"Die Nachfolger der Dinosaurier"
Unvergessen sind die Aufzeichnungen der Programme der Münchner Lach- und Schießgesellschaft, die mit Rekordeinschaltquoten von über 50 Prozent in den sechziger Jahren zu Silvester im Fernsehen ausgestrahlt wurden. Der Oldtimer unter den bundesdeutschen Kabaretts, das von Dieter Hildebrandt mitbegründet wurde, begeht ihren 50. Geburtstag.
Aus diesem Anlass sprach Deutschlandradio Kultur mit den beiden Kabarettisten Ulrich Waller, 50 Jahre, künstlerischer Leiter des Hamburger St. Pauli Theaters und Chef des Hamburger Kabarettfestivals, und mit Mathias Tretter, 34 Jahre alter Kabarettist aus Würzburg. Er gilt als einer der jungen Aufstrebenden dieses Genres. Sein aktuelles Soloprogramm heißt "Deutschland. Ein Gummibärchen".
Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Gespräch:
Balzer: Herr Waller, 50 Jahre Lach- und Schießgesellschaft, genauso alt wie Sie selbst und ein Mythos des deutschen Politkabaretts – hat dieses Kabarett Deutschland etwas besser gemacht?
Waller: Das ist schwer zu sagen. Für mich war es die Initiation von politischem Kabarett, weil diese Silvestervorstellungen, die haben wir natürlich zu Hause geguckt, und das war so der erste Kontakt mit Kabarett. (…) Es war ein Einblick in eine fremde Welt. Als 12-, 13-Jähriger habe ich zum Teil die Scherze noch gar nicht verstanden, weil ich noch nicht so politisch gebildet war, dass ich so die Wut und Empörung dieser ersten Generation der Lach- und Schießgesellschaft, die angetreten waren, weil sie einfach sauer waren, beleidigt waren, dass die Bundesrepublik sich nicht so entwickelt hat, wie man das hätte erwarten können nach den Lehren des Zweiten Weltkriegs. (…) Mich hat das damals sehr fasziniert und Dieter Hildebrand hatte damals schon einen unglaublichen Sog. (…)
Balzer: Herr Tretter, Sie sind zwar etwas jünger, aber auch Sie sind mit dem "Scheibenwischer" bzw. mit der Lach- und Schießgesellschaft groß geworden?
Tretter: Es waren allerdings nicht mehr die Silvestersendungen der Lach- und Schießgesellschaft, sondern eher der "Scheibenwischer". Wir haben das eher als Unterhaltung gesehen. Eine große Wut war da nicht drin und haben wir auch nicht gesehen. (…)
(…)
Balzer: Sie machen politisches Kabarett immer noch!
Tretter: Ja, die Inhalte sind anders geworden, die Standpunkte sind nicht mehr so klar, wie sie früher waren. (…) Ich glaube überhaupt nicht, dass das politische Kabarett tot ist, wie das immer gesagt wird. Wenn das so ist, dann gehöre ich zu den Leichenschändern.
Waller: Ich finde das wunderbar, es gibt ja wenige in Ihrer Generation, die das überhaupt machen! Deswegen bin ich unheimlich froh, dass es noch ein paar Überlebende und Nachfolger der Dinosaurier gibt, die das noch betreiben. Hut ab!
Sie können das vollständige Gespräch für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.
Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Gespräch:
Balzer: Herr Waller, 50 Jahre Lach- und Schießgesellschaft, genauso alt wie Sie selbst und ein Mythos des deutschen Politkabaretts – hat dieses Kabarett Deutschland etwas besser gemacht?
Waller: Das ist schwer zu sagen. Für mich war es die Initiation von politischem Kabarett, weil diese Silvestervorstellungen, die haben wir natürlich zu Hause geguckt, und das war so der erste Kontakt mit Kabarett. (…) Es war ein Einblick in eine fremde Welt. Als 12-, 13-Jähriger habe ich zum Teil die Scherze noch gar nicht verstanden, weil ich noch nicht so politisch gebildet war, dass ich so die Wut und Empörung dieser ersten Generation der Lach- und Schießgesellschaft, die angetreten waren, weil sie einfach sauer waren, beleidigt waren, dass die Bundesrepublik sich nicht so entwickelt hat, wie man das hätte erwarten können nach den Lehren des Zweiten Weltkriegs. (…) Mich hat das damals sehr fasziniert und Dieter Hildebrand hatte damals schon einen unglaublichen Sog. (…)
Balzer: Herr Tretter, Sie sind zwar etwas jünger, aber auch Sie sind mit dem "Scheibenwischer" bzw. mit der Lach- und Schießgesellschaft groß geworden?
Tretter: Es waren allerdings nicht mehr die Silvestersendungen der Lach- und Schießgesellschaft, sondern eher der "Scheibenwischer". Wir haben das eher als Unterhaltung gesehen. Eine große Wut war da nicht drin und haben wir auch nicht gesehen. (…)
(…)
Balzer: Sie machen politisches Kabarett immer noch!
Tretter: Ja, die Inhalte sind anders geworden, die Standpunkte sind nicht mehr so klar, wie sie früher waren. (…) Ich glaube überhaupt nicht, dass das politische Kabarett tot ist, wie das immer gesagt wird. Wenn das so ist, dann gehöre ich zu den Leichenschändern.
Waller: Ich finde das wunderbar, es gibt ja wenige in Ihrer Generation, die das überhaupt machen! Deswegen bin ich unheimlich froh, dass es noch ein paar Überlebende und Nachfolger der Dinosaurier gibt, die das noch betreiben. Hut ab!
Sie können das vollständige Gespräch für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.