"Die Nachbarn sollen Zivilcourage zeigen"

05.06.2012
Der Vorsitzende des Vereins "Aufbruch Neukölln", Kazim Erdogan, hat angesichts der grausamen Tötung einer Frau in Berlin-Kreuzberg beklagt, dass bei häuslicher Gewalt zu häufig weggesehen werde.
Das sei "das größte Problem", sagte Erdogan. Wenn Nachbarn oder Bekannte den Eindruck hätten, dass jemand zu Hause Gewalt erleide, sollten sie sich einmischen und gegebenenfalls auch die Behörden einschalten, so Erdogan. "Wir dürfen das gemeinsam nicht hinnehmen - egal, aus welchen Kreisen die Menschen kommen", betonte der Psychologe, der sich seit Jahren gegen häusliche Gewalt einsetzt und unter anderem einen Gesprächskreis für türkisch-stämmige Männer leitet.

Laut Erdogan sind Frauen aus Einwandererfamilien zögerlicher, im Falle von häuslicher Gewalt die Hilfe von Beratungsstellen in Anspruch zu nehmen. Dabei spielten Schamgefühle eine Rolle. Erst wenn Vertrauen entstanden sei, würden Probleme geschildert. Das betreffe aber auch die Männer, betonte der Psychologe. Wenn sie in eine Gruppe kämen, in der andere über ihre Schwierigkeiten sprechen, öffneten sie sich schneller als in einem Einzelgespräch und seien bereit, Hilfe anzunehmen.

Mit Blick auf den Fall der getöteten Frau aus Kreuzberg warnte Erdogan zugleich vor Pauschalisierungen. Seines Wissens sei der tatverdächtige Ehemann mit türkischen Wurzeln in Berlin aufgewachsen und sozialisiert worden. Er sei damit "ein Kind der hiesigen Gesellschaft", sagte Erdogan.

Das vollständige Interview können Sie mindestens bis zum 5. Dezember 2012 in unserem Audio-On-Demand-Angebot hören.