Die Politik und ihre Berater

Nach der Logik von Profit und Effizienz

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Die Schatten dreier Geschäftsleute, die mit ihren Rollkoffern zu einem Termin eilen.
Ein Riesengeschäft: 722 Millionen Euro gibt die Bundesregierung jährlich für externe Berater aus. © M. C. Hurek/dpa
Silke van Dyk im Gespräch mit Anke Schaefer · 25.02.2019
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Externe Unternehmensberater sind auch aus dem Regierungsapparat nicht mehr wegzudenken. Das hat Folgen: Die Soziologin Silke van Dyk warnt vor der betriebswirtschaftlichen Logik, die zu viel Einfluss auf die Politik nehme.
Die Bundesregierung hat 2017 mehr als 722 Millionen Euro für externe Berater ausgegeben. Das Geld landet vor allem bei den großen Platzhirschen im Beratungs-Business, wie beispielsweise McKinsey. Zuletzt wurde an dem Phänomen zunehmend Kritik laut, das Nachrichtenmagazin "Spiegel" attestierte: "Ohne Unternehmensberater geht fast nichts mehr in Deutschland."
Äußerst kritisch sieht die Entwicklung auch die Soziologin Silke van Dyk. Wenn die Bundesregierung sich Rat aus der Privatwirtschaft hole, bedeute das, dass zunehmend auch betriebswirtschaftliche Logiken in der Politik Einzug hielten, sagte sie im Deutschlandfunk Kultur.

Humanitäre und soziale Standards

Rhetorisch fragte van Dyk: "Möchte man, dass Wohnungs- oder Flüchtlingspolitik von privatwirtschaftlichen Unternehmensberatungen mitentschieden werden?"
Der öffentliche Sektor sollte nicht nach der Logik von Profit und Effizienz arbeiten, sondern nach humanitären und sozialen Standards entscheiden, sagte die Soziologin.
Van Dyk kritisierte vor diesem Hintergrund, der öffentliche Dienst sei in Teilen kaputt gespart worden und damit Expertise verloren gegangen. Das, was in der öffentlichen Debatte von manchen als Bürokratie verunglimpft werde, sei häufig tatsächlich eine wichtige Infrastruktur, von der die Bürger profitierten. Die Soziologin empfahl für Beratungsleistungen stärker auf das ohnehin bereits "öffentlich finanzierte, wissenschaftliche System" zurückzugreifen. "Es gibt einen wissenschaftlichen Dienst des Bundestages. Warum nimmt man den nicht oder baut ihn aus, wenn man so einen großen Bedarf hat? Und wir haben Universitäten, wir haben Fachhochschulen, wir haben ganz viel wissenschaftliche Kompetenz."

Tagessätze von 2000 Euro

Die "Big Four" in der Beratungsbranche beschäftigten eine Million Menschen weltweit, sagte van Dyk. Sie wiesen Unternehmen vor allem darauf hin, wie diese möglichst viele Steuern sparen könnten. Einnahmen in Höhe von schätzungsweise einer Billion Dollar gingen den Staaten jedes Jahr verloren. Es sei deshalb fragwürdig, dass die Bundesregierung solche Berater beauftrage.
Zugleich sei es auch eine ethische Frage, sagte van Dyk. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) habe bis 2020 Beraterverträge im Wert von 56 Millionen Euro vergeben, mit Tagessätzen für einzelne Mitarbeiter von bis zu 2000 Euro. "Das ist mehr das Doppelte, was viele Leute an Rente pro Monat kriegen", sagte van Dyk. Man müsse darüber reden, ob dabei nicht Steuergelder verschwendet würden.
(ahe)
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