Die korrupte politische Oberschicht in Frankreich

25.05.2011
Das ist der Thriller zur Affäre Strauss-Kahn: Dominique Manottis "Roter Glamour" wirft einen bösen Blick auf das Verhältnis von Politik, Sex und Medien in Frankreich – allerdings im Spiegel historischer Ereignisse.
Der Roman der französischen Autorin spielt in den 80er-Jahren in Paris. Eine junge Frau wird ermordet in einem Neubau-Viertel gefunden, und die Ermittlungen führen die Polizei auf die Spur von Francois Bornard, dem Chef eines kleinen Anti-Terror-Stabs Mitterands, jenseits der offiziellen Polizeistrukturen. Der enge Mitarbeiter des Präsidenten ist aber auch Initiator eines Waffenhandels mit dem Iran, der damals bereits mit einem internationalen Embargo belegt war. Der Absturz eines Flugzeugs mit einer hochbrisanten Lieferung droht Bornard auffliegen zu lassen – und er will die Berichterstattung darüber verhindern. Zur Wahrung seiner Interessen setzt er alle Mittel ein, und seine Untergebenen schrecken auch mal Mord nicht zurück ...

Nicht nur der Titel passt perfekt zur Geschichte von Strauss-Kahn. Das Frankreich, von dem Dominique Manotti in "Roter Glamour" erzählt, ist ein Land, in dem die Politik sich ihre eigenen Polizeistrukturen schafft und sie für illegale Machenschaften nutzt, in dem sie die Presse für ihre Intrigen nutzt und die öffentliche Meinung manipuliert. Ein Frankreich, in dem Männer, die auf durchaus dubiose Art und Weise zu Geld, Besitz und Einfluss gekommen sind, sich alles erlauben zu können meinen, in dem Frauen als Dreingabe bei Deals zwischen Politikern und Industriellen gehandelt werden – und in dem Journalisten zu Komplizen für die Machenschaften der Politiker werden: Dass diese selbstverständliche Mischung von Macht, Geld, Sex und Presse nicht nur eine literarische Fiktion ist, mussten wir in den vergangenen Wochen am Fall des ehemaligen IWF-Chefs lernen.

Dominique Manotti ist von Hause aus Historikerin mit einem Schwerpunkt auf neuzeitlicher Wirtschaftsgeschichte. Aber sie hat auch politisch gearbeitet, unter anderem einige Jahre als Generalsekretärin der sozialistischen Gewerkschaft CFDT. Ihre Enttäuschung über die Mitterand-Politik in den 80er-Jahren veranlasste sie, ihr politisches Engagement für die Arbeit als Schriftstellerin einzutauschen. Da war sie bereits über 50. Inzwischen hat sie sieben hoch gelobte Romane veröffentlicht, von denen mittlerweile zwei ins Deutsche übersetzt wurden.

Manotti schreibt nüchtern, journalistisch, sie vermittelt nur die notwendigen Informationen. Es gibt keine Schnörkel, keine schmückenden Adjektive, Manotti setzt auf kurze, knappe Sätze, mit Beschreibungen hält sie sich nicht länger auf als nötig. Das bewirkt eine gewisse Sprödigkeit, die aber aufgewogen wird durch die Dichte der Handlung, durch ihre knappen Dialoge, durch eine Fülle von Handlungssträngen und Protagonisten, die eng und temporeich miteinander verbunden werden – und so entsteht am Ende ein umso eindrücklicheres Bild einer selbstgewiss korrupt handelnden französischen politischen Oberschicht – ohne Angst vor der Entdeckung. Kommentieren muss sie das nicht. Die Geschichte selbst ist umso eindrücklicher.

Besprochen von Andrea Fischer

Dominique Manotti: Roter Glamour
ariadne, Hamburg 2011
246 Seiten, 12,90 Euro

Links bei dradio.de:
"Kein isolierter Fall" - Interview mit Dominique Manotti zur "Affaire DSK"
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