Die Million ist das Ziel

Von Stefan Mentschel |
Die Himalaya-Republik Nepal zieht jedes Jahr Zehntausende Besucher aus aller Welt an. Beliebt sind vor allem ausgedehnte Trecking-Touren und Expeditionen im Hochgebirge. Trotzdem wollen die Behörden gern noch mehr Touristen ins Land locken. Doch dafür gibt es noch einige Hindernisse.
Schneebedeckte Gipfel, gewaltige Gletscher, eine einzigartige alpine Landschaft – für Treckingtouristen ist der Himalaya ein Paradies. Vor wenigen Wochen hat in Nepal die Treckingsaison begonnen. Und so wie David aus den USA werden sich auch in diesem Jahr wieder Touristen aus der ganzen Welt auf den Weg ins Hochgebirge machen.

Aditya Baral von der Tourismusbehörde in der Hauptstadt Kathmandu hofft auf möglichst viele Besucher. 2011 hatte sich Nepal ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Eine Million Touristen sollten pro Jahr ins Land gelockt werden. Noch ist die Marke nicht erreicht. Doch Baral sieht darin kein Problem:

"Die Zahlen stimmen uns optimistisch. Im vergangenen Jahr waren wir mit fast 750.000 Touristen der Million sehr nah. Und dieses Jahr werden wir unserem 2011 gesetzten Ziel noch näher kommen."

Kritiker warnen jedoch vor allzu großer Zuversicht. Vor allem Verkehrsanbindung und touristische Infrastruktur ließen in Nepal noch immer zu wünschen übrig, sagt der Wirtschaftsjournalist Prateek Pradhan:
"Wir haben eine unzureichende Verkehrsanbindung, um die Touristen ins Land zu bringen. In Nepal gibt es nur einen internationalen Flughafen. Zudem fehlt es an Hotels. Bei rund 700.000 Touristen im Jahr sind die Kapazitäten schon fast ausgeschöpft."

Tourismusdirektor Baral leugnet die Fakten nicht, macht aber eine Einschränkung:

"Sicherlich haben wir noch nicht die Infrastruktur, die man erwarten kann. Aber die Leute kommen nicht hierher, um wie in Manhatten Urlaub zu machen. Sie wissen, dass Nepal ein armes Land mit Dörfern und kleinen Siedlungen ist. Und sie kommen hierher, um diese Dörfer und die Menschen zu sehen."

Ein Hindernis für die Entwicklung des Tourismus ist die anhaltend instabile politische Lage. Der Journalist Prateek Pradhan beklagt, dass es Nepal nach 2006 nicht geschafft hat, sich als sicheres und friedliches Land zu präsentieren:

Damals endete nach einem Jahrzehnt ein blutiger Bürgerkrieg zwischen Regierung und maoistischen Rebellen. Zwei Jahre später folgten freie Wahlen und die Abschaffung der Monarchie.

Doch seitdem stagniert die Entwicklung in der jungen Republik. Im Parlament gibt es keine klaren Mehrheiten. Eine Regierung nach der anderen scheiterte . Auch die Wirtschaft kommt nicht voran, denn viele ausländische Investoren meiden das Land.

Besucher allerdings bekommen von den politischen Problemen fast nichts mit. David aus den USA hat zwar ein paar kleine Demonstrationen beobachtet. Die gehören für ihn aber zur Demokratie.

Auch Aditya Baral von der Tourismusbehörde sieht die Lage eher pragmatisch:

"Die meisten politischen Parteien haben versichert, den Tourismus nicht zu behindern. Allerdings haben sie auch nichts getan, um ihn zu fördern. Ich denke aber, in der Zukunft werden sie sich der Sache zum Wohle der Bevölkerung annehmen."

Inzwischen ist Bewegung in den starren Politikbetrieb gekommen. Seit Mitte März führt Nepals Oberster Richter ein Übergangskabinett, das so schnell wie möglich Neuwahlen organisieren soll. Wenn es danach eine stabile Regierung in dem Himalaya-Staat geben sollte, würde davon sicherlich auch der Tourismus profitieren.
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