"Die Neuen Hebräer - 100 Jahre Kunst in Israel"
Die Ausstellung "Die Neuen Hebräer - 100 Jahre Kunst in Israel" im Martin-Gropius-Bau in Berlin erzählt die Geschichte der modernen israelischen Kultur der vergangenen 100 Jahre. Gegliedert in 15 Kapitel zeigt die Schau etwa siebenhundert Exponate und beleuchtet die Visionen eines neuen kulturellen Ganzen.
Der "wandernde Jude" ist fast nackt. Der alte, bärtige Mann stürzt dem Betrachter in wilder Flucht entgegen. Seine Augen sind vor Entsetzen geweitet. Sein Gesicht vom Schrecken verzerrt. Hinter ihm: schemenhaft ein Wald aus Kreuzen. Der Boden ist von Leichen bedeckt. Mit diesem wandhohen Gemälde von Shmuel Hirszenberg aus dem Jahr 1899 beginnt die Ausstellung. Aus heutiger Sicht wirkt es prophetisch: Wenn die so genannte "christliche" Welt keine Juden erduldet, bleibt ihnen nur die Rettung ins Gelobte Land. So betrachteten die frühen Zionisten das Bild. Vierzig Jahre vor der Ermordung der europäischen Juden.
1906 gründete Boris Schatz, ein jüdischer Bildhauer litauischer Herkunft die erste Kunstgewerbeschule in Jerusalem: Bezalel! Die Ausstellung im Martin-Gropius-Bau präsentiert die hölzerne Eingangstür zur Kunstakademie, Fotos der Werkstätten und Ateliers. Und natürlich die Resultate der ersten Künstlergeneration. Bilder voll leuchtender Farbigkeit. Es lassen sich Anklänge an die naive Malerei entdecken, impressionistische Zitate, Malweisen der Neuen Sachlichkeit. Das Selbstporträt von Reuven Rubin zeigt den braungebrannten Künstler mit einem Bündel Pinsel in der rechten Hand und einer Lilie in der linken. Im Hintergrund leuchten hell die typisch weißen Häuser von Jerusalem.
Die ersten Säle stellen die junge Kunstgeschichte des Landes chronologisch dar. Dann geht es um einzelne Themen: Die Wiederbelebung der althebräischen Sprache ins moderne Ivrit bringt die 1951 geborene Künstlerin Michal Na'aman in einem elfteiligen Gemälde mit Öl und Klebeband auf die Leinwand.
Die Pioniere der zionistischen Bewegung gingen - wie in anderen Ländern auch - dem Mythos vom "Neuen Menschen" auf den Leim. Die Plakate zur ersten jüdischen Olympiade von 1932 feierten den Neuen Juden, den Max Nordau einst als "Muskeljuden" charakterisiert hatte. Man könnte sie glatt verwechseln mit den heldenhaften Arbeitern und Bauern der sowjetischen Propaganda.
Das kostbarste Exponat der Ausstellung ist ein Teil der Original-Tempelrolle, die vor knapp fünfzig Jahren in der Nähe von Khirbet Qumran gefunden wurde. Etwa 2000 Jahre ist das Schriftstück alt. Und erstaunlich gut erhalten. Deutlich treten die Buchstaben auf dem gelblichen Pergament hervor. Die Textrolle, die eine identitätsstiftende Brücke schlägt von den biblischen zu den "neuen Hebräern", wird erstmals öffentlich präsentiert.
Unlösbar verknüpft mit dem Selbstverständnis des modernen Israel ist der Holocaust, dort Shoa genannt. Eine Videoarbeit des jungen Künstlers Erez Israeli setzt sich damit auseinander. Sowie eine Installation mit Aufnahmen aus dem Prozess gegen Adolf Eichmann.
Seitdem der Staat Israel existiert, gehört der Krieg zum Alltag. Daran erinnern Skulpturen aus Pappmaschee von entblößten Menschen ohne Haut, die aussehen wie aus dem Anatomiebuch. Ebenso bedrückend wirkt die Fotographie von jungen, weinenden Soldaten, die gefallene Kameraden bestatten. "Verlorene Jugend" heißt die Arbeit.
Gegliedert in 15 Kapitel zeigt die Ausstellung etwa siebenhundert Exponate. In bester jüdischer Tradition ist das Fazit keine Aussage, sondern eine Frage: Sie lautet, ausgestanzt aus einer riesigen, schwarzen Seidenfahne: "Sollen alle Juden aus Israel zurück nach Deutschland gehen?"
Service: Die Ausstellung ist im Martin-Gropius-Bau vom 20. Mai bis zum 5. September 2005 zu sehen.
Geöffnet: Mittwoch bis Montag, 10 - 20 Uhr.
1906 gründete Boris Schatz, ein jüdischer Bildhauer litauischer Herkunft die erste Kunstgewerbeschule in Jerusalem: Bezalel! Die Ausstellung im Martin-Gropius-Bau präsentiert die hölzerne Eingangstür zur Kunstakademie, Fotos der Werkstätten und Ateliers. Und natürlich die Resultate der ersten Künstlergeneration. Bilder voll leuchtender Farbigkeit. Es lassen sich Anklänge an die naive Malerei entdecken, impressionistische Zitate, Malweisen der Neuen Sachlichkeit. Das Selbstporträt von Reuven Rubin zeigt den braungebrannten Künstler mit einem Bündel Pinsel in der rechten Hand und einer Lilie in der linken. Im Hintergrund leuchten hell die typisch weißen Häuser von Jerusalem.
Die ersten Säle stellen die junge Kunstgeschichte des Landes chronologisch dar. Dann geht es um einzelne Themen: Die Wiederbelebung der althebräischen Sprache ins moderne Ivrit bringt die 1951 geborene Künstlerin Michal Na'aman in einem elfteiligen Gemälde mit Öl und Klebeband auf die Leinwand.
Die Pioniere der zionistischen Bewegung gingen - wie in anderen Ländern auch - dem Mythos vom "Neuen Menschen" auf den Leim. Die Plakate zur ersten jüdischen Olympiade von 1932 feierten den Neuen Juden, den Max Nordau einst als "Muskeljuden" charakterisiert hatte. Man könnte sie glatt verwechseln mit den heldenhaften Arbeitern und Bauern der sowjetischen Propaganda.
Das kostbarste Exponat der Ausstellung ist ein Teil der Original-Tempelrolle, die vor knapp fünfzig Jahren in der Nähe von Khirbet Qumran gefunden wurde. Etwa 2000 Jahre ist das Schriftstück alt. Und erstaunlich gut erhalten. Deutlich treten die Buchstaben auf dem gelblichen Pergament hervor. Die Textrolle, die eine identitätsstiftende Brücke schlägt von den biblischen zu den "neuen Hebräern", wird erstmals öffentlich präsentiert.
Unlösbar verknüpft mit dem Selbstverständnis des modernen Israel ist der Holocaust, dort Shoa genannt. Eine Videoarbeit des jungen Künstlers Erez Israeli setzt sich damit auseinander. Sowie eine Installation mit Aufnahmen aus dem Prozess gegen Adolf Eichmann.
Seitdem der Staat Israel existiert, gehört der Krieg zum Alltag. Daran erinnern Skulpturen aus Pappmaschee von entblößten Menschen ohne Haut, die aussehen wie aus dem Anatomiebuch. Ebenso bedrückend wirkt die Fotographie von jungen, weinenden Soldaten, die gefallene Kameraden bestatten. "Verlorene Jugend" heißt die Arbeit.
Gegliedert in 15 Kapitel zeigt die Ausstellung etwa siebenhundert Exponate. In bester jüdischer Tradition ist das Fazit keine Aussage, sondern eine Frage: Sie lautet, ausgestanzt aus einer riesigen, schwarzen Seidenfahne: "Sollen alle Juden aus Israel zurück nach Deutschland gehen?"
Service: Die Ausstellung ist im Martin-Gropius-Bau vom 20. Mai bis zum 5. September 2005 zu sehen.
Geöffnet: Mittwoch bis Montag, 10 - 20 Uhr.