Die Macht der FIFA

Von Stephan Detjen |
Selbst der Kaiser ist pikiert: Die Leute von der Fifa hätten einen "unguten Ton drauf", mokiert sich Franz Beckenbauer über das Machtgebaren des Weltfußballverbandes. Nicht nur die zwölf deutschen WM-Stadien, sondern weit darüber hinausreichende Teile des öffentlichen Raums der Städte sind seit dieser Woche, in der sie das Hausrecht in den Stadien übernahm, ganz offizielles FIFA-Herrschaftsgebiet.
Den Kampf um alles, was in und um die Stadien als Werbefläche verstanden werden könnte, führt die FIFA mit militärischer Präzision. Mit juristischer Rückendeckung einer speziellen Anwalts Task Force durchkämmen Kontrolleure der FIFA die WM-Austragungsorte nach allem, was in der Sprache der FIFA-Juristen "feindliche Zeichen" genannt wird. Stephanie Jungheim, Rechtswissenschaftlerin an der Universität Erlangen, hat mit Erstaunen verfolgt, wo überall die FIFA fündig wurde:

"Es fing damit an, dass man in der AOL-Arena feststellte, dass bei den Toilettenbecken ein Herstellername aufgedruckt ist, und da der Hersteller dieser Toilettenbecken natürlich kein FIFA-Sponsor ist, hat man gesagt, diese Namen müssen alle abgeklebt werden. Das ging noch weiter, man überlegte kurzfristig sogar, ob man den Fans, die die Stadien besuchen, untersagt, in den Trikots ihrer Clubmannschaften zu erscheinen, weil ja dort fremde Sponsoren aufgetaucht wären."

"Was die FIFA macht, ist ein klarer, monopolistischer Vorstoß. Das kann so nicht weitergehen" empört sich auch Karheinz Rummenigge, in seinem eigenen Stadion entmachteter Boss des FC Bayern. Die großen Werbelettern, die bis vor kurzem an der Münchner Arena prangten, wurden vor der WM ab- und als Kunstobjekte auf dem Haus der Kunst im Stadtzentrum wieder anmontiert.

Die FIFA dehnt das Herrschaftsgebiet ihrer Markenmacht indessen weit über die Stadien selbst aus. Auch aus so genannten Controlled Areas, kontrollierten Zonen im Umkreis der Stadien, sollen auf Druck der FIFA alle "feindlichen Zeichen" verschwinden. Werbung und Handel auf öffentlichen Straßen in Stadionnähe nur noch für FIFA-Sponsoren. Stephanie Jungheim wundert sich, denn eine Rechtsgrundlage für die Einrichtung solcher Sonderzonen zugunsten der FIFA konnten der Rechtswissenschaftlerin nicht einmal Vertreter der betroffenen Stadtverwaltungen nennen.

"Dieser Bereich ist auf einseitigem Akt der FIFA zu dieser Zone erklärt worden. Also, es gibt keinen Vertrag jetzt, worauf die sich nun berufen können, dass dieser Bereich drumherum werbefrei zu sein hat."

Betroffen sind auch Städte ohne WM-Stadien: Angebote von großen Energieversorgern oder Autoherstellern, auf den Markplätzen Großleinwände mitzufinanzieren, müssen ausgeschlagen werden, weil der Stromriese EnBW und der südkoreanische Autokonzern Hyundai zu den Hauptsponsoren der FIFA gehören. Deren Macht aber – meint die Rechtswissenschaftlerin Jungheim – ist alles andere als ein Naturgesetz des Weltfußballs:

"Die FIFA hat so viel Macht wie ihr gegeben wird. In dem Moment, in dem die jeweiligen Regierungen natürlich sehr kooperativ sind und auch bereit sind, bestimmte Vorgaben der Rechtsordnung großzügig auszulegen oder enger auszulegen zugunsten der FIFA, in dem Maße hat sie natürlich die Macht."