"Die Rolle von Büchern ist und bleibt unverzichtbar"

Moderation: Katrin Heise · 06.03.2008
Für den Verleger, Publizisten und ehemaligen Kulturstaatsminister Michael Naumann wird das gedruckte Wort auch künftig eine zentrale Rolle spielen. Nicht durch das Internet, sondern durch Bücher werde unser Geist vor allem beflügelt, sagte Naumann.
Katrin Heise: Ernst Rowohlt sah es ja als die Aufgabe eines Verlegers an, sich für die Jugend zu interessieren, ihnen gute Bücher zu bringen. Sein Anspruch war, Bildung zu demokratisieren, und da gab es ja auch die Gelegenheit, nachdem sein Sohn das Taschenbuch aus England mitgebracht hatte und man das Rotationsverfahren entwickelt hatte, da gab es die billige Art Bücher zu produzieren. Bildung, Bildungsferne - ein hoch aktuelles Thema - was ist von diesem Anspruch übrig geblieben?

Michael Naumann: Wir haben, weltweit gesehen, nicht nur die größte Buchproduktion pro Kopf, auch die größte Buchhandlungsdichte, in Amerika gibt es, glaube ich, nur noch 800 unabhängige Buchhandlungen, bei uns sind es, wenn man auch die kleineren dazuzählt, fast 4000. Wir leben buchstäblich von unserem Kopf, von unserem Geist als Nation. Und der wird eben nicht, wie immer behauptet wird, durch das Internet gewissermaßen beflügelt, sondern eigentlich immer noch durch das gedruckte Wort.

Heise: Aber kommt es tatsächlich auch bei den Jugendlichen an? Sie haben ja erwähnt, dass Sie feststellen mussten, dass 30 Prozent der Schüler des Lesens kaum noch mächtig sind. Das wäre doch eigentlich das Feld, um mit billigen Büchern an die Schulen zu gehen.

Naumann: In Hamburg gibt es schätzungsweise 80.000 Analphabeten. Das sind Schätzungen, das dürfte auch für die ganze Nation zutreffen, dass es einen sehr hohen Anteil an Nichtlesern gibt. Das ist eine große Aufforderung an die Politik, sich noch wesentlich intensiver als bisher um Bildung, das heißt um Schulen zu kümmern. Die Rolle von Büchern ist und bleibt unverzichtbar. Und ich glaube schon, dass wir uns da vor anderen Nationen immer noch nicht verstecken müssen. Aber wir könnten und müssten mehr tun.

Einen Bericht zum 100. Geburtstag des Rowohlt-Verlags und das gesamte Gespräch mit Michael Naumann können Sie bis zum 6.9.2008 in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören. MP3-Audio