Die neue Marktlwirtschaft

Von Rudolf Erhard |
Benedikt XVI hatte die Tiara, die päpstliche Kopfbedeckung noch nicht auf, da lagen in seinem Geburtsort Marktl am Inn schon süße "Papst-Benedikt-Mützen" in der Ladentheke. Die Bäcker in der oberbayerischen 2700-Seelen-Gemeinde waren die ersten mit Vatikanbrot, Ratzinger-Schnitten und der Papst-Benedikt-Torte.
Das Papstbier ließ nicht lange auf sich warten. Seitdem haben Marktl Geschäftleute unheilige Dollarzeichen in den Augen. Eine Devotionalienwirtschaft läuft an mit Papstbildern auf allem Erdenklichen, von der Kerze bis zum Aschenbecher. Irgendwann werden sie in dieser "Marktlwirtschaft" wohl auch noch aus Wasser Wein machen, päpstlichen Messwein, versteht sich.

"Da sind wir beim Grillen zusammengesessen und dann haben wir im Jux gesagt, da müssen wir eine Papstwurst machen.
Dann machen wir halt noch was im süßen Bereich, machen wir ein Törtchen und wir haben es halt symbolisiert, damit es der Pilger auseinander kennt einfach dem Kreuz.
Ich schaue da mit christlicher Großzügigkeit und Barmherzigkeit darüber hinweg, manches passt mir nicht, zum Beispiel dieses Papstbier.
Dann werden wir eine große Zwei-Liter-Flasche machen Papst-Magnum."

Auf was aber angestoßen wird mit dem Papstbier?

"Eminendissimum Dominum Josefum Santo Romanae Eclesiae
Kardinale Ratzinger …"

Jubel in Rom und dem ganzen Erdkreis, auch in Marktl am Inn.

"Der Papst ist am Dienstag um 18.37 gewählt worden und am nächsten Morgen um 8 Uhr haben wir mit der Arbeit begonnen."


Brauerbesitzer Fritz Weideneder aus dem nahen Tann, etikettierte mit seinen Kindern und Verwandten keine zwölf Stunden später sein normales helles Exportbier auf Papstbier um. Längst ist aus dem Provisorium eine bunt bebilderte Papstflasche geworden, mit dem Bildnis des Heiligen Vaters, dort wo sonst "Exportbier Hell" steht.

"Wir wollen den Leuten sagen, was sie da trinken, wir wollen ihnen aber auch sagen, warum wir so was machen, das Bier aus der Heimat des Papstes, gewidmet dem großen Sohn unserer Heimat, Papst Benedikt XVI geboren zu Marktl am Inn in Bayern."

Markt Marktl wohlgemerkt, was heißt, der Geburtsort des Papstes hat bereits seit 1422 ein Marktrecht, mit schwarzem Schifferhaken und goldenem Streichmaß, Symbole für Innschifffahrt und den Handel.
Es lebe die neue "Marktlwirtschaft".

"Man muss den Leuten die nach Marktl kommen etwas bieten, man muss ja schauen dass sie etliche Souvenirs, Andenken, Geschenke einfach mitnehmen."

Also gründete Waldemar Pfeifer vor vier Wochen etwas was Marktl vorher nie brauchte und wohl auch ohne Papst nie hätte, einen Souvenirladen. Christlich wohlgemerkt und vom Pfarrer gesegnet:

"Papstkerzen, Rosenkränze, Kreuze, Glückssteine und in der Hauptsache Geschenke, Gebetswürfel, ja Gebetswürfel, da sind sehr viele christliche Sprüche drauf. "Müde bin ich geh zur Ruh", sehr volkstümlich alles. Wie lässt es sich denn an? Man darf da nicht so euphorisch sein uns sagen wir machen jetzt in Marktl das große Geschäft, wir haben lediglich gesagt, Marktl braucht jetzt ein bisschen was, man muss Marktl unterstützen und da haben wir gesagt da tun wir mit und jetzt schauen wir wie es läuft."

Zu dumm nur, dass der Laden in einer Seitenstraße liegt. 50 Meter weg vom Marktplatz, dort wo das Geburtshaus des neuen bayerischen Papstes steht, dort wo Klein-Josef, als Seppi ab 16. April 1927 gerade mal zwei Jahre lebte. Aber Geburtsort bleibt Geburtsort.

"Die Gedenkmünze, die kleine Prägung auf der Vorderseite den Papst Benedikt mit Geburtshaus, auf der Rückseite mit dem Wappen von Markt, die kostet jetzt 19.90. Ein Mitbringsel mit wachsenden Wert."

Otto Brandstätter ist der Konkurrent des ersten Papstladens in Marktl. Er ist weniger christlich orientiert und nennt seine Neueröffnung "Kerznladl". Neben Papstbildern und –kerzen, Gedenkmünzen und Kreuzchen baut sich gewaltiger Kitsch auf. Mit Herzen, Rosen, Teddybären, Tierkreiszeichen, Madonnen im Efeukranz und Mutter Maria als Brunnenfigur. In Marktl wäre so etwas vorher nie zu verkaufen gewesen, aber der Papst machts möglich und das möglichst lange.

"Wir haben uns auf dieses Verfahren von den Papstkerzen patentieren lassen, wir haben dieses Bild in der Kerze versiegelt, unsere Kerzen vergilben nicht, die Kerzen die wir produzieren, die haben sie in fünf, zehn, 20 Jahren immer noch so, wenn sie sie nicht anzünden."

Noch bin ich nicht mittendrin im Geburtsort des Papstes. Die Anfahrt war ernüchternd. Runter von der nur in Bruchstücken existierenden Autobahn München-Mühldorf, Ausfahrt Marktl hinter Altötting. Kein Hinweis auf den Papst am Ortseingang, dafür Tristesse mit billigen Plakaten an Bäumen, die zur Beachparty oder zur Red-Bull-Fete einladen. Ein verrottetes Bushäuschen, ein Schild mit Ortswappen, immerhin mit "Herzlich Willkommen", dann taucht die Silhouette des Kirchturms zur Linken auf. Am Straßenrand kündet ein verblassendes Schild von den zwei Sonntagsmessen in der katholischen Kirche, alle 14 Tage auch am Samstagabend. Das war mal, versichert mir später Pfarrer Josef Kaiser:

"Es kommen viele Hunderte her, nicht nur Neugierige, die das Haus fotografieren und den Taufstein anschauen im Museum, sondern die auch in die Kirche gehen beten, es kommen ganze Gruppen die Gottesdienste feiern, auch unsere Gottesdienste sind mehr besucht, das sieht man deutlich und das freut mich sehr."

Bilder und Töne von der Papstbegeisterung auf dem Petersplatz zu Rom kommen mir in den Sinn. Nichts davon auf dem Marktplatz zu Marktl. Nichts Erhabenes, nur kleinräumige Provinz. Ich parke vor der Apotheke, dem stattlichsten Haus am Platz und das einzige Geschäft ohne Papstdevotionalien in der Auslage. Gleich daneben das ehemalige Kurfürstliche Mauthaus. Mauthaus, schon wieder so ein einnehmendes Wort. Der Kurfürst darf in Bayern längst keine Maut mehr erheben, dafür darf jetzt das Volk die Papsttouristen abkassieren.

"Wenn sie früher in Marktl gewesen wären, an einem Sonntagnachmittag, da war der Markt wie ausgestorben, wer wäre schon nach Marktl gekommen, es gibt keine Sehenswürdigkeit nicht, da war wirklich der Markt wie leergefegt und jetzt wenn man da rausgeht sagen wir Piazza dazu, da flanieren die Leute rum."

Ja, der Pfarrherr von Marktl. Ein weltlich mild gestimmter Mann.

" Zunächst ist es halt so, dass freie Marktwirtschaft ist und dass hier Leute aufspringen, die diese einmalige Chance ihre Lebens geschäftlich ausnützen, kann man nur verstehen, vielleicht würde ich das genauso machen, ich als Pfarrer hab keinen Einfluss darauf und kann das auch nicht verbieten, ich schaue da nur mit christlicher Großzügigkeit und Barmherzigkeit darüber hinweg, manches passt mir nicht, zum Beispiel dieses Papstbier, oder Papstbier oder Papstwasser, es wird schon viel Humbug gemacht, aber ich kanns nicht ändern. "

Will er auch nicht wirklich, der Herr Pfarrer von Marktl. Er weiß auch, was die Stunde geschlagen hat. Und so kündet ein großes Plakat vor seiner Kirche am unteren Ende des Marktplatzes:

"Herzlich willkommen in der Taufkirche unseres heiligen Vaters Papst Benedikt deximosexto."

Der Papstfan aus Italien ist gerade seinem Wohnmobil entstiegen. Rein in die Kirche, wo längst nicht mehr der Taufstein steht, der Papst Benedikt XVI katholisch machte. Der ist im Heimatmuseum, zu besichtigen - gegen Eintritt, die Ortskirche verdient dagegen an Opferkerzen. Keine zehn Stück brannten früher vor dem Marienaltar, jetzt bietet der neue Kerzenständer Platz für 90 Stundenlichter, die über Nacht mit einem Euro pro Stück doppelt so teuer wurden. Dafür gibt es ein Papstbildlein umsonst und bereits das dritte vollgeschriebene Gästebuch mit Dankadressen und Segenswünschen an den bayerischen Papst.

Habemus Papam steht auch in großen Lettern auf einem quer über die Orgelempore gespannten Tuch in der Taufkirche des Papstes zu Marktl am Inn. Geweiht dem heiligen Oswald, königlicher Kreuzritter aus dem Jahre 600 nach Christi.

Italienerin: "Wir wollen wirklich in diesa Ortschaft fahren, um das Ort ,wo Papst geboren ist, zu besichtigen, wir wollen vielleicht eine bisschen Papstbrot und Papstbier kaufen."

Der Marktplatz zu Marktl - und damit die Marktlwirtschaft - hat uns wieder. Ich gehe auf die Suche nach den neuen päpstlichen Errungenschaften und lande erneut im christlichen Souvenirladen, wo Waldemar Pfeifer, fast entschuldigend zu Erklärungen anhebt.

"In Marktl trifft sich zur Zeit die ganze Welt, an einem Tag haben wir einmal neun Nationen dagehabt. An einem Tag haben wir von Argentinien, Brasilien, Norweger, Amerikaner, Norweger, Tschechen, Polen, alles war da. Und die wollen natürlich auch was von uns und wir müssen da schauen, dass wir mitziehen. Sicher ist ein bestimmter Kommerz dabei, aber man muss auch wirklich sagen, die Leute, die kommen, die wollen von Marktl was mitnehmen, sie wollen was Anständiges mitnehmen. Und ich glaube, einen Kitsch werden die wenigsten kaufen."

Aber angeboten wird er. Zwei Straßen weiter entdecke ich im überquellenden Schaufenster eines Textil- und Schreibwarengeschäftes das "Habemus Papam"-Ruhekissen mit Papstportrait, daneben die Tragetasche und das Benedikt-T-Shirt.

"Weil das passt in mein Textilhandel mitrein und Schreibwaren führe ich auch, drum habe ich ein paar Bücher, die auch gern gekauft werden, aber Papstwasser oder Papstbier, so was habe ich nicht."

Rechtfertigt sich Elisabeth Unterhitzensberger und meint noch, es sei halt schad, dass vor ihrem Geschäft nichts vom Papst ist, wie vorne am Marktplatz mit Geburtshaus und Taufstein im Museum:

"Busse, die haben ja oft nur 20 Minuten Aufenthalt, die hupfen raus vom Bus, die Leute gehen vor zum Haus, fotografieren es und weg sind sie, weil die Busse fahren dann weiter nach Altötting oder kommen von Altötting und da gibt es ja das Gleiche."

Das Papstwasser, ordinäres Nass aus der Leitung, abgefüllt in Kristallflakons, wird in Marktl noch nicht angeboten, zu soviel Betrug fehlt den neuen Marktlwirtschaftlern noch die Chuzpe. Papstwasser wird nur im nahen Marienwallfahrtsort Altötting verkauft. In Marktl halten sie es zu Ehren ihres Papstes schon lieber mit dem christlichen Wahlspruch. Essen und Trinken halten Leib und Seele zusammen, denke ich mir, als ich vor der Metzgerei Alber stehe.

"Der kommt aus Bayern, da isst ja jeder gern. Ich habe mal gelesen, dass er gerne eine Blutwurst isst, aber, Blutwurst und Papst geht nicht so? Ich glaube nicht, dass sich das verkaufen lässt."

Aber die Papstbratwurst, für die ein großes Plakat in der Auslage wirbt und von der mir Metzgermeister Mathias Alber mit verschmitzten Grinsen in seiner Wurstküche berichtet:

"Da sind wir beim Grillen beisammen gesessen und dann haben wir im Jux gesagt, da müssen wir eine Papstwurst machen, weil eigentlich in Marktl keiner dran geglaubt, dass er es wirklich wird und dann haben wir die Idee umgesetzt wie es dann soweit war.
Jetzt einmal ehrlich, haben sie die Papstwurst wirklich kreiert oder haben sie einfach eine andere Wurst umbenannt?
Nicht wirklich unbenannt, das mit den Blumen ist nicht so geläufig.
Was heißt Blumen?
Ja in der Papstwurst sind Blumenblüten drin.
Was hat das mit dem Papst zu tun?
Ja mei, ich habe mir halt gedacht, Blumen stehen für Leben oder Lebensfreude und haben doch ein wenig Symbolik, die in der Kirche auch vorkommt und das passt eigentlich. Ja, die kann man Grillen oder in der Pfanne braten oder mit Kraut essen."


Die Papstwurst auf dem Grill. Katholische Fleischeslust. Wer es lieber haltbarer hat, der greife zum Papststab aus der Metzgerei zu Marktl. Eine dünne Rohsalami, Hartwurst also, geformt zum Bischofsstab, eingepackt in Klarsichtfolie mit Papstbild, das Stück zu 3.60 Euro. Kitsch zum Reinbeißen:

"Ja schon ein bissl, aber das wollen die Leute anscheinend.
Also sie stellen sich da schlicht und einfach auf den Geschmack der Leute ein?
Ja so kann man das sagen.
Würden Sie denn, wenn sie in einen Ort, wo ein Papst herkommt, eine Papstwurst kaufen oder einen Papststab?
Ja mei als Spaß zum Mitbringen, wenn man die daheim etwas überraschen, ist das sicher nicht schlecht."

Jetzt beginne ich zu verstehen, warum die Marktler noch vor den Kerzen, Tassen, Kreuzen und Rosenkränze essbare Papstdevotionalien anboten. Früher brachten sie in Bayern ihrem Pfarrherrn Hühner, Gänse, Eier und Mehl, um ihn satt zu machen und dadurch gnädig zu stimmen. Jetzt ist es umgekehrt. Der Papstboom nährt Metzger, Brauer und Bäcker. Gläubige und Ungläubige wollen gesättigt werden. Was einst bei der Hochzeit zu Kanaa Jesus mit wundersamer Brotvermehrung gelang, geht jetzt in Marktl bei Bäcker Ralf Winzenhörlein für 1,40 Euro über die Theke. Vatikanbrot mit aufgestäubtem Mehlkreuz:

"Das ist ein Natursauerteigbrot, wie wir es normal haben, bloß da kommt halt noch Anis rein, Sonnenblumen, Sesam und Leinsaat, ich habe mir halt gedacht, ein paar Gewürze müssen rein und habe auch nicht genau gewusst, was ich nehmen soll, aber das passt ganz gut zusammen und schmeckt gut.
Aber sie haben vorher nicht in die Bibel geschaut?
Nein das nicht.
Und hat sich das als wundersame Brotvermehrung erwiesen?
Also das Brot geht auf alle Fälle sehr gut, das ist gut zum Mitnehmen, die Leute die mit den Bussen kommen, nehmen das gerne mit das Brot."

Zwanzig Meter weiter, in der zweiten Bäckerei am Marktplatz zu Marktl, holt Bäcker Wolfgang Leukert gerade drei Bleche Benediktmützen aus dem Ofen. In Deutsch, Polnisch, Tschechisch, Italienisch, Englisch und Französisch preist er sie quer über sein Schaufenster an. Eine süße Hefeteigsemmel mit tiefer Einbuchtung, die nur mit viel Phantasie der päpstlichen Mitra von der Seite her ähnelt. Aber Hauptsache sie wird als Benediktmütze angepriesen:

"Ein bisschen was geht immer und ein paar Pilger kommen immer und natürlich soll auch was da sein, nicht dass sie vor leeren Schaufenster stehen.
Papstmütze von der Form her ich hab da ein bisschen Schwierigkeiten.
Es ist schon momentan nicht so leicht nachzuvollziehen im Kleingebäck, wir haben auch richtige Schaustücke gebacken, eben als Papstmütze, auch aus demselben Teig und das für den Kleinverzehr, soll das ungefähr symbolisieren."

Soll angeblich gerne Marzipan essen, weshalb die schokoladenen Papsttorten wie "Ratzingerschnitten" bei dem einen und "Papa Four" beim anderen Bäcker, jeweils mit dicken Marzipankreuzen verziert sind.

"Ja das Papsttörtchen, das wir gemacht haben, das war auch mehr ein Zusatzartikel, weil der Kunde einfach gesagt hat, ist das alles, was sie haben, darum haben wir gesagt, dann machen wir halt noch was im süßen Bereich, machen wir ein Törtchen und wir haben es halt symbolisiert, damit es der Pilger auseinander kennt einfach mit dem Kreuzl."

Vor den Bäckereien sind neuestens Stehtische aufgebaut zum Verzehr von Papsttorte und Ratzingerschnitte. Auch das Bistro am Rathaus, ein Cafe das vorher beinahe jährlich einen Besitzer verschliss, macht jetzt gute Geschäfte mit päpstlichen Kuchenangebot, aber auch ganz banal mit Wiener Schnitzel, Weißwürsten und Teufelstoast.

"Wir kommen aus Berlin und sind jetzt auf der Rückreise nach Berlin.
Was habe sie sich denn gekauft?
Eine Flasche Papstbier und ne Ansichtskarte.
Ich nehm eine Flasche Papstbier für meine Schwester mit, er will sich die ja aufheben, aber die kann sie ja austrinken. Und mein Sohn und ich wir essen gerne Honig, eigentlich wollten wir Quittengelee, aber das Bild war dann auf dem Honig überzeugender.
T-Shirts find ich kitschig mit dem Papstaufdruck, alles andere ist in Ordnung."

Der Bäcker hat sich eine Ansichtskarte mit Papstbild, puderzuckerbestäubter Benedikt-Mütze und Geburthaus schützen lassen. Im Teeladen mit Postagentur von Eva Fürst ist das Schaufenster voller Benediktpostkarten und Papstsouvenirs. Der örtliche Imkerverein hat seinen Honig päpstlich umetikettiert, jetzt kostet er fast doppelt soviel. Das Papstbild prangt auch noch auf dem Quittengelee, auf Himbeerbonbons und auch der Obstschnaps erfährt als Papstbrand eine wundersame Preisvermehrung. Sogar Engelsfiguren stehen plötzlich im Teeladen, neben einer als "Energiespender aus dem Geburtsort des Papstes"
angepriesenen Teemischung.

"Wir haben also schon darauf geachtet, dass das ein Kräutertee ist, wo die älteren Leute trinken können, ohne dass sie Beschwerden haben.
Sozusagen ein christlich beruhigender Tee?
Richtig."

Der Marktler Teeladen hat jetzt auch am Wochenende offen und könnte sein Papstangebot noch ausweisen. Denn längst haben Kitsch- und Souvenirproduzenten den Papstmarkt entdeckt und ihre Vertreter rennen Eva Fürst die Türe ein:

"Von Kugelschreibern bis zu Servietten, Papstpostern, das alles.
Schneekugeln?
Ja, Papstbär, dieser eine besondere Papstbär, der 170 Euro kosten soll, das möchten sie kaufen, aber da wollen wir uns doch noch ein wenig zurückhalten.
Papstbär? Was hat denn ein Bär mit dem Papst zu tun?
Weiß ich nicht, der hat nur das Gewand von ihm an, diesen Umhang und so weiter."


Die Marktlwirtschaft mit dem Papst funktioniert fast acht Wochen nach der Wahl des bayerischen Kardinals Ratzinger zum Kirchenoberhaupt immer noch am besten bei Kerzen, Karten und Bier. Papstbier wohlgemerkt, vier Flaschen im fromm bedruckten Tragepack acht Euro. Hopfen und Malz, Gott erhalts.

"Das ist der erste bayerische Papst seit Menschengedenken. Und Kirche und Bier gehören eigentlich immer schon zusammen. Und somit lag es eigentlich nahe, den Papst insofern zu würdigen, dass wir sagen, jetzt machen wir für ihn ein eigenes Bier."

Ich stehe mit Brauereibesitzer Fritz Weideneder in seiner großen Lagerhalle vor meterhohen Stapeln mit Papstbierkästen. Der Biersieder freut sich über den zusätzlichen Bierabsatz und hat schon weitere Ideen rund um die alkoholische Vermarktung des Papstes in dessen Geburtsort Marktl.

"Denn wenn sie mal nach Rom fahren, wenn sie nach Lourdes fahren, wenn sie an alle christlichen Stätten fahren, wo Pilger sich hinbewegen, dann finden sie seit Menschengedenken Tourismusartikel, weil der Tourist diese haben will. Ein Papst-Bierglas bietet sich natürlich als Brauerei an, ein Papstbierdeckel würde sich vielleicht auch anbieten, aber natürlich nicht mit dem Konterfei des Papstes, dann werden wir eine große Zwei-Liter-Flasche machen Papstmagnum."

Vor allem natürlich, weil beim Papstbier besonders garantiert sein muss auf was die Bayern besonders stolz sind:

"Bayerisches Reinheitsgebot von 1516 werden wir natürlich immer einhalten und beim Papst erst recht."

So nährt der Papst zu Rom im fernen Marktl am Inn das örtliche Gewerbe. Brauer Weideneder dankt dieser Hilfe von oben, indem er das päpstliche Manna ein weniger stärker braut:

"Unser Papstbier hat einen Stammwürzegehalt von 13,4 Prozent, Alkohol ca. 5,5 Prozent, das heißt, sie werden ein bisschen schneller lustig."