"Die Solidarität unter den Kreativen ist denkbar gering"
Während in den USA die Drehbuchautoren für mehr Geld und schnellere Bezahlung in den Streik treten, ist ein solcher Protest der deutschen Autoren nicht vorstellbar. Das glaubt Christoph Fromm, diesjähriger Gewinner des Deutschen Drehbuchpreises. Die Solidarität unter den Kollegen sei denkbar gering, sagte Fromm im Deutschlandradio Kultur.
Katrin Heise: Die US-Drehbuchautoren haben sich mit ihrer Forderung nach besserer Vergütung zwar noch nicht durchgesetzt, aber sie demonstrieren doch ziemlich eindrucksvoll ihre Macht und legen momentan die mächtigen Studios lahm.
12.000 Organisierte – von solchen Zahlen können deutsche Drehbuchautoren nur träumen. Hier verdienen knappe 1000 Autoren mit Drehbüchern ihren Lebensunterhalt, diese Zahl verbreitet der Verband Deutscher Drehbuchautoren. Einer dieser 1000 ist Christoph Fromm. Er ist aber einer der erfolgreichen, und er hat gerade Anfang der Woche den Deutschen Drehbuchpreis erhalten, und zwar für sein noch unveröffentlichtes Drehbuch "Sierra" – das ist die Geschichte eines deutschen Obergefreiten und einer Kindersoldatin.
Angefangen hat Fromm vor über 20 Jahren, er hat viele, viele Drehbücher für den "Tatort" und für den "Fahnder" geschrieben, er hat Kinofilme entwickelt und hat zum Beispiel mit dem Regisseur Dominik Graf zusammengearbeitet. Herr Fromm, erst mal herzlichen Glückwunsch zum Deutschen Drehbuchpreis!
Christoph Fromm: Ja, danke schön!
Heise: Wie ist eigentlich die Situation der deutschen Drehbuchautoren? Man hat als Zuschauer das Gefühl, es gibt so viele Serien, so viele Produktionen – da klingt eigentlich die Zahl 1000 Autoren, die davon leben, eher klein. Kann man davon gar nicht leben?
Fromm: Das kommt sicher sehr darauf an. Es gibt sicher einige Autoren, die hauptsächlich Serien schreiben, die damit sehr viel Geld verdienen. Es wird aber sofort schwierig, wenn sie sich von den Serien wegbewegen, also Einzelspiele schreiben wollen oder gar Kinofilme. Die Entwicklungszeit und vor allem dann die Zeit, die so ein Stoff braucht, bis er finanziert ist, bis er dann endlich gedreht wird, also, bei einem Kinofilm zieht sich das mittlerweile teilweise über fünf, sechs Jahre. Sie schreiben für so einen Kinofilm, wenn Sie Pech haben, 20 oder noch mehr Drehbuchfassungen, kriegen aber eine feste Gage, also keineswegs dann anteilig am Aufwand, und da gibt es viele Kollegen, die – obwohl sie relativ gut im Geschäft sind – nicht oder nur sehr mühsam davon leben können.
Heise: Sie haben den Weg jetzt als sehr lang beschrieben – wann fließt denn dieses Geld?
Fromm: Das ist eben auch unterschiedlich. Ich kann das deswegen ganz gut beurteilen bei Absolventen der Filmhochschulen, wenn sie anfangen, professionell zu arbeiten, ist es oft so, dass sehr viel Leistung, also bis in die erste Drehbuchfassung rein, nahezu umsonst erbracht werden muss, bevor da überhaupt mal Geld fließt. Und dann fließen oft eben nur wenige tausend Euro, bis klar ist, dass das Projekt eben gemacht wird – und klar, dass es gemacht wird, ist dann, wenn es finanziert ist, und das kann sich bei Kinofilmen über Jahre hinziehen. Also, ich habe junge Kollegen, die vier 90-Minüter geschrieben, realisiert haben und die trotzdem eigentlich nicht davon leben können.
Heise: Obwohl diese 90-Minüter dann auch gesendet worden sind?
Fromm: Ja, obwohl die realisiert worden sind. Das ist wirklich, das hat mich selber erstaunt und erschüttert. Es ist so, dass die Gagen eigentlich gesunken sind, vor allem für Neuanfänger, da gibt es auch ganz große Bandbreiten, was ein bekannter Autor kriegt und was ein unbekannter kriegt. Also, wenn man davon leben will heute, dann geht das fast nur, wenn man wirklich gut im Seriengeschäft verankert ist.
Heise: Können Sie sich so eine Solidarität, wie in Amerika gerade demonstriert, vorstellen unter deutschen Drehbuchautoren?
Fromm: Kann ich mir hier im Augenblick überhaupt nicht vorstellen, also, die Solidarität unter den Kreativen ist denkbar gering – leider. Ich denke auch, die Autoren selber wären zu schwach, um irgendwas durchzusetzen, also wenn, müssten sich wahrscheinlich die Regisseure da noch mit dahinterstellen. Es ist ja sowieso inzwischen so, dass man, ich sage mal, anspruchsvollere oder schwierigere Stoffe – wie sie ja dann gern genannt werden – ohnehin nur noch durchsetzen kann, wenn man einen sehr starken und sehr bekannten Regisseur an seiner Seite weiß, der gemeinsam mit einem den Stoff durchdrückt. Allein als Autor hat man da keine Chancen mehr.
Heise: Sie haben vor wenigen Jahren mal die Erfahrung gemacht, dass Sie auch in die Entwicklung eines Drehbuches sehr viel Arbeit investiert haben, Sie hatten einen bekannten Regisseur – nämlich Dominik Graf – an Ihrer Seite, und trotzdem ist aus dem Filmprojekt "Macht des Geldes" nichts geworden. Also alltägliches Risiko?
Fromm: Ja, muss man leider so sagen, und was man da den Senderverantwortlichen hauptsächlich vorwerfen muss, ist, dass … Man kann ja gern Stoffe absagen, die einem zu brisant oder zu schwierig oder was weiß ich auch immer sind, aber dann bitte schön nicht nach einer Entwicklungszeit von zwei Jahren. Was ich wirklich unsäglich finde, ist, dass man Autoren dann in die Entwicklung von Stoffen reinjagt über Zeiträume, die sich wirklich teilweise dann über ein, zwei Jahre hinziehen, und dass dann noch Projekte abgesagt werden. Das ist einfach nicht hinnehmbar.
Heise: Was heißt denn das eigentlich, Entwicklung von einem Stoff? Das heißt, man hat eine Idee, und dann wird man erst mal zur Recherche losgeschickt?
Fromm: Genau. Dann wird recherchiert oder man hat Rechercheure, die recherchieren. Dann entstehen Exposés, oft in mehreren Fassungen, das sind Papiere, zehn, fünfzehn Seiten, wo die Idee des Films niedergelegt wird, wo die Hauptfiguren charakterisiert werden, wo der grobe Handlungsablauf erkennbar ist. Und wenn das abgesegnet ist, dann schreibt man sogenannte Treatments, das sind dann Papiere zwischen 30, teilweise sogar 70, 80 Seiten, wo also schon szenisch und sehr detailliert der Film beschrieben wird – und wenn das wiederum abgesegnet ist, wird die erste Drehbuchfassung geschrieben, und das kann sich dann bis zur 5., teilweise aber auch bis zur 10. oder gar 15. Drehbuchfassung ziehen, bis dann wirklich so ein Stoff abgenommen und gedreht wird.
Heise: Was war damals der Grund, warum nach zwei Jahren Arbeit am Drehbuch bei Ihnen abgesagt wurde?
Fromm: Ja, das war wirklich sehr unerfreulich, das war eine Absage des amtierenden Fernsehspielchefs gegen seinen eigenen Redakteur, der das Projekt unbedingt machen wollte, gegen den Regisseur Dominik Graf, gegen mich, gegen die beiden nicht unbekannten Produzenten Georg Feil und Christian Granderath. Die offizielle Begründung war, der Stoff sei unfilmisch, und da muss man sich halt schon fragen, warum man zwei Jahre braucht, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen. Aus dem Film ist dann leider nichts geworden, aber ich habe dann den Roman geschrieben, weil ich den Stoff nicht in den Papierkorb werfen wollte, und habe den dann in meinem kleinen Verlag auch veröffentlicht und kann auch sagen, dass – gemessen an den kleinen, bescheidenen Möglichkeiten, die wir haben – das Buch wirklich sehr viel Aufmerksamkeit bekommen hat.
Heise: Ich spreche im Radiofeuilleton mit Christoph Fromm, dem diesjährigen Gewinner des Deutschen Drehbuchpreises, über die Situation deutscher Filmautoren. Sie haben gesagt, Herr Fromm, dass zu wenig Geld in die Entwicklung von Stoffen gesteckt wird. Würden Sie es denn besser finden, wie es in den USA läuft? Bei einer Idee konkurrieren mehrere Autoren mit ihren Drehbüchern, und auch die Bücher, die nicht genommen werden, bekommen Honorar?
Fromm: Ja, das ist natürlich für die Autoren, die dann nicht genommen werden, zumindest dann mal eine gewisse finanzielle Absicherung. Ich meine, in Amerika ist nun weiß Gott auch nicht alles toll, wie das läuft, da sind auch nur wenige Autoren wirklich gut im Geschäft und da gibt es auch viele Autoren, die noch einen Nebenberuf brauchen, um existieren zu können. Generell läuft ja bei uns in der Drehbuchentwicklung vieles richtig. Also, die Arbeit zum Beispiel vom BKM, die ja auch "Sierra" gefördert haben und die ganze Arbeit begleitet haben, war wirklich vorbildlich. Die ganz große Krux hier ist: Dann sind die Bücher fertig, sind liebevoll betreut worden, sind da, wenn es aber keine 20.15 Uhr-tauglichen Stoffe sind, so wie in diesem Fall, kriegen Sie keinen Fernsehsender, der bereit ist, das kozufinanzieren. Und das heißt, dass der Produzent gucken muss, einen Kinofilm ohne Fernsehbeteiligung hinzukriegen – was natürlich in diesem Land noch eine große Herausforderung darstellt.
Heise: Das heißt, es mangelt eigentlich an Sendeplätzen im Fernsehen?
Fromm: Nein. Es mangelt nicht an Sendeplätzen. Ich glaube, dass man den Kinofilm vom Fernsehfilm einfach emanzipieren muss. Man bräuchte einfach Etats in den Förderungen, die möglich machen, dass wenigstens ein paar kleinere Filme, die eben nicht um 20.15 Uhr sendbar sind, trotzdem – eben ohne Fernsehbeteiligung – realisiert werden können. Das Fernsehen hat eben natürlicherweise seine Vorgaben, was um 20.15 Uhr sendbar ist, gemacht werden kann, sie können aber mit diesen Vorgaben keine modernen, kinogerechten Filme zum Beispiel in den Genres Thriller, Science-Fiction, Horror drehen. Das geht einfach nicht zusammen, und da müssen neue Wege gefunden werden und da wäre natürlich sehr, sehr wünschenswert, dass einfach ein gewisser Etat in der deutschen Filmförderung ausschließlich für reine Kinoprojekte zur Verfügung steht.
Heise: Ihr Preis, den Sie jetzt erhalten haben, beträgt 30.000 Euro, davon sind 25.000 Euro an die Verwirklichung eines Projektes gebunden. Ist das eigentlich eine realistische Summe?
Fromm: Ja, also, ich meine, davon kann man auf jeden Fall ein Kinodrehbuch erst mal entwickeln, bis auf jeden Fall zu einer ersten, zweiten Drehbuchfassung, wo ja dann ein Produzent ohnehin dazustoßen muss, damit das weitergeht. Und dann ist natürlich auch die Produktion aufgefordert, weiter Geld in die Bucharbeit zu investieren.
Heise: Haben Sie schon eine Idee für diesen Film?
Fromm: Also, für den Film, den ich dann schreiben werde, habe ich jetzt noch keine konkrete Idee, und wenn, würde ich sie jetzt sicher auch noch nicht verraten, weil ich damit frühestens wahrscheinlich in zwei Jahren anfangen kann. Ich schreibe jetzt zurzeit ein Kinodrehbuch über die Skandaltänzerin Anita Berber, das war eine sehr schillernde Figur in den 20er Jahren in Berlin, und ich schreibe gemeinsam mit meinem Bruder Friedemann Fromm, der Regisseur ist, an einem Zweiteiler, einem Politthriller für TeamWorx, für Nico Hofmann.
12.000 Organisierte – von solchen Zahlen können deutsche Drehbuchautoren nur träumen. Hier verdienen knappe 1000 Autoren mit Drehbüchern ihren Lebensunterhalt, diese Zahl verbreitet der Verband Deutscher Drehbuchautoren. Einer dieser 1000 ist Christoph Fromm. Er ist aber einer der erfolgreichen, und er hat gerade Anfang der Woche den Deutschen Drehbuchpreis erhalten, und zwar für sein noch unveröffentlichtes Drehbuch "Sierra" – das ist die Geschichte eines deutschen Obergefreiten und einer Kindersoldatin.
Angefangen hat Fromm vor über 20 Jahren, er hat viele, viele Drehbücher für den "Tatort" und für den "Fahnder" geschrieben, er hat Kinofilme entwickelt und hat zum Beispiel mit dem Regisseur Dominik Graf zusammengearbeitet. Herr Fromm, erst mal herzlichen Glückwunsch zum Deutschen Drehbuchpreis!
Christoph Fromm: Ja, danke schön!
Heise: Wie ist eigentlich die Situation der deutschen Drehbuchautoren? Man hat als Zuschauer das Gefühl, es gibt so viele Serien, so viele Produktionen – da klingt eigentlich die Zahl 1000 Autoren, die davon leben, eher klein. Kann man davon gar nicht leben?
Fromm: Das kommt sicher sehr darauf an. Es gibt sicher einige Autoren, die hauptsächlich Serien schreiben, die damit sehr viel Geld verdienen. Es wird aber sofort schwierig, wenn sie sich von den Serien wegbewegen, also Einzelspiele schreiben wollen oder gar Kinofilme. Die Entwicklungszeit und vor allem dann die Zeit, die so ein Stoff braucht, bis er finanziert ist, bis er dann endlich gedreht wird, also, bei einem Kinofilm zieht sich das mittlerweile teilweise über fünf, sechs Jahre. Sie schreiben für so einen Kinofilm, wenn Sie Pech haben, 20 oder noch mehr Drehbuchfassungen, kriegen aber eine feste Gage, also keineswegs dann anteilig am Aufwand, und da gibt es viele Kollegen, die – obwohl sie relativ gut im Geschäft sind – nicht oder nur sehr mühsam davon leben können.
Heise: Sie haben den Weg jetzt als sehr lang beschrieben – wann fließt denn dieses Geld?
Fromm: Das ist eben auch unterschiedlich. Ich kann das deswegen ganz gut beurteilen bei Absolventen der Filmhochschulen, wenn sie anfangen, professionell zu arbeiten, ist es oft so, dass sehr viel Leistung, also bis in die erste Drehbuchfassung rein, nahezu umsonst erbracht werden muss, bevor da überhaupt mal Geld fließt. Und dann fließen oft eben nur wenige tausend Euro, bis klar ist, dass das Projekt eben gemacht wird – und klar, dass es gemacht wird, ist dann, wenn es finanziert ist, und das kann sich bei Kinofilmen über Jahre hinziehen. Also, ich habe junge Kollegen, die vier 90-Minüter geschrieben, realisiert haben und die trotzdem eigentlich nicht davon leben können.
Heise: Obwohl diese 90-Minüter dann auch gesendet worden sind?
Fromm: Ja, obwohl die realisiert worden sind. Das ist wirklich, das hat mich selber erstaunt und erschüttert. Es ist so, dass die Gagen eigentlich gesunken sind, vor allem für Neuanfänger, da gibt es auch ganz große Bandbreiten, was ein bekannter Autor kriegt und was ein unbekannter kriegt. Also, wenn man davon leben will heute, dann geht das fast nur, wenn man wirklich gut im Seriengeschäft verankert ist.
Heise: Können Sie sich so eine Solidarität, wie in Amerika gerade demonstriert, vorstellen unter deutschen Drehbuchautoren?
Fromm: Kann ich mir hier im Augenblick überhaupt nicht vorstellen, also, die Solidarität unter den Kreativen ist denkbar gering – leider. Ich denke auch, die Autoren selber wären zu schwach, um irgendwas durchzusetzen, also wenn, müssten sich wahrscheinlich die Regisseure da noch mit dahinterstellen. Es ist ja sowieso inzwischen so, dass man, ich sage mal, anspruchsvollere oder schwierigere Stoffe – wie sie ja dann gern genannt werden – ohnehin nur noch durchsetzen kann, wenn man einen sehr starken und sehr bekannten Regisseur an seiner Seite weiß, der gemeinsam mit einem den Stoff durchdrückt. Allein als Autor hat man da keine Chancen mehr.
Heise: Sie haben vor wenigen Jahren mal die Erfahrung gemacht, dass Sie auch in die Entwicklung eines Drehbuches sehr viel Arbeit investiert haben, Sie hatten einen bekannten Regisseur – nämlich Dominik Graf – an Ihrer Seite, und trotzdem ist aus dem Filmprojekt "Macht des Geldes" nichts geworden. Also alltägliches Risiko?
Fromm: Ja, muss man leider so sagen, und was man da den Senderverantwortlichen hauptsächlich vorwerfen muss, ist, dass … Man kann ja gern Stoffe absagen, die einem zu brisant oder zu schwierig oder was weiß ich auch immer sind, aber dann bitte schön nicht nach einer Entwicklungszeit von zwei Jahren. Was ich wirklich unsäglich finde, ist, dass man Autoren dann in die Entwicklung von Stoffen reinjagt über Zeiträume, die sich wirklich teilweise dann über ein, zwei Jahre hinziehen, und dass dann noch Projekte abgesagt werden. Das ist einfach nicht hinnehmbar.
Heise: Was heißt denn das eigentlich, Entwicklung von einem Stoff? Das heißt, man hat eine Idee, und dann wird man erst mal zur Recherche losgeschickt?
Fromm: Genau. Dann wird recherchiert oder man hat Rechercheure, die recherchieren. Dann entstehen Exposés, oft in mehreren Fassungen, das sind Papiere, zehn, fünfzehn Seiten, wo die Idee des Films niedergelegt wird, wo die Hauptfiguren charakterisiert werden, wo der grobe Handlungsablauf erkennbar ist. Und wenn das abgesegnet ist, dann schreibt man sogenannte Treatments, das sind dann Papiere zwischen 30, teilweise sogar 70, 80 Seiten, wo also schon szenisch und sehr detailliert der Film beschrieben wird – und wenn das wiederum abgesegnet ist, wird die erste Drehbuchfassung geschrieben, und das kann sich dann bis zur 5., teilweise aber auch bis zur 10. oder gar 15. Drehbuchfassung ziehen, bis dann wirklich so ein Stoff abgenommen und gedreht wird.
Heise: Was war damals der Grund, warum nach zwei Jahren Arbeit am Drehbuch bei Ihnen abgesagt wurde?
Fromm: Ja, das war wirklich sehr unerfreulich, das war eine Absage des amtierenden Fernsehspielchefs gegen seinen eigenen Redakteur, der das Projekt unbedingt machen wollte, gegen den Regisseur Dominik Graf, gegen mich, gegen die beiden nicht unbekannten Produzenten Georg Feil und Christian Granderath. Die offizielle Begründung war, der Stoff sei unfilmisch, und da muss man sich halt schon fragen, warum man zwei Jahre braucht, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen. Aus dem Film ist dann leider nichts geworden, aber ich habe dann den Roman geschrieben, weil ich den Stoff nicht in den Papierkorb werfen wollte, und habe den dann in meinem kleinen Verlag auch veröffentlicht und kann auch sagen, dass – gemessen an den kleinen, bescheidenen Möglichkeiten, die wir haben – das Buch wirklich sehr viel Aufmerksamkeit bekommen hat.
Heise: Ich spreche im Radiofeuilleton mit Christoph Fromm, dem diesjährigen Gewinner des Deutschen Drehbuchpreises, über die Situation deutscher Filmautoren. Sie haben gesagt, Herr Fromm, dass zu wenig Geld in die Entwicklung von Stoffen gesteckt wird. Würden Sie es denn besser finden, wie es in den USA läuft? Bei einer Idee konkurrieren mehrere Autoren mit ihren Drehbüchern, und auch die Bücher, die nicht genommen werden, bekommen Honorar?
Fromm: Ja, das ist natürlich für die Autoren, die dann nicht genommen werden, zumindest dann mal eine gewisse finanzielle Absicherung. Ich meine, in Amerika ist nun weiß Gott auch nicht alles toll, wie das läuft, da sind auch nur wenige Autoren wirklich gut im Geschäft und da gibt es auch viele Autoren, die noch einen Nebenberuf brauchen, um existieren zu können. Generell läuft ja bei uns in der Drehbuchentwicklung vieles richtig. Also, die Arbeit zum Beispiel vom BKM, die ja auch "Sierra" gefördert haben und die ganze Arbeit begleitet haben, war wirklich vorbildlich. Die ganz große Krux hier ist: Dann sind die Bücher fertig, sind liebevoll betreut worden, sind da, wenn es aber keine 20.15 Uhr-tauglichen Stoffe sind, so wie in diesem Fall, kriegen Sie keinen Fernsehsender, der bereit ist, das kozufinanzieren. Und das heißt, dass der Produzent gucken muss, einen Kinofilm ohne Fernsehbeteiligung hinzukriegen – was natürlich in diesem Land noch eine große Herausforderung darstellt.
Heise: Das heißt, es mangelt eigentlich an Sendeplätzen im Fernsehen?
Fromm: Nein. Es mangelt nicht an Sendeplätzen. Ich glaube, dass man den Kinofilm vom Fernsehfilm einfach emanzipieren muss. Man bräuchte einfach Etats in den Förderungen, die möglich machen, dass wenigstens ein paar kleinere Filme, die eben nicht um 20.15 Uhr sendbar sind, trotzdem – eben ohne Fernsehbeteiligung – realisiert werden können. Das Fernsehen hat eben natürlicherweise seine Vorgaben, was um 20.15 Uhr sendbar ist, gemacht werden kann, sie können aber mit diesen Vorgaben keine modernen, kinogerechten Filme zum Beispiel in den Genres Thriller, Science-Fiction, Horror drehen. Das geht einfach nicht zusammen, und da müssen neue Wege gefunden werden und da wäre natürlich sehr, sehr wünschenswert, dass einfach ein gewisser Etat in der deutschen Filmförderung ausschließlich für reine Kinoprojekte zur Verfügung steht.
Heise: Ihr Preis, den Sie jetzt erhalten haben, beträgt 30.000 Euro, davon sind 25.000 Euro an die Verwirklichung eines Projektes gebunden. Ist das eigentlich eine realistische Summe?
Fromm: Ja, also, ich meine, davon kann man auf jeden Fall ein Kinodrehbuch erst mal entwickeln, bis auf jeden Fall zu einer ersten, zweiten Drehbuchfassung, wo ja dann ein Produzent ohnehin dazustoßen muss, damit das weitergeht. Und dann ist natürlich auch die Produktion aufgefordert, weiter Geld in die Bucharbeit zu investieren.
Heise: Haben Sie schon eine Idee für diesen Film?
Fromm: Also, für den Film, den ich dann schreiben werde, habe ich jetzt noch keine konkrete Idee, und wenn, würde ich sie jetzt sicher auch noch nicht verraten, weil ich damit frühestens wahrscheinlich in zwei Jahren anfangen kann. Ich schreibe jetzt zurzeit ein Kinodrehbuch über die Skandaltänzerin Anita Berber, das war eine sehr schillernde Figur in den 20er Jahren in Berlin, und ich schreibe gemeinsam mit meinem Bruder Friedemann Fromm, der Regisseur ist, an einem Zweiteiler, einem Politthriller für TeamWorx, für Nico Hofmann.