Die modernen Internet-Sklaven

Von Tobi Müller · 06.07.2011
Lasst uns alles teilen und kreativ sein: Im digitalen Paradies werden wir zu neuen Menschen, die nicht mehr der alten Einteilung von Produzent und Konsument gehorchen. Wir sind alle Prosumer, zu Deutsch Prosumenten. Denn der Prosument macht immer beides gleichzeitig.
Kaum liest er etwas im Netz, kommentiert er es auch schon, und zack, ist er zum Produzent geworden. Zum Künstler. Ein bisschen Rebellion ist auch dabei: Wer nachts Filme hochlädt und kommentiert, trickst multinationale Unternehmen aus. Doch viele Seiten, wo man Filme herunterladen oder auch nur streamen kann, sind in mafiöser Hand. Vor Wochenfrist fand man beim deutschen Betreiber von kino.to Luxusautos und 2.5 Millionen in bar.

Der Prosument selbst verdient allerdings kein Geld. Das tun andere für ihn. Jeder Eintrag bei Facebook erhöht den Wert des Unternehmens und generiert Werbung. Klar, die meisten werden ein Posting bei Facebook nicht als Arbeit empfinden, sondern als Freizeit oder Werbung für eigene, äh, Kreativprojekte. Doch diese Grenzen sind fließend geworden. Zum Beispiel bei der Huffington Post, der berühmtesten "Zeitung" im Internet. Die HuffPo, wie sie abgekürzt wird, ist ein Blog-Netzwerk, das die griechischstämmige Ariana Huffington 2005 in den USA gegründet hat. Die 15.000 Mitarbeiter schreiben umsonst, nur die mittlerweile hundertköpfige Kernredaktion leistet Lohnarbeit.

Am Anfang dominierten politische Themen, heute eher Klatsch und Sex. Das zieht: Ariana Huffington verkaufte für 315 Millionen Dollar an AOL, und seit letzter Woche hat huffingtonpost.com höhere Besucherzahlen als die Internetseite der "New York Times". Ehemalige HuffPo-Blogger klagen nun gegen die ehemalige Besitzerin: Dank ihrer Gratisinhalte, so die Kläger, habe sie ein Vermögen geschaffen. Das hätte man von Anfang an wissen können. Aber so wird einer breiteren Öffentlichkeit klar, wie viel unbezahlte Arbeit im Netz geleistet wird. Und wie viel andere damit verdienen. Der Prosument ist in der Regel vielleicht ein glücklicher, aber dennoch ein Sklave.