"Die Leute haben irrsinnig viel Lust, endlich mal über Geld zu reden"
Keine Kundenberatung, kein Vertrieb, kaum Werbung: Die Bank Fidor stützt sich auf ihre Netz-Community, von der alle möglichen Fragen zu Geldthemen beantwortet werden. Matthias Kröner, Gründer und Vorstandssprecher der Mitmach-Bank, hält das für die bessere Dienstleistung.
Ute Welty: Seine Bank ist nicht 08-15, seine Bank macht nicht das mit den Fähnchen, bestellt keinen Kuchen und behandelt die Kunden auch nicht wie hart gekochte Eier. Die Bank von Matthias Kröner heißt Fidor und ist eine Mitmach-Bank, die erste ihrer Art. Die Kunden beraten sich nämlich gegenseitig über so ziemlich alle Möglichkeiten des Web 2.0. Guten Morgen, Herr Kröner!
Matthias Kröner: Guten Morgen, Frau Welty.
Welty: Wie erklären Sie denn Ihren Kunden, dass Sie eine "faule Socke" sind?
Kröner: Ja, ich denke, den Kunden ist es ganz recht, wenn der Banker mal etwas fauler ist, als dass der Banker zu aktiv wird und der Kunde da nicht die Kontrolle drüber hat.
Welty: Aber Sie geben ja schon einen Teil des Beratungsgeschäftes ab in diesem Zusammenhang?
Kröner: Ja, nicht nur einen Teil, sondern ganz konsequent 100 Prozent. Wir beraten überhaupt nicht. Wir haben auch in Konsequenz dessen keinen Vertrieb. Also man muss bei der Fidor Bank nicht die Angst haben, dass man irgendeiner Produktempfehlung aufsitzt, die dann keine ist. Die Kunden, so wie Sie es ja angedeutet haben, beraten sich selber, die Kunden geben sich selbst die Hilfestellung in unserer Community, die Kunden haben dabei auch die Möglichkeit, ihren eigenen Fokus zu setzen. Es erfolgt dementsprechend wirklich so, wie Sie sagen, im Rahmen einer Mitmach-Bank nach den Schwerpunkten, die die Kunden setzen.
Welty: Was macht Sie so sicher, dass mehr Leute tatsächlich mehr wissen?
Kröner: Ja, was macht uns sicher, dass weniger Leute mehr wissen? Wir sehen ja auch in der gegenwärtigen Krise, dass wir offensichtlich bei den Bereichen, die uns mit einer Beratung teuer verkauft wurden, nicht wirklich gut damit gefahren sind beziehungsweise auch keine Garantie besteht, dass wir damit gut fahren.
Was macht mich sicher, dass wir in einer öffentlichen Diskussion besser laufen? Ich bin deswegen sicher, weil die Diskussion, die öffentlich nachlesbar ist, immer die bessere Diskussion ist, weil jemand dann darauf noch mal respondieren kann beziehungsweise dann noch mal einen Kommentar geben kann und so Meinungen immer drittvalidiert sind, und das ist in normalen Beratungsgesprächen Ihrer Filialbank beziehungsweise womöglich auch bei Ihrem Vertrieb zu Hause nicht der Fall.
Welty Und wie umgehen Sie die tief deutsche Überzeugung, dass man über Geld nicht spricht?
Kröner: Die übergehen wir ja gar nicht, die umgehen wir auch gar nicht, sondern letzten Endes müssen die Kunden damit umgehen und wir sehen ja, dass in den ersten 24 Monaten oder bis heute über 7.000 Fragen in der Community gestellt wurden. Wir sehen, dass diese Fragen im Schnitt sechsmal von den Nutzern beantwortet wurden, also über 40.000 Antworten gegeben wurden. Die Leute haben irrsinnig viel Lust, endlich mal über Geld zu reden.
Wir sehen ja auf der anderen Seite auch, dass wir einen finanziellen Analphabetismus herangezogen haben in den letzten 40, 50 Jahren. Wir haben Dienstleister im Finanzbereich, die den Leuten keine Lust mehr machen auf Geldthemen. Derweil sind Geldthemen wirklich enorm wichtig und ich kann jedem nur raten: Reden Sie über Ihr Geld, weil wenn Sie es nicht machen, macht es jemand anders und das geht nicht so aus, wie Sie sich das vorstellen.
Welty: Beim Aufbau Ihres Bankensystems, hat es da geholfen, dass Sie ursprünglich aus dem Hotelfach kommen, bevor Sie sich mit Betriebswirtschaft und Banking beschäftigt haben?
Kröner: Auf jeden Fall. Ich denke, auf jeden Fall. Wir haben ja in unserer Branchenbezeichnung immer noch den Begriff "Dienstleistung", wir gehören ja der Finanzdienstleistungsbranche an, und ich denke, ein Teil der Unzufriedenheit der Bürger draußen im Lande mit den Banken liegt darin begründet, dass die Banken oder Versicherungen eigentlich diesen Dienstleistungsaspekt komplett vernachlässigen. Der Dienstleistungsaspekt wirkt sich so aus, dass sie sehr kundenzentriert denken, sie denken darüber nach, wie kommt der Kunde zu mir, und wenn der Kunde schon mal bei mir ist, wie kann ich ihn eigentlich, wie die Kollegen in Österreich dann immer sagen, am besten servicieren. Und wenn dieser Gedanke eigentlich vordergründig ist, das Hauptmotiv ist, dann, denke ich, entsteht immer eine bessere Dienstleistung, egal in welcher Branche sie dann sind.
Welty: Ihre Idee sorgt für Schlagzeilen, aber nicht unbedingt für Gewinne. So weist der letzte Finanzbericht einen Konzernfehlbetrag von etwa 2,2 Millionen Euro aus. Wäre es an der Zeit, einmal Ihre Kunden zu befragen?
Kröner: Wir befragen unsere Kunden laufend. Wir haben auch regelmäßig Meetings mit unseren Heavy-Usern oder mit unseren wirklich Hardcore-Usern in der Community, die von uns dann befragt werden und die wir dann fragen und wo wir sagen, was kann man denn besser machen, und dann ist in der Regel eigentlich immer die Antwort: Na ja, das wisst ihr ja eh schon, das steht ja eh in der Community drin. Also da ist laufend Dialog da. Diese Community dient auch dazu, die Bank zu entwickeln. Auch das ist komplett anders im Vergleich zu anderen Systemen.
Darüber hinaus, um auf die Zahlen noch mal zurückzukommen, ist es so, dass Sie eigentlich ein Bankkonzept in der Regel nicht von heute auf morgen mit Gewinn aus dem Boden stampfen. Das klappt nicht. Ich denke, dass wir zum Beispiel im Vergleich zu anderen Bankkonzepten doch deutlich kostengünstiger im Aufbau sind. Wir haben zum Beispiel, wenn ich das so sagen darf, als Konsequenz dieses Konzeptes in den ersten zwei Jahren ungefähr 75.000 Registrierungen in unserer Bank begrüßen dürfen. Wir liegen aktuell bei über 100.000, so wachsen wir, und wir haben in den externen Kommunikationsmedien weniger als 100.000 Euro in den ersten zwei Jahren ausgegeben. Sie sehen also, dass man mit einem derartigen Ansatz nicht viel Geld in der Werbung ausgeben muss, und das allein ist ja schon mal ein "proof of concept", wie wir neudeutsch sagen.
Welty: Keinen Euro in die Werbung, sondern alles in die Bank. Matthias Kröner hat die Bank 2.0 erfunden und ich danke dafür und für dieses Gespräch.
Kröner: Ich danke Ihnen sehr. Danke!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Matthias Kröner: Guten Morgen, Frau Welty.
Welty: Wie erklären Sie denn Ihren Kunden, dass Sie eine "faule Socke" sind?
Kröner: Ja, ich denke, den Kunden ist es ganz recht, wenn der Banker mal etwas fauler ist, als dass der Banker zu aktiv wird und der Kunde da nicht die Kontrolle drüber hat.
Welty: Aber Sie geben ja schon einen Teil des Beratungsgeschäftes ab in diesem Zusammenhang?
Kröner: Ja, nicht nur einen Teil, sondern ganz konsequent 100 Prozent. Wir beraten überhaupt nicht. Wir haben auch in Konsequenz dessen keinen Vertrieb. Also man muss bei der Fidor Bank nicht die Angst haben, dass man irgendeiner Produktempfehlung aufsitzt, die dann keine ist. Die Kunden, so wie Sie es ja angedeutet haben, beraten sich selber, die Kunden geben sich selbst die Hilfestellung in unserer Community, die Kunden haben dabei auch die Möglichkeit, ihren eigenen Fokus zu setzen. Es erfolgt dementsprechend wirklich so, wie Sie sagen, im Rahmen einer Mitmach-Bank nach den Schwerpunkten, die die Kunden setzen.
Welty: Was macht Sie so sicher, dass mehr Leute tatsächlich mehr wissen?
Kröner: Ja, was macht uns sicher, dass weniger Leute mehr wissen? Wir sehen ja auch in der gegenwärtigen Krise, dass wir offensichtlich bei den Bereichen, die uns mit einer Beratung teuer verkauft wurden, nicht wirklich gut damit gefahren sind beziehungsweise auch keine Garantie besteht, dass wir damit gut fahren.
Was macht mich sicher, dass wir in einer öffentlichen Diskussion besser laufen? Ich bin deswegen sicher, weil die Diskussion, die öffentlich nachlesbar ist, immer die bessere Diskussion ist, weil jemand dann darauf noch mal respondieren kann beziehungsweise dann noch mal einen Kommentar geben kann und so Meinungen immer drittvalidiert sind, und das ist in normalen Beratungsgesprächen Ihrer Filialbank beziehungsweise womöglich auch bei Ihrem Vertrieb zu Hause nicht der Fall.
Welty Und wie umgehen Sie die tief deutsche Überzeugung, dass man über Geld nicht spricht?
Kröner: Die übergehen wir ja gar nicht, die umgehen wir auch gar nicht, sondern letzten Endes müssen die Kunden damit umgehen und wir sehen ja, dass in den ersten 24 Monaten oder bis heute über 7.000 Fragen in der Community gestellt wurden. Wir sehen, dass diese Fragen im Schnitt sechsmal von den Nutzern beantwortet wurden, also über 40.000 Antworten gegeben wurden. Die Leute haben irrsinnig viel Lust, endlich mal über Geld zu reden.
Wir sehen ja auf der anderen Seite auch, dass wir einen finanziellen Analphabetismus herangezogen haben in den letzten 40, 50 Jahren. Wir haben Dienstleister im Finanzbereich, die den Leuten keine Lust mehr machen auf Geldthemen. Derweil sind Geldthemen wirklich enorm wichtig und ich kann jedem nur raten: Reden Sie über Ihr Geld, weil wenn Sie es nicht machen, macht es jemand anders und das geht nicht so aus, wie Sie sich das vorstellen.
Welty: Beim Aufbau Ihres Bankensystems, hat es da geholfen, dass Sie ursprünglich aus dem Hotelfach kommen, bevor Sie sich mit Betriebswirtschaft und Banking beschäftigt haben?
Kröner: Auf jeden Fall. Ich denke, auf jeden Fall. Wir haben ja in unserer Branchenbezeichnung immer noch den Begriff "Dienstleistung", wir gehören ja der Finanzdienstleistungsbranche an, und ich denke, ein Teil der Unzufriedenheit der Bürger draußen im Lande mit den Banken liegt darin begründet, dass die Banken oder Versicherungen eigentlich diesen Dienstleistungsaspekt komplett vernachlässigen. Der Dienstleistungsaspekt wirkt sich so aus, dass sie sehr kundenzentriert denken, sie denken darüber nach, wie kommt der Kunde zu mir, und wenn der Kunde schon mal bei mir ist, wie kann ich ihn eigentlich, wie die Kollegen in Österreich dann immer sagen, am besten servicieren. Und wenn dieser Gedanke eigentlich vordergründig ist, das Hauptmotiv ist, dann, denke ich, entsteht immer eine bessere Dienstleistung, egal in welcher Branche sie dann sind.
Welty: Ihre Idee sorgt für Schlagzeilen, aber nicht unbedingt für Gewinne. So weist der letzte Finanzbericht einen Konzernfehlbetrag von etwa 2,2 Millionen Euro aus. Wäre es an der Zeit, einmal Ihre Kunden zu befragen?
Kröner: Wir befragen unsere Kunden laufend. Wir haben auch regelmäßig Meetings mit unseren Heavy-Usern oder mit unseren wirklich Hardcore-Usern in der Community, die von uns dann befragt werden und die wir dann fragen und wo wir sagen, was kann man denn besser machen, und dann ist in der Regel eigentlich immer die Antwort: Na ja, das wisst ihr ja eh schon, das steht ja eh in der Community drin. Also da ist laufend Dialog da. Diese Community dient auch dazu, die Bank zu entwickeln. Auch das ist komplett anders im Vergleich zu anderen Systemen.
Darüber hinaus, um auf die Zahlen noch mal zurückzukommen, ist es so, dass Sie eigentlich ein Bankkonzept in der Regel nicht von heute auf morgen mit Gewinn aus dem Boden stampfen. Das klappt nicht. Ich denke, dass wir zum Beispiel im Vergleich zu anderen Bankkonzepten doch deutlich kostengünstiger im Aufbau sind. Wir haben zum Beispiel, wenn ich das so sagen darf, als Konsequenz dieses Konzeptes in den ersten zwei Jahren ungefähr 75.000 Registrierungen in unserer Bank begrüßen dürfen. Wir liegen aktuell bei über 100.000, so wachsen wir, und wir haben in den externen Kommunikationsmedien weniger als 100.000 Euro in den ersten zwei Jahren ausgegeben. Sie sehen also, dass man mit einem derartigen Ansatz nicht viel Geld in der Werbung ausgeben muss, und das allein ist ja schon mal ein "proof of concept", wie wir neudeutsch sagen.
Welty: Keinen Euro in die Werbung, sondern alles in die Bank. Matthias Kröner hat die Bank 2.0 erfunden und ich danke dafür und für dieses Gespräch.
Kröner: Ich danke Ihnen sehr. Danke!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.