Die Israelis vor den Parlamentswahlen

Von Igal Avidan |
Am Ende des ruhigsten Wahlkampfes seit Jahren - von einigen extremen Vorfällen abgesehen - wählen am Dienstag viereinhalb Millionen Israelis ein neues Parlament, die Knesset. Zum ersten Mal in der Geschichte führt eine neue Partei in allen Umfragen und wird höchstwahrscheinlich die kommende Regierung bilden.
Erst im vergangenen November verließ Premierminister Ariel Scharon den rechtsnationalen Likud und gründete die gemäßigte rechte Partei "Kadima", auf Hebräisch "Vorwärts". Auch nach dem politischen Ableben Scharons und unter seinem Nachfolger Ehud Olmert bleibt "Kadima" mit Abstand stärkste politische Kraft, obwohl Olmert weitere Räumungen jüdischer Siedlungen im Westjordanland angekündigt hat.

Der neue und erste orientalische Vorsitzende der Arbeitspartei, Amir Peretz, schreckt mit seinen sozial-demokratischen Parolen viele europäischstämmige und bürgerliche Wähler ab.

Der Likud unter Ex-Finanzminister Benjamin Netanjahu wird für die Kürzung der Sozialleistungen und den eher symbolischen Widerstand gegen die Räumung des Gazastreifens bestraft. Kein Wunder, dass die beiden rechtsextremen Parteien ihre Macht um 50 Prozent erhöhen könnten, auch dank der Stimmen jüngerer russischstämmiger Israelis.

Der zunehmende Konsens unter jüdischen Israelis für die Mauer und für einen Boykott der Palästinenserbehörde treibt wiederum vier von fünf arabischen Wählern in die Hände der arabischen Parteien. Diese fordern inzwischen sogar ein eigenes Parlament und lehnen den jüdischen Charakter Israels ab.