: Da ist vielleicht noch ’n bisschen Geld übrig für andere Dinge. "