Die Inflation des Exklusiven
Die Ferienzeit beginnt. Reisen werden zu Exklusiv-Reisen mit exklusiver Reiseführung an exklusive Strände. Kreuzfahrten sind zu Exklusiv-Preisen im Angebot. Exklusiv, nur für Stammkunden, wirbt ein Weinhändler mit einer Sonderaktion. Manche, denen das Wort exklusiv im alltäglichen Gebrauch gar nicht mehr so exklusiv erscheint, etwas abgegriffen, weichen auf die drei Buchstaben VIP oder englisch "Wie-Ei-Pie" aus, um Exklusivität zu behaupten.
Einige gehen noch weiter. Um ihrem Marketing und Werben mehr Nachdruck zu verleihen, kombinieren sie die drei Buchstaben VIP, sprich WIPP, mit dem Wort exklusiv. So wird zum Beispiel auf den Wohnwagen "Exklusiv – VIP" aufmerksam gemacht, den man angeblich an seinem edlen Äußeren sofort erkennen soll. Auch mit "Hochzeit-Exklusiv" wird geworben sowie dem Zusatz: "Unser Sorglospaket gestalten Sie nach Ihren Wünschen". Da kann ja nichts schief gehen. Exklusiv handsigniert ist das Tapas-Kochbuch eines spanischen Meisterkochs. Und exklusiv zu sein, nimmt auch der Hersteller eines Treppenlifts für sich in Anspruch. Die Klassiker des Exklusiven sollen an dieser Stelle nicht vergessen sein, die Klassiker aus den Medien, das Exklusiv-Interview, die Exklusiv-Reportage und das sogenannte Exklusiv-Foto heutzutage wahrscheinlich das vielfach abgelichtete professionelle Partygirl Paris Hilton in der VIP-Lounge eines Flughafens. Total super bis super-geil!
Manchmal wird etwas Exklusives auf dem Postweg angeboten mit dem Hinweis: exklusiv Versandkosten. Vorsicht! Da hat exklusiv eine ganz andere Bedeutung und meint, Verpackung und Porto sind nicht inklusiv im Preis für das Exklusive. Man muss sich schon auskennen mit dem "exklusiv", wenn man nicht der Gelackmeierte sein will.
Gibt man den Begriff "Exklusiv" im Internet einer Suchmaschine zum Spielen, dann werden mehr als 2,4 Millionen Nennungen angekündigt.
Was ist dann noch exklusiv bei dieser Inflation des Exklusiven? Da verkommt dieser Begriff für das Besondere, das Herausgehobene, zu Fast Food werbeträchtiger Marktstrategen. Der Wunsch nach Exklusivität erwächst doch aus dem nachvollziehbaren Bedürfnis von Menschen, aus der Masse herausgehoben zu sein oder Zugriff auf Besonderes zu haben, gar einen Hauch von Luxus oder Extravaganz zu spüren, der Gleichmacherei grau in grau zu entkommen. Mit der inflationären Verwendung des Begriffes "exklusiv" wird etwas vorgegaukelt, was eigentlich nicht ist. Wir fallen oft genug darauf rein.
Asienurlauber kaufen die Raubkopien von Luxusprodukten der Handtaschen-Designer, Uhren, Koffer und mehr, um zuhause aufzufallen mit der relativ preiswert erworbenen, wenn auch falschen, Exklusivität. Und – verkehrte Welt: Hersteller der echten Luxus-Handtasche verknappen ihr Angebot künstlich bei besonders hohen Preisen, um ihrer Kundschaft das Gefühl der Exklusivität zu garantieren.
Die gesellschaftspolitische Deutung von "exklusiv" kann unterschiedlich ausfallen. Heute spricht der Fremdwörter-Duden unter anderem von "hochstehend in der allgemeinen Wertschätzung". In einem alten Fremdwörterbuch aus einem DDR-Verlag, Jahrgang 1954, war "exklusiv" mit "gesellschaftlich abgeschlossen, sich absondernd, ja sogar mit unnahbar" definiert. Da war das Exklusive etwas Systemfeindliches und stand dem "Alle sind gleich" entgegen. Heute wissen wir, dass dennoch manche gleicher waren als andere.
Im China nach Mao Tse-tung wurde die Einheitskleidung für Frauen und Männer, der Blaumann mit Mütze, nach und nach abgelegt, um zumindest der Individualität in der Mode etwas Spielraum zu geben. Von Exklusivität wagte man damals höchstens zu träumen. Das Exklusive kann durchaus ein Stück Freiheit sein, die damit verbundene Originalität Persönlichkeit prägen und zur Freude am Leben beitragen. Die sogenannte Exklusivität in Zeiten des globalisierten Massenkonsums und weltweit verbreiteter Persönlichkeitsklischees ist in sich selbst absurd. Deshalb müssen wir auf der Hut sein, dass wir nicht alle miteinander exklusiv für dumm verkauft und zu VIPs hochgedopt werden.
Peter Frei, Jahrgang 1934, war zunächst Redakteur bei der NRZ. 1962 ging er zum Deutschlandfunk und 1967 nach Baden-Baden zum SWF. Er war zehn Jahre lang Korrespondent in London, danach in Bonn, von 1991 an Chefredakteur des SWF und von 1993 bis 1998 sein Hörfunkdirektor.
Manchmal wird etwas Exklusives auf dem Postweg angeboten mit dem Hinweis: exklusiv Versandkosten. Vorsicht! Da hat exklusiv eine ganz andere Bedeutung und meint, Verpackung und Porto sind nicht inklusiv im Preis für das Exklusive. Man muss sich schon auskennen mit dem "exklusiv", wenn man nicht der Gelackmeierte sein will.
Gibt man den Begriff "Exklusiv" im Internet einer Suchmaschine zum Spielen, dann werden mehr als 2,4 Millionen Nennungen angekündigt.
Was ist dann noch exklusiv bei dieser Inflation des Exklusiven? Da verkommt dieser Begriff für das Besondere, das Herausgehobene, zu Fast Food werbeträchtiger Marktstrategen. Der Wunsch nach Exklusivität erwächst doch aus dem nachvollziehbaren Bedürfnis von Menschen, aus der Masse herausgehoben zu sein oder Zugriff auf Besonderes zu haben, gar einen Hauch von Luxus oder Extravaganz zu spüren, der Gleichmacherei grau in grau zu entkommen. Mit der inflationären Verwendung des Begriffes "exklusiv" wird etwas vorgegaukelt, was eigentlich nicht ist. Wir fallen oft genug darauf rein.
Asienurlauber kaufen die Raubkopien von Luxusprodukten der Handtaschen-Designer, Uhren, Koffer und mehr, um zuhause aufzufallen mit der relativ preiswert erworbenen, wenn auch falschen, Exklusivität. Und – verkehrte Welt: Hersteller der echten Luxus-Handtasche verknappen ihr Angebot künstlich bei besonders hohen Preisen, um ihrer Kundschaft das Gefühl der Exklusivität zu garantieren.
Die gesellschaftspolitische Deutung von "exklusiv" kann unterschiedlich ausfallen. Heute spricht der Fremdwörter-Duden unter anderem von "hochstehend in der allgemeinen Wertschätzung". In einem alten Fremdwörterbuch aus einem DDR-Verlag, Jahrgang 1954, war "exklusiv" mit "gesellschaftlich abgeschlossen, sich absondernd, ja sogar mit unnahbar" definiert. Da war das Exklusive etwas Systemfeindliches und stand dem "Alle sind gleich" entgegen. Heute wissen wir, dass dennoch manche gleicher waren als andere.
Im China nach Mao Tse-tung wurde die Einheitskleidung für Frauen und Männer, der Blaumann mit Mütze, nach und nach abgelegt, um zumindest der Individualität in der Mode etwas Spielraum zu geben. Von Exklusivität wagte man damals höchstens zu träumen. Das Exklusive kann durchaus ein Stück Freiheit sein, die damit verbundene Originalität Persönlichkeit prägen und zur Freude am Leben beitragen. Die sogenannte Exklusivität in Zeiten des globalisierten Massenkonsums und weltweit verbreiteter Persönlichkeitsklischees ist in sich selbst absurd. Deshalb müssen wir auf der Hut sein, dass wir nicht alle miteinander exklusiv für dumm verkauft und zu VIPs hochgedopt werden.
Peter Frei, Jahrgang 1934, war zunächst Redakteur bei der NRZ. 1962 ging er zum Deutschlandfunk und 1967 nach Baden-Baden zum SWF. Er war zehn Jahre lang Korrespondent in London, danach in Bonn, von 1991 an Chefredakteur des SWF und von 1993 bis 1998 sein Hörfunkdirektor.

Peter Frei© SWR