Die schönste Frau der Antike

Dank seiner unerschöpflichen kompositorischen Fantasie und Melodienerfindung, verbunden mit einem genauen Gespür für Bühnenwirkung, wurde Jacques Offenbach in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum wichtigsten Vertreter einer Gattung, die "primitif et gai" bezeichnet wurde. Das war aber gar nicht negativ, sondern eher im Sinne von urwüchsig und heiter gemeint. Er wurde Kapellmeister im Théâtre Français und eröffnete 1855 selbst ein kleines Theater, die Bouffes-Parisiens.
Hier entstand auch der "Orphée aux enfers" als Prototyp dieser Musiktheaterform. In manchem seiner populären Werke stecken bissige Satire und hintergründiger Humor, was später ohne genaue Kenntnis der politischen Zeitumstände nicht mehr zu verstehen war. Darum wurde ihm oft oberflächliche Unterhaltung vorgeworfen. Auch in "La Belle Hélène" steckt viel Zeitkritisches. Mit dieser Opéra bouffe wollte Jacques Offenbach den grandiosen Erfolg des "Orpheus" wiederholen. Da er während der Arbeit an dem neuen Stück viel auf Reisen war, musste er sich mit seinen beiden Librettisten Henri Meilhac und Ludovic Halévy brieflich austauschen. Dieser Schriftwechsel gibt Auskunft, wie der theaterkundige Komponist Einfluss genommen hat auf die Gestaltung der Szenen und Dialoge und wie sehr überzeugt er war von der Qualität dieser Oper. So stellte er auch hohe, kostenaufwändige Ansprüche an die Bühnendekoration. Diese finanziellen Diskussionen und ein üblicher Divenstreit erschwerten die Vorbereitungen. Da Offenbach mit dem Herausgeber und dem Feuilletonchef des "Figaro" befreundet war, schaffte er es dennoch, regelmäßig mit euphorischen Reklamesprüchen, die er zum Teil selbst verfasste, in dem viel gelesenen Blatt über die Fortschritte der Arbeit an der "Helena" zu berichten. Auch gegen Zensureinsprüche war er gefeit. Sein Gönner, Herzog von Morny, hielt die schützende Hand über das Stück. Zudem gehörte Halévy, der schon am "Orpheus" mitgeschrieben hatte, zu dessen engsten Mitarbeitern. Die Uraufführung fand am 17. Dezember 1864 im Théâtre des Variétés statt. Zunächst verhielt sich die Kritik abwartend. Doch schließlich wurde "La Belle Hélène" zu einem von Offenbachs größten Bühnenerfolgen.



Euroradio-Opernsaison 2008/09
Théâtre Municipal Lausanne
Aufzeichnung vom 31.12.2008

Jacques Offenbach
”La Belle Hélène”, Opéra bouffe in drei Akten
Libretto: Henri Meilhac/Ludovic Halévy

Maryline Fallot, Sopran - Hélène
Max Emanuel Cencic, Countertenor – Oreste
Sébastien Droy, Tenor - Pâris
Rémy Corazza, Tenor - Ménélas
Jean-Marie Frémeau, Bariton - Agamemnon
Patrick Rocca, Bariton - Calchas
Philippe Cantor, Tenor - Achille
Humberto Ayerbe Pino, Tenor - Ajax I
Nicolas Wildi, Tenor - Ajax II
Michèle Grand, Sopran - Bacchis
Opernchor Lausanne
Kammerorchester Lausanne
Les Talens Lyriques
Leitung: Christian Zacharias


nach dem 1. Akt ca. 20:14 Uhr Konzertpause mit Nachrichten