Die Macht der Hedge Fonds
Franz Müntefering hat sie gebrandmarkt. Und Werner G. Seifert gibt dem Vizekanzler Recht: Skrupellose Finanzinvestoren würden sich durchaus wie "Heuschrecken" verhalten. So hatte er sie jedenfalls als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Börse Frankfurt fünf Monate lang - vom Dezember 2004 bis zum Mai 2005 - erlebt und empfunden. Jetzt, mit einem gewissen Abstand, rechnet er mit ihnen ab, unterstützt von einem Freund, dem Wirtschaftsprofessor Hans-Joachim Voth.
Seifert: "Unser Buch richtet sich nicht gegen eine bestimmte Form von Investor, also weder gegen Hedge Fonds, noch andere institutionelle Asset-Manager oder gegen Private-Equity-Companies - ich entschuldige mich an der Stelle für diese ganzen englischen Ausdrücke, sondern gegen Investoren, die sich nicht an Regeln halten."
Und so kritisiert er beispielsweise nicht Stephan Schwarzman und Peter Peterson. Die beiden Gründer der Fonds-Familie Blackstone erwarben jüngst 4,5 Prozent der Aktien der Deutsche Telekom aus der Hand des Bundes. Sie wären langfristig interessiert, versicherten sie, und wollen ihren Anteil mindestens zwei Jahre zu halten.
"Das ist eine hochrentable Private-Equity-Company. Wie ich den Zeitungen entnommen habe, sind alle ganz optimistisch, dass dies der Telekom nützt."
Solche Aktionäre glaubte auch er zu haben. Mit ihrem Segen hatte er aus der regionalen Frankfurter Wertpapierbörse ein profitables, internationales Unternehmen entwickelt. Seine Geschäftsstrategie zielte auf einen kostengünstigen, grenzüberschreitenden Wertpapierhandel. Erst bot er dazu die wichtigen Dienstleistungen aus einer Hand an, allen voran eine elektronische Plattform. Als nächstes plante er, die Deutsche mit anderen großen europäischen Börsen zu fusionieren. Doch plötzlich kaufte sich The Children’s Investment Fund ein. Und mit ihm kam dessen Manager Chris Hohn – durch die Hintertür, wie Werner G. Seifert moniert.
"Entweder sind sie ein Minderheitsaktionär. Und wenn sie dann nicht einverstanden sind mit dem Kurs, den das Unternehmen nimmt, dann verkaufen sie eben ihre Aktien. Oder aber sie wollen das Unternehmen in seinem künftigen Kurs bestimmen, dann müssen sie die Mehrheit erwerben und den anderen Aktionären eine so genannte Kontrollprämie bezahlen."
Chris Hohn aber blieb und opponierte. Mit Werner G. Seifert und seinem Aufsichtsratsvorsitzenden Rolf Breuer stritt er über die Offerte der Deutschen Börse, die London Stock Exchange zu kaufen. Und letztlich verhinderte er den Deal. Obschon er nur etwa 8 Prozent des Aktienkapitals selbst besaß, gelang es ihm, rund 30 Prozent zu steuern, weil er andere Investoren aus der Londoner City auf seine Seite zog.
"Diese Gruppe von Aktionären, die die Deutsche Börse in die heutige Situation gebracht hat, hatte nie die Kapitalmehrheit, aber wahrscheinlich die Hauptversammlungsmehrheit."
… weil die wenigsten Aktionäre sich auf Hauptversammlungen vertreten lassen und so jenen freie Bahn geben, die sich selbst als Rebellen ansehen. Zum "Heuschrecken-Schwarm" macht diese Finanzinvestoren ihre Methode. Und diese schildert Werner G. Seifert. Danach interessieren sie sich lediglich für Barmittel und Vermögen eines Unternehmens. Sie kaufen sich auf die Schnelle ein, begehren aggressiv Einfluss auf die Geschäftspolitik, durchkreuzen langfristige Pläne, um stattdessen Aktienrückkäufe und hohe Ausschüttungen zu verlangen. Und so geschah es auch bei der Deutschen Börse.
"Generell lässt sich eine Kette solcher Vorfälle in der Wirtschaftsgeschichte nachweisen, wo Unternehmen um ein gutes Stück ihrer Zukunftsfähigkeit gebracht worden sind, weil diese Investoren die Kassen ausgeräumt haben."
Ob nun auch die Zukunft der Deutschen Börse gefährdet sei, dazu mag er sich als ehemaliger Vorstandsvorsitzender nicht äußern. Wohl aber unterstellt er den abkassierenden Investoren einen handfesten Interessenkonflikt. Sie glaubten, durch eine Fusion der Plätze Frankfurt und London unter dem Strich Geld zu verlieren, weil sie zeitgleich an mehreren europäischen Börsen beteiligt waren.
"… wäre übrigens auch in Amerika nicht möglich. Dort würde eine Pflicht zur Veröffentlichung dieser Transaktionen, dieser Investitionen bestehen. Und die anderen Aktionäre könnten sich darauf einrichten."
In Amerika wissen sich Firmen mittlerweile gegen feindliche Investoren zu schützen. Werner G. Seifert lehnt solche Abwehraktionen ab. Es schade nur, wenn die Geschäftsleitung vorsorglich den Unternehmenswert manipuliere oder einen harten Kern langfristig denkender Aktionäre um sich schare.
"Das hatten wir mal. Wir hatten zwar damals kein Heuschreckenproblem, aber wir hatten diese Verschachtelung der deutschen Wirtschaft, auch bekannt unter dem Stichwort der Deutschland AG. Und das war nicht gut für die Unternehmen."
Seine Empfehlung an den Gesetzgeber wäre vielmehr eine behutsame Regulierung, welche Transparenz herstellt.
"Es kann nicht angehen, dass die eine Klasse von Investoren ihre Transaktionen dem Markt bekannt geben muss, und die andere nicht. Das zweite ist, dass diese Investoren sich den Unternehmen zuerkennen geben sollten, damit die Unternehmen mit diesen Investoren einen vernünftigen Dialog aufnehmen können. Die dritte Forderung ist, wenn sie so wollen, dass die Diskussion mit dem Unternehmen in der Hauptversammlung ausgetragen wird. Dort hat sie der Gesetzgeber auch vorgesehen."
Werner G. Seifert hat um angelsächsische Anleger geworben, als die Deutsche Börse selbst zur Aktie wurde. Nicht gerechnet hat er mit den unfairen Methoden einer neuen Generation von Fondsmanagern. So scheiterte er nach Jahren des Erfolges an Intrigen und Machtkämpfen von nur fünf Monaten. Darüber schreibt er spannend, aber auch überzeugt - von sich und seinem Börsenkonzept.
Werner G. Seifert und Hans-Joachim Voth: Invasion der Heuschrecken – Intrigen – Machtkämpfe – Marktmanipulation
Wie Hedge Fonds die Deutschland AG attackieren
Econ-Verlag 2006
Und so kritisiert er beispielsweise nicht Stephan Schwarzman und Peter Peterson. Die beiden Gründer der Fonds-Familie Blackstone erwarben jüngst 4,5 Prozent der Aktien der Deutsche Telekom aus der Hand des Bundes. Sie wären langfristig interessiert, versicherten sie, und wollen ihren Anteil mindestens zwei Jahre zu halten.
"Das ist eine hochrentable Private-Equity-Company. Wie ich den Zeitungen entnommen habe, sind alle ganz optimistisch, dass dies der Telekom nützt."
Solche Aktionäre glaubte auch er zu haben. Mit ihrem Segen hatte er aus der regionalen Frankfurter Wertpapierbörse ein profitables, internationales Unternehmen entwickelt. Seine Geschäftsstrategie zielte auf einen kostengünstigen, grenzüberschreitenden Wertpapierhandel. Erst bot er dazu die wichtigen Dienstleistungen aus einer Hand an, allen voran eine elektronische Plattform. Als nächstes plante er, die Deutsche mit anderen großen europäischen Börsen zu fusionieren. Doch plötzlich kaufte sich The Children’s Investment Fund ein. Und mit ihm kam dessen Manager Chris Hohn – durch die Hintertür, wie Werner G. Seifert moniert.
"Entweder sind sie ein Minderheitsaktionär. Und wenn sie dann nicht einverstanden sind mit dem Kurs, den das Unternehmen nimmt, dann verkaufen sie eben ihre Aktien. Oder aber sie wollen das Unternehmen in seinem künftigen Kurs bestimmen, dann müssen sie die Mehrheit erwerben und den anderen Aktionären eine so genannte Kontrollprämie bezahlen."
Chris Hohn aber blieb und opponierte. Mit Werner G. Seifert und seinem Aufsichtsratsvorsitzenden Rolf Breuer stritt er über die Offerte der Deutschen Börse, die London Stock Exchange zu kaufen. Und letztlich verhinderte er den Deal. Obschon er nur etwa 8 Prozent des Aktienkapitals selbst besaß, gelang es ihm, rund 30 Prozent zu steuern, weil er andere Investoren aus der Londoner City auf seine Seite zog.
"Diese Gruppe von Aktionären, die die Deutsche Börse in die heutige Situation gebracht hat, hatte nie die Kapitalmehrheit, aber wahrscheinlich die Hauptversammlungsmehrheit."
… weil die wenigsten Aktionäre sich auf Hauptversammlungen vertreten lassen und so jenen freie Bahn geben, die sich selbst als Rebellen ansehen. Zum "Heuschrecken-Schwarm" macht diese Finanzinvestoren ihre Methode. Und diese schildert Werner G. Seifert. Danach interessieren sie sich lediglich für Barmittel und Vermögen eines Unternehmens. Sie kaufen sich auf die Schnelle ein, begehren aggressiv Einfluss auf die Geschäftspolitik, durchkreuzen langfristige Pläne, um stattdessen Aktienrückkäufe und hohe Ausschüttungen zu verlangen. Und so geschah es auch bei der Deutschen Börse.
"Generell lässt sich eine Kette solcher Vorfälle in der Wirtschaftsgeschichte nachweisen, wo Unternehmen um ein gutes Stück ihrer Zukunftsfähigkeit gebracht worden sind, weil diese Investoren die Kassen ausgeräumt haben."
Ob nun auch die Zukunft der Deutschen Börse gefährdet sei, dazu mag er sich als ehemaliger Vorstandsvorsitzender nicht äußern. Wohl aber unterstellt er den abkassierenden Investoren einen handfesten Interessenkonflikt. Sie glaubten, durch eine Fusion der Plätze Frankfurt und London unter dem Strich Geld zu verlieren, weil sie zeitgleich an mehreren europäischen Börsen beteiligt waren.
"… wäre übrigens auch in Amerika nicht möglich. Dort würde eine Pflicht zur Veröffentlichung dieser Transaktionen, dieser Investitionen bestehen. Und die anderen Aktionäre könnten sich darauf einrichten."
In Amerika wissen sich Firmen mittlerweile gegen feindliche Investoren zu schützen. Werner G. Seifert lehnt solche Abwehraktionen ab. Es schade nur, wenn die Geschäftsleitung vorsorglich den Unternehmenswert manipuliere oder einen harten Kern langfristig denkender Aktionäre um sich schare.
"Das hatten wir mal. Wir hatten zwar damals kein Heuschreckenproblem, aber wir hatten diese Verschachtelung der deutschen Wirtschaft, auch bekannt unter dem Stichwort der Deutschland AG. Und das war nicht gut für die Unternehmen."
Seine Empfehlung an den Gesetzgeber wäre vielmehr eine behutsame Regulierung, welche Transparenz herstellt.
"Es kann nicht angehen, dass die eine Klasse von Investoren ihre Transaktionen dem Markt bekannt geben muss, und die andere nicht. Das zweite ist, dass diese Investoren sich den Unternehmen zuerkennen geben sollten, damit die Unternehmen mit diesen Investoren einen vernünftigen Dialog aufnehmen können. Die dritte Forderung ist, wenn sie so wollen, dass die Diskussion mit dem Unternehmen in der Hauptversammlung ausgetragen wird. Dort hat sie der Gesetzgeber auch vorgesehen."
Werner G. Seifert hat um angelsächsische Anleger geworben, als die Deutsche Börse selbst zur Aktie wurde. Nicht gerechnet hat er mit den unfairen Methoden einer neuen Generation von Fondsmanagern. So scheiterte er nach Jahren des Erfolges an Intrigen und Machtkämpfen von nur fünf Monaten. Darüber schreibt er spannend, aber auch überzeugt - von sich und seinem Börsenkonzept.
Werner G. Seifert und Hans-Joachim Voth: Invasion der Heuschrecken – Intrigen – Machtkämpfe – Marktmanipulation
Wie Hedge Fonds die Deutschland AG attackieren
Econ-Verlag 2006