Die richtige Portion Melancholie

Von Mandy Schielke |
Konstantin Gropper hat das geschafft, wovon andere Musiker nur träumen: Sein Debütalbum, das Anfang des Jahres erschienen ist, verkaufte sich bereits 30.000 Mal, obwohl die Musik alles andere als fröhlich ist. Das Album hat er komplett allein in seinem Schlafzimmer eingespielt.
"Ich bin eigentlich im normalen Leben nicht so wirklich traurig, das lebe ich vielleicht so ein bisschen in meiner Musik aus. Aber als Mensch würde ich sagen, bin ich recht ausgeglichen."

Konstantin Gropper ist 25 Jahre alt. Seine dunkelbraunen Haare fallen fransig ins Gesicht. In ausgebeulten Jeans und im hellgrünem Kapuzenpulli sitzt er im Büro des Labels City Slang und trinkt starken, schwarzen Kaffee. Der grüne Stempel vom Berliner Nachtleben verrät, warum Konstantin Gropper an diesem Morgen so müde aussieht.
Seine Songs sind voller Sehnsuchtsmetaphern. Gropper singt von der Suche nach dem karibischen Strand im Herzen oder über das kalte Alaska, wo es so eisig ist, dass man keinen Kühlschrank braucht.

"Ein Song ist vage angelehnt an Kleist, an den Selbstmord von Heinrich von Kleist. Daran hat mich fasziniert, dass er sich umgebracht hat und noch eine gute Freundin mitgenommen hat. Weil das damals so eine Solidargemeinschaft war. So seltsam, dass ich mich dann auch weiter damit beschäftigt habe."

Sein erstes Album "Rest now! weary head! You will get well soon" ist ausschließlich an seinem Laptop entstanden. Nacheinander hat er selbst alle Instrumente in seinem Schlafzimmer in Mannheim eingespielt und im Schichtverfahren übereinander gelegt. Die Instrumente, die er nicht beherrschte, Trompete und Geige, haben sein Cousin und seine Schwester für ihn eingespielt. Eine Band brauchte er also erst, als alles fertig war - für die Konzerte.

"Ich habe schon festgestellt, dass es nicht so einfach ist, eine Band an sich zu binden, wenn die Band nicht so einen großen kreativen Input hat, wenn sie sich nicht wirklich mit dem identifizieren, was da geschieht. Aber in dem Fall habe ich dann einfach Freunde und Familie verpflichtet. Die konnten mir nicht davon rennen."

Der 25-Jährige ist als Sohn eines Musiklehrers im oberschwäbischen Erolzheim aufgewachsen. Als Kind hat er sich das Cello als sein Instrument ausgesucht. Immer schon habe ihn schwere Musik ganz besonders berührt.

"Ich mochte auch schon immer lieber Beethoven als Mozart. Vielleicht steckt das in meinem Naturell."

In Heidelberg schreibt sich Konstantin Gropper nach dem Abitur zunächst für Philosophie ein.

"Es war immer mein Traum, Musiker zu werden. Aber ich war vielleicht immer zu realistisch, habe mich nie so richtig getraut, dass auch als Vollzeitjob umzusetzen, hab dann aber während des Studiums gemerkt, wenn ich es irgendwie mal richtig machen will, will ich auch meine ganze Energie darauf verwenden."

Also bewirbt er sich zusammen mit 800 anderen auf einen der 25 Plätze an der Popakademie in Mannheim. An der Schule unterrichten Heinz Rudolf Kunze oder Xavier Naidoo. Diese Schule war meine einzige Chance, sagt der 25-Jährige und streicht sich den langen, schrägen Pony aus dem Gesicht. Denn für ein klassisches Kompositionsstudium sei er nicht gut genug gewesen.

Konstantin Groppers Vater hat von der Musik seines Sohnes eigentlich nie viel gehalten. Das, was er schon mit seiner Schulband machte, war für den Musiklehrer nichts weiter als Lärm. Das ändert sich langsam, sagt Konstantin Gropper stolz. Dann lächelt er und streckt wohlerzogen seinen Rücken durch, so dass er wieder gerade am Tisch vor seiner Kaffeetasse sitzt.

Seine Mutter und sein Vater haben jetzt auch in einem ersten Musikvideo mitgespielt.

"Der Song ist 'Witches, Witches, rest now in the fire' und das Video handelt von der Hexenverfolgung."

Seit ein paar Monaten lebt der 25-Jährige gemeinsam mit seiner Freundin in Berlin. In der Wohnung gibt’s endlich ein Arbeitszimmer, die Zeit, in der er seine Musik im Schlafzimmer komponieren und einspielen musste, ist vorbei. Außerdem bietet Berlin, sagt er, für ihn die richtige Portion Melancholie.