Die Ökonomie des Blowjobs
Von Marten Hahn · 15.08.2013
Ein Gentlemen-Gangster, eine toughe Polizistin, psychopathische Mafiosi und gescheiterte Künstler knacken in Clown-Masken eine Glasgower Bank. Aus diesen Zutaten kocht Christopher Brookmyre beste Unterhaltung. Und neben Tipps zum Bankraub geht es auch um den Zusammenhang zwischen Sex und Kapitalismus.
Lesen bildet! Diesem Motto sieht sich wohl auch Christopher Brookmyre verpflichtet und hält auf den ersten Seiten seines Buches "Die hohe Kunst des Bankraubs" eine Einführungsvorlesung – nicht in die Kunst des Bankraubs, sondern in die Ökonomie des Blowjobs: "Das ist reiner, ehrlicher, klassischer Präglobalisierungskapitalismus. Du brauchst ihre Dienste, sie braucht dein Geld und keiner tut so, als ginge es um irgendwas anderes. Kein Branding, keine Leitspruch, keine Kundenkarte."
Brookmyre, geboren 1968 in Barrhead bei Glasgow, beginnt breitbeinig – Gangsta-Style. Das liest sich angenehm "Scarface"-dreckig bis lässig. Und spätestens als das erste Blut fließt, weiß man: Der Autor meint es ernst. Doch der Schotte hätte es in seiner Heimat nicht zu einiger Ehre, einer Handvoll Krimi-Preisen und siebzehn Romanen gebracht, würde er das Ganze nicht mit Humor und Intelligenz präsentieren.
Ein Gentlemen-Gangster, eine toughe Polizistin, psychopathische Mafiosi und eine Gruppe gescheiterter Künstler, die in Clowns-Masken und entsprechender Bewaffnung (mehr wollen Sie jetzt noch nicht wissen!) eine Glasgower Bank knacken. Die Zutaten, die Brookmyre hier präsentiert, sind einzeln betrachtet nicht besonders originell. Doch das, was der Autor daraus kocht, hat selten so gut geschmeckt: beste Unterhaltung. Und es ist Brookmyre hoch anzurechnen, dass er gar nicht erst mehr versucht.
Es hilft, dass der Autor neben hart auch herzlich kann. Auf Kraftmeierei folgen sanfte Töne. Immer wieder nimmt sich Brookmyre Zeit für seine Charaktere. Er widmet ihnen seitenweise Innenleben, bis der Leser sogar Profikiller Harry irgendwie liebgewonnen hat: Das ist der mit der Blowjob-Vorlesung.
Brookmyre lässt Running-Gags mitlaufen, liefert geschliffene Dialoge und konstruiert doppelte Böden. Da verwundert es umso mehr, dass es an manchen Stellen unvermittelt laut im stilistischen Gebälk kracht. Dann schreibt Brookmyre so sperrig, als handelte es sich bei "The Sacred Art of Stealing" - so der englische Titel des 2003 erschienen Originals - nicht um seinen siebenten sondern seinen ersten Krimi: Angelique di Xavia (die toughe Polizistin) über ihren wenig kunstaffinen Chef: "Bis gerade eben hatte sie allzu viele Vorurteile korrigieren müssen, also tat es gut, als sie einen der Gründe für Shaws Ruf als 'echter Bulle von früher' sah." Oder ist Brookmyre hier Opfer einer ungelenken Übersetzung geworden?
Ausgebildet wurde Brookmyres Gentleman-Ganove vom eigenen Vater und im Knast. Wichtigste Lektion: einen Raub immer rückwärts planen. "Jeder Idiot mit 'ner Pistole kann in eine Bank marschieren und sich das Geld geben lassen." Schwieriger ist es, "ohne Handschellen und Schusswunden" die Bank zu verlassen: "Wenn man nicht weiß, wie man wieder rauskommt, darf man nicht mal dran denken, reinzugehen." Dasselbe gilt fürs Krimischreiben. Ein guter Thriller muss vom Schluss her konzipiert sein. Christopher Brookmyre beherrscht diese Kunst meisterhaft: Ein großer Lesespaß.
Brookmyre, geboren 1968 in Barrhead bei Glasgow, beginnt breitbeinig – Gangsta-Style. Das liest sich angenehm "Scarface"-dreckig bis lässig. Und spätestens als das erste Blut fließt, weiß man: Der Autor meint es ernst. Doch der Schotte hätte es in seiner Heimat nicht zu einiger Ehre, einer Handvoll Krimi-Preisen und siebzehn Romanen gebracht, würde er das Ganze nicht mit Humor und Intelligenz präsentieren.
Ein Gentlemen-Gangster, eine toughe Polizistin, psychopathische Mafiosi und eine Gruppe gescheiterter Künstler, die in Clowns-Masken und entsprechender Bewaffnung (mehr wollen Sie jetzt noch nicht wissen!) eine Glasgower Bank knacken. Die Zutaten, die Brookmyre hier präsentiert, sind einzeln betrachtet nicht besonders originell. Doch das, was der Autor daraus kocht, hat selten so gut geschmeckt: beste Unterhaltung. Und es ist Brookmyre hoch anzurechnen, dass er gar nicht erst mehr versucht.
Es hilft, dass der Autor neben hart auch herzlich kann. Auf Kraftmeierei folgen sanfte Töne. Immer wieder nimmt sich Brookmyre Zeit für seine Charaktere. Er widmet ihnen seitenweise Innenleben, bis der Leser sogar Profikiller Harry irgendwie liebgewonnen hat: Das ist der mit der Blowjob-Vorlesung.
Brookmyre lässt Running-Gags mitlaufen, liefert geschliffene Dialoge und konstruiert doppelte Böden. Da verwundert es umso mehr, dass es an manchen Stellen unvermittelt laut im stilistischen Gebälk kracht. Dann schreibt Brookmyre so sperrig, als handelte es sich bei "The Sacred Art of Stealing" - so der englische Titel des 2003 erschienen Originals - nicht um seinen siebenten sondern seinen ersten Krimi: Angelique di Xavia (die toughe Polizistin) über ihren wenig kunstaffinen Chef: "Bis gerade eben hatte sie allzu viele Vorurteile korrigieren müssen, also tat es gut, als sie einen der Gründe für Shaws Ruf als 'echter Bulle von früher' sah." Oder ist Brookmyre hier Opfer einer ungelenken Übersetzung geworden?
Ausgebildet wurde Brookmyres Gentleman-Ganove vom eigenen Vater und im Knast. Wichtigste Lektion: einen Raub immer rückwärts planen. "Jeder Idiot mit 'ner Pistole kann in eine Bank marschieren und sich das Geld geben lassen." Schwieriger ist es, "ohne Handschellen und Schusswunden" die Bank zu verlassen: "Wenn man nicht weiß, wie man wieder rauskommt, darf man nicht mal dran denken, reinzugehen." Dasselbe gilt fürs Krimischreiben. Ein guter Thriller muss vom Schluss her konzipiert sein. Christopher Brookmyre beherrscht diese Kunst meisterhaft: Ein großer Lesespaß.
Christopher Brookmyre: Die hohe Kunst des Bankraubs
Galiani, Berlin 2013
384 Seiten, 14,99 Euro
Galiani, Berlin 2013
384 Seiten, 14,99 Euro