Die Letzten ihrer Art

25.07.2011
Äthiopische Wölfe, Amazonasdelfine oder Lemuren aus Madagaskar: Dieser Bildband porträtiert 34 Tierarten, die vom Aussterben bedroht sind. Simple Tierschutz-Romantik liegt den Autoren fern. Sattdessen erklären sie, wie man sich praktisch einmischen kann.
"Wenn ihr glaubt, ihr seid zu schwach, um etwas zu verändern, dann versucht einmal, euer Schlafzimmer mit einer Stechmücke zu teilen." Das Zitat der Schauspielerin Betty Reese ist einem neuen Bildband aus dem Knesebeck Verlag vorangestellt, der in Dschungel, Wüsten und Hochgebirge entführt zu den letzten Tieren ihrer Art. "Bedrohte Tiere - für Kinder erzählt" heißt das Buch und seine Botschaft lautet schlicht: Hindert die Welt am Einschlafen, während die Tiere aussterben; seid laut, macht euch bemerkbar, stecht zu wie ein Moskito.

Eine große "Weltkarte der bedrohten Tierarten" am Beginn des Buches zeigt auf einen Blick, welche Tiere als Fürsprecher ihrer Kontinente in den Bildband Eingang fanden.
Rotweißes Fell, schmale Schnauze, hohe Beine - so streift der äthiopische Wolf durch die Hochgebirge seiner Heimat. Der einzige Wolf Afrikas ist eine von 34 Tierarten, deren Lebensweise Sandrine Silhol und Gaëlle Guérive beschreiben. Obgleich der äthiopische Wolf wie seine eurasischen Verwandten im Rudel lebt, jagt er am liebsten allein. Weil Haushunde eine Tollwut-Epidemie übertrugen, gibt es heute nur noch rund 500 frei lebende Exemplare.

Neben bekannten Arten wie Blauwal und Gorilla stellen die Autorinnen auf je zwei Doppelseiten mit Farbfotos, Infokästen und Grafiken auch exotische Geschöpfe vor. Der "Schwarzweiße Vari", eine Lemurenart Madagaskars, hängt gern kopfunter an Bäumen, um Früchte zu verspeisen. Mit feinen Härchen an der Schnauze kann sich der Amazonasdelfin auch in schlammigen Gewässern orientieren. Der Sägerochen tummelt sich in Salz- wie Süßwasser. Ist ihm genügend Lebenszeit vergönnt, erreicht der Fisch gut sieben Meter Körperlänge.

Doch Lebenszeit ist Mangelware für bedrohte Tierarten. Die Autorinnen machen keinen Hehl daraus, dass der Schutz der biologischen Vielfalt ein schwieriges und komplexes Unterfangen darstellt. Simple Tierschutz-Romantik liegt ihnen fern. Spürbar an ihrem Thema interessiert, erweitern sie jedes Tierarten-Porträt mit wenigen Federstrichen um vielschichtige Zusammenhänge. Dem Takin, einer Ziegenart mit Bison-Körper, Elchsnase und Stummelschwanz, setzt eben nicht nur die Jagd zu. Die bewaldeten Hänge seiner Heimat im Himalaya verwandeln sich in Mondlandschaften, weil große Firmen dort Metalle schürfen. Ganz richtig erklären die Autorinnen, dass die Menschen vor Ort die Kontrolle über ihre Bodenschätze zurückerobern müssen, nur dann haben auch wilde Tiere eine Chance. An anderen Stellen ist die Rede von Bleivergiftungen durch Schrot-Munition, der fatalen Ansiedlung von Arten in Landschaften, wo sie nicht hingehören, und Tropenhölzern, die bei uns als Gartenmöbel enden.

In Infokästen, aber auch im fortlaufenden Text geben die Autorinnen zahlreiche Tipps, wie sogar Kinder sich in den Lauf der Welt einmischen können: Menschenrechte achten, Fahrrad fahren, Gemüse statt Fleisch auf den Teller laden. Das ist nicht unbedingt neu, aber ansteckend gut geschrieben - denn Stechmücken werden dringend gebraucht.

Besprochen von Susanne Billig

Sandrine Silhol, Gaëlle Guérive: Bedrohte Tiere - für Kinder erzählt
Aus dem Französischen von Werner Damson
Knesebeck Verlag
157 Seiten, 19,95 Euro