Die Masken der Macht

Von Jochen Stöckmann |
Arno Breker war kein geborener Nazipropagandist, denn gelernt hatte der Bildhauer auch beim damaligen "Erbfeind", in Frankreich. Sein Vorbild hieß Rodin. Und noch 1938, als Breker in Krakau und Warschau im offiziellen Auftrag des NS-Regimes die Schau "Deutsche Plastik der Gegenwart" organisierte, stellte er ganz bewußt akademisch-klassische Arbeiten wie die Skulpturen seines Kollegen Georg Kolbe in den Vordergrund.
Die eigene Produktion hatte der von Hitler hofierte - und finanziell bestens ausgestattete - Betreiber der Bildhauer-Werkstätten GmbH längst in den Dienst der totalitären Propaganda gestellt. Brekers muskulöse Recken krönten den deutschen Pavillon auf der Weltausstellung 1937: In Paris traten seine Geschöpfe als athletische Typen, als massige Schablonen einer "Schönheit", die jede individuelle Regung leugnet, gegen die proletarischen, ebenso monumentalen Propagandaskulpturen des gegenüberliegenden sowjetischen Pavillons an.

Diese starre und schier überwältigende Pose der Macht, des Übermenschen war gefragt, ob als martialische Verkörperung von "Partei" und "Wehrmacht" vor Hitlers Reichskanzlei oder als sogenannte "arische" Idealgestalt vor dem deutschen Pavillon auf der Kunstbiennale in Venedig.

Nach 1945, in der jungen deutschen Demokratie, fand Arno Breker zwar kein neues Selbstverständnis, aber prominente und zahlungskräftige Auftraggeber: Konrad Adenauer und der Versicherungs-Tycoon Gerling, sogar die Kunstsammler Inge und Peter Ludwig waren Brekers Kunden. Um deren Köpfe, um zeitlos veredelte Profile ging es nun.

Wirtschaftswunder-Kanzler Ludwig Erhard, ebenfalls von Breker in Stein gehauen, flocht dazu den zeitgemäßen Lorbeerkranz und schrieb: "Der Wiederaufbau eines Staates bedarf auch der Rückbesinnung auf geistige und kulturelle Werte. Breker, auf der Grundlage christlicher Ethik dem Guten verpflichtet, verteidigt mit seinem Werk die Freiheit und Würde des Menschen in der Gesellschaft."

Mit handwerklich perfekter, an Rodin geschulter, später aber nur noch instrumentalisierter Kunst war Breker der ideale Propaganda- und Reklamebüttel, ein Spezialist für die jeweilige "Ästhetik der Macht". Die gilt es zu demaskieren, nicht einfach noch einmal zur Schau zu stellen.

Bereits Ende der Achtziger, als Klaus Staeck schon einmal polemisch die Frage nach "NS-Kunst im Museum?" aufwarf, hatte der Bildhauer Ulrich Rückriem optimistisch empfohlen, einfach figürliche Skulpturen verschiedener Stilepochen daneben zu stellen. Dann würden die Leute schon selber merken, "wie schlecht der Breker ist". Aber das hatte ja schon bei Ludwig Erhard, dem klugen Kopf, nicht so recht geklappt.