Die Republikaner im US-Kongress

Führungslos und zerstritten

Der republikanische Politiker Kevin McCarthy verzichtet auf eine Kandidatur als Sprecher des US-Kongresses.
Der republikanische Politiker Kevin McCarthy verzichtet auf eine Kandidatur als Sprecher des US-Kongresses. © imago/UPI Photo
Von Marcus Pindur · 09.10.2015
Ende September hatte der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner, unter dem Druck des konservativen Tea-Party-Flügels der Partei seinen Rücktritt angekündigt. Kevin McCarthy war bislang sein Stellvertreter: Jetzt warf er auch das Handtuch.
Eine Gruppe von etwa 50 erzkonservativen Abgeordneten hatte sich von Kevin McCarthy distanziert. Das hieß, McCarthy hätte zwar die Nominierung durch seine Fraktion bekommen, aber in der Abstimmung im gesamten Repräsentantenhaus keine Mehrheit gehabt. Noch kurz vor dem Beginn der entscheidenden Fraktionssitzung hatte McCarthy sich siegesgewiss gezeigt. Vier Stunden später trat die Nr.2 der Republikaner vor die Mikrofone: "I shocked you, ha?" und zog die Reißleine. Seine Fraktion sei einfach zu gespalten. "Um wieder Einigkeit zeigen zu können, brauchen wir ein neues Gesicht."
Eigentlich war McCarthy das neue Gesicht. Der 50-Jährige ist seit 2006 im Repräsentantenhaus, galt als konservativer, aber pragmatischer Republikaner. Das ist genau das, was die Tea Party verabscheut: Politische Kompromissfähigkeit gilt bei etwa 50 der 247 Republikaner im Repräsentantenhaus nicht als Tugend, sondern als Laster.
Nach John Boehner ist McCarthy damit das zweite Opfer der Zeloten in der republikanischen Fraktion in diesem Jahr. Laut Washington Post liegen bei den Republikanern die Nerven blank. Der Abgeordnete Peter King berichtete einem Reporter, einige Abgeordnete würden auf der Toilette weinen, weil sie mit dem Chaos und der vergifteten Stimmung nicht zurechtkämen. Die republikanische Fraktion, so King, sei derzeit eine Bananenrepublik.
Bei den Erzkonservativen dagegen herrscht Freude, wie beim Tea Party-Abgeordneten Tim Huelskamp aus Kansas.
"Es ist klar, dass das Establishment heute verloren hat. 80 Prozent der Republikaner an der Basis wollen einen anderen Sprecher. Die Lobbyisten werden erschüttert sein, sie haben zwei Sprecher in zwei Wochen verloren."
Der Markenkern wird immer mehr beschädigt
Huelskamp artikuliert damit die Wut vieler an der republikanischen Basis, die der Ansicht sind, ihr eigenes Parteiestablishment verteile zu viele Steuergeschenke an wirtschaftliche Interessengruppen und Minderheiten. Sie verlangen deshalb den totalen Rückbau des Staates – ihre Maximalpositionen sind noch nicht einmal bei den Republikanern mehrheitsfähig.
Die Wut steigt aber auch beim gemäßigten Flügel der Republikaner. Dort sind viele die ständige Obstruktionspolitik der Extremisten leid, zumal diese keine Alternativen bieten können, sowohl politisch wie personell, meint der Abgeordnete Charlie Dent aus Pennsylvania. Er gehört zu den Moderaten.

"Der nächste Sprecher sollte denjenigen, die absurde Forderungen stellen, keine Zugeständnisse mehr machen. Es gibt eine Reihe von republikanischen Fraktionsmitgliedern, die nichts und niemandem zustimmt. Es ist an der Zeit, diese an den Rand zu drängen."
Immer lauter wird der Ruf nach Paul Ryan, dem ehemaligen Vizepräsidentschaftskandidaten und Haushaltspolitiker. Er winkte zwar ab, aber der Druck auf ihn wird weiter steigen, als Sprecher zu kandidieren. An Herausforderungen besteht kein Mangel. Ende November muss die Defizitgrenze angehoben, Mitte Dezember der Haushalt verlängert werden.
Die seriösen unter den republikanischen Präsidentschaftskandidaten wie Jeb Bush oder Marco Rubio werden sich die Haare raufen. Der Markenkern der Republikaner wird immer mehr beschädigt. Das verheißt nichts Gutes für ihre Wahlchancen in der Präsidentschaftswahl 2016 - egal, wer letztendlich nominiert wird.
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