Die Späh-Affäre taugt nicht für Wahlkampfzwecke

Von Rolf Clement · 15.07.2013
Die aktuelle Diskussion um Geheimdienste ist hoch riskant. Denn so, wie bei uns darüber diskutiert wird, steht letztlich die Arbeitsfähigkeit der Dienste auf dem Spiel, warnt Rolf Clement. Er fordert einen sachlichen und nüchternen Ton in der Debatte um die Spähprogramme der NSA.
Es hat noch niemand den Missbrauch von Daten nachweisen können, die die Geheimdienste auswerten. Auch die Mitteilung, dass der Bundesnachrichtendienst bei der Entführung von Deutschen im Ausland Informationen aus den USA erfragt hat, ist nicht sonderlich aufregend. Es wäre schlimm, wäre es anders. Solche Informationen werden unter den Diensten ausgetauscht, vor allem, wenn Gefahr für Leib und Leben von Personen besteht. Aber bei dieser Weitergabe wird nie gesagt, wie der jeweilige Dienst zu den Informationen gekommen ist, übrigens auch nicht wo sie erhoben wurden, ob in Deutschland oder auf dem Weg aus den Entführungsgebieten in die Heimatländer der Opfer.

Das führt zu einem weiteren Problem, mit dem wir es gegenwärtig zu tun haben. Keine Regierung dieser Welt wird sich jemals zu operativen Dingen der Geheimdienste äußern. Denn jede Äußerung, auch ein Dementi, lässt Schlüsse darüber zu, was der jeweils eigene Dienst macht. Das ist übrigens auch das Problem, das jeder parlamentarische Untersuchungsausschuss hat. Dort wird man die Informationen, die man sich davon verspricht, nicht bekommen. Übrigens fordern diesen Untersuchungsausschuss bezeichnenderweise mit den Grünen und der Linkspartei nur solche Parteien, die in Deutschland noch keinen Innenminister gestellt haben, also noch keine Verantwortung für Geheimdienste getragen haben.

Das betrifft auch die Bewertung des Ergebnisses der Reise von Innenminister Friedrich. Allein die Teilnahme des US-Vizepräsidenten an dem Gespräch zeigt, dass die US-Regierung verstanden hat, was in Deutschland los ist. Warum das hierzulande so gänzlich anders diskutiert, aber auch praktiziert wird, liegt in der unterschiedlichen Kultur. Nach Gestapo und Stasi haben die Deutschen eine verständliche Abneigung gegen jede Form der Datenspeicherung. Die USA haben nach der Erfahrung der Anschläge von 2001 exakt die gegenteilige Neigung: Sie wollen genau wissen, wo sich in der extremistischen Szene etwas zusammenbraut.

Es gehört zu Bündnissen, dass man auch solche unterschiedlichen Kulturen akzeptiert und dann nach einem Weg sucht, den man gemeinsam gehen kann. Darüber muss nun dringend sachlich und nüchtern gesprochen werden. Geheimdienste dürfen natürlich nicht alles. Es muss also zuerst intern besprochen werden, was Sache ist. Wer hat was getan, und wo muss man nachsteuern? Der Ort dafür wäre das Parlamentarische Kontrollgremium. Dann aber müsste man dort wieder vertraulich tagen können, ohne Blick auf Pressetermine und ohne dass dieses Gremium für Wahlkampfzwecke missbraucht wird. Wer Geheimdienste arbeitsfähig halten will, muss mit belegten Missständen sorgsam umgehen. Daran sollten sich Politiker auch in diesen Tagen halten.
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