"Die Schutzmantelmadonna"
Ein abendfüllendes Stück persönlicher Trauer und Traurigkeit, ohne äußeren Auftrag geschrieben von einem noch fast namenlosen Prager Altstadt-Organisten, doch dann, wenige Jahre später, Ausgangspunkt einer Weltkarriere: Antonin Dvořaks "Stabat mater" hat nicht nur eine anrührende Geschichte, sondern begründete auch die eigenständige tschechische Oratorienliteratur und wurde zum Wendepunkt in der Biographie ihres Schöpfers.
Der hochmittelalterliche Text um die Leiden Marias unter dem Kreuz findet bei dem Böhmen, der in den Jahren zuvor seine drei erstgeborenen Kinder verloren hatte, eine sehr persönliche Reflexion: Dvořak geht nicht, wie andere Komponisten der gleichen Sequenz, dem konkreten Textgehalt der einzelnen Verse nach, sondern überlagert sie mit großen musikalischen Bögen, die zwar nicht immer den Buchstaben der einzelnen Worte, dafür aber um so besser den Geist des Ganzen treffen – das Sich-Durchringen von steinerner Trauer zum Licht einer neuen Hoffnung und den Wandel von passiver Betrachtung zu aktivem Mitgefühl.
Gerald Felber stellt fünf Aufnahmen der weitgespannten, aber nie ihr menschliches Maß verlierenden Marienkantate aus ebenso vielen Jahrzehnten einander gegenüber. Alle entstanden unter der Leitung von Dirigenten, die zum Zeitpunkt der Einspielungen schon eine lange Karriere hinter sich hatten und in zwei Fällen bald darauf starben. Vielleicht ein Zufall, aber einer mit Bedeutung: Dvořaks "Stabat mater" zu dirigieren, braucht eigene Lebens- und wohl auch Leidenserfahrungen jenseits des alltäglichen Getriebes – dann kann es zu einem Monument gegen die Beliebigkeit austauschbarer Designer-Lebensläufe, gegen das modische Verdrängen von Schmerz und Trauer werden.
Gerald Felber stellt fünf Aufnahmen der weitgespannten, aber nie ihr menschliches Maß verlierenden Marienkantate aus ebenso vielen Jahrzehnten einander gegenüber. Alle entstanden unter der Leitung von Dirigenten, die zum Zeitpunkt der Einspielungen schon eine lange Karriere hinter sich hatten und in zwei Fällen bald darauf starben. Vielleicht ein Zufall, aber einer mit Bedeutung: Dvořaks "Stabat mater" zu dirigieren, braucht eigene Lebens- und wohl auch Leidenserfahrungen jenseits des alltäglichen Getriebes – dann kann es zu einem Monument gegen die Beliebigkeit austauschbarer Designer-Lebensläufe, gegen das modische Verdrängen von Schmerz und Trauer werden.