Die Hoffnung auf den ganz großen Fang
Die Felseninsel Migingo ist gerade einmal so groß wie ein Fußballfeld und liegt mitten im Viktoriasee zwischen Kenia und Uganda. Ein Niemandsland, zugepflastert mit unzähligen Wellblechhütten. Hunderte Menschen leben dort. Sie alle kommen wegen des Geldes, das sie direkt oder indirekt mit dem Viktoriabarsch verdienen.
Die Fahrt vom kenianischen Festland dauert etwa zwei Stunden. Das Motorboot pflügt durch die Wellen des Viktoriasees.
An Bord sind Händler, Fischer - und auch ein Polizist. Philipp Kamondi hat für ein paar Tage seine Familie besucht. Jetzt fährt er zurück nach Migingo. Die Insel ist nicht größer als ein Fußballfeld. Ein schroffer Felsen, über und über bebaut mit Wellblechhütten. Kein Grün, bis auf zwei oder drei kümmerliche Bäume, die sich an die steil abfallenden Uferwände klammern.
Auf diesem unwirtlichen Stück Land wohnen bis zu 1.000 Menschen. Nirgendwo sonst auf der Welt drängen sich so viele an einem Ort zusammen, der auf den ersten Blick nichts zu bieten hat:
"Das ist schon ungewöhnlich. Auf der Insel leben Leute aus drei verschiedenen Ländern: Kenia, Uganda und Tansania. Sie alle finden hier Platz."
Vor allem aber kümmert sich Philipp Kamondi um die Bewohner Migingos. Er ist alles in einem: Polizist, Vermittler, Sozialarbeiter:
"Du musst diplomatisches Fingerspitzengefühl beweisen. Alle sind auf Migingo, weil sie auf ein besseres Leben hoffen. Sie wollen Arbeit. Manchmal verstößt jemand unter Umständen gegen das Gesetz, ohne dass es ihm richtig bewusst ist. Dann versuche ich zu vermitteln. Denn letztendlich geht es allen nur darum, ihr tägliches Brot zu verdienen."
An Bord sind Händler, Fischer - und auch ein Polizist. Philipp Kamondi hat für ein paar Tage seine Familie besucht. Jetzt fährt er zurück nach Migingo. Die Insel ist nicht größer als ein Fußballfeld. Ein schroffer Felsen, über und über bebaut mit Wellblechhütten. Kein Grün, bis auf zwei oder drei kümmerliche Bäume, die sich an die steil abfallenden Uferwände klammern.
Auf diesem unwirtlichen Stück Land wohnen bis zu 1.000 Menschen. Nirgendwo sonst auf der Welt drängen sich so viele an einem Ort zusammen, der auf den ersten Blick nichts zu bieten hat:
"Das ist schon ungewöhnlich. Auf der Insel leben Leute aus drei verschiedenen Ländern: Kenia, Uganda und Tansania. Sie alle finden hier Platz."
Vor allem aber kümmert sich Philipp Kamondi um die Bewohner Migingos. Er ist alles in einem: Polizist, Vermittler, Sozialarbeiter:
"Du musst diplomatisches Fingerspitzengefühl beweisen. Alle sind auf Migingo, weil sie auf ein besseres Leben hoffen. Sie wollen Arbeit. Manchmal verstößt jemand unter Umständen gegen das Gesetz, ohne dass es ihm richtig bewusst ist. Dann versuche ich zu vermitteln. Denn letztendlich geht es allen nur darum, ihr tägliches Brot zu verdienen."
Migingo - Zankapfel von Kenia und Uganda
Auf der Insel kochen die Emotionen schnell hoch. Die Hitze, die Enge. Und die enttäuschten Hoffnungen. Viele stranden auf Migingo - und finden dort doch nicht, wonach sie gesucht haben, sagt Fischer Fred Okungu:
"Nur die Stärksten überleben hier. Du musst hart sein."
Der Felsen im Viktoriasee war lange Zeit unbewohnt. Irgendwann mal sollen Piraten auf Migingo ihr Rückzugsquartier gehabt haben. Sie schafften gestohlene Boote hierher. Dann ließen sich die ersten Fischer nieder. Bald war die Insel dicht besiedelt. Und sie wurde zum Zankapfel.
Der kenianische Sänger Onyi Papa Jey singt darüber. "Sie wollen uns Migingo nehmen", klagt er und meint damit Uganda. Wem Migingo gehört, ist noch auf den Kolonialkarten der Briten festgelegt. Doch Kenia und Uganda lesen die alten Dokumente unterschiedlich. Der Streit zwischen den Nachbarländern eskalierte 2007. Es kam zu einem regelrechten Wettrüsten auf Migingo. Beide Staaten schickten Polizei und Marine-Soldaten. Zwei Nationalflaggen flatterten auf der kleinen Insel. All das wegen der Fische, die sich im See um Migingo tummeln. Es geht um den berühmten Viktoriabarsch - immer noch ein Exportschlager vor allem für Kenia. Er lockt sie alle nach Migingo - Fischer Fred und seine Kollegen:
"Ich mag Migingo. Denn hier gibt es Fisch und damit auch Geld."
Die Insel empfängt mit atemraubendem Gestank. Für all die Menschen hier gibt es nur zwei öffentliche Toiletten, die zudem abends schließen.
Wer sich danach erleichtern will, tut das in den engen Gassen. Fischreste, die vor sich hinmodern, verstärken den üblen Geruch. Dazu kommt eine fast unerträgliche Schwüle, die den Anstieg auf den Felsen zur körperlichen Belastungsprobe macht.
"Nur die Stärksten überleben hier. Du musst hart sein."
Der Felsen im Viktoriasee war lange Zeit unbewohnt. Irgendwann mal sollen Piraten auf Migingo ihr Rückzugsquartier gehabt haben. Sie schafften gestohlene Boote hierher. Dann ließen sich die ersten Fischer nieder. Bald war die Insel dicht besiedelt. Und sie wurde zum Zankapfel.
Der kenianische Sänger Onyi Papa Jey singt darüber. "Sie wollen uns Migingo nehmen", klagt er und meint damit Uganda. Wem Migingo gehört, ist noch auf den Kolonialkarten der Briten festgelegt. Doch Kenia und Uganda lesen die alten Dokumente unterschiedlich. Der Streit zwischen den Nachbarländern eskalierte 2007. Es kam zu einem regelrechten Wettrüsten auf Migingo. Beide Staaten schickten Polizei und Marine-Soldaten. Zwei Nationalflaggen flatterten auf der kleinen Insel. All das wegen der Fische, die sich im See um Migingo tummeln. Es geht um den berühmten Viktoriabarsch - immer noch ein Exportschlager vor allem für Kenia. Er lockt sie alle nach Migingo - Fischer Fred und seine Kollegen:
"Ich mag Migingo. Denn hier gibt es Fisch und damit auch Geld."
Die Insel empfängt mit atemraubendem Gestank. Für all die Menschen hier gibt es nur zwei öffentliche Toiletten, die zudem abends schließen.
Wer sich danach erleichtern will, tut das in den engen Gassen. Fischreste, die vor sich hinmodern, verstärken den üblen Geruch. Dazu kommt eine fast unerträgliche Schwüle, die den Anstieg auf den Felsen zur körperlichen Belastungsprobe macht.

Den Fischern von Migingo gehen zu wenige Fische ins Netz.© picture alliance / dpa / Landov Odeski
Fischerleben: Das Boot ist Wohnung und Arbeitsplatz zugleich
Das Dröhnen von Generatoren ist auf Migingo ständige Begleitmusik. Sie sind die einzige Quelle für Strom. Auch eine Wasserversorgung gibt es nicht. Gebadet wird im See - das muss für die Hygiene reichen. Am Ufer sitzt Kennedy Okoth:
"Ich bin als Fischer auf Migingo. Hier gibt es Arbeit. Ich bin jetzt schon seit fünf Jahren da."
Dabei ist er gerade mal 23 - Kennedy Okoth ist auf Migingo erwachsen geworden. Er ist ein kleiner Mann. Sein rotes T-Shirt schlackert um den schmalen Körper. Kennedy bereitet sich darauf vor, mit seinem Boot rauszufahren. Wie fast jeden Nachmittag:
"Ich lege ab und werfe auf dem See die Netze aus. Nachts, so gegen drei Uhr, schaue ich dann, ob ich etwas gefangen habe. Oft komme ich erst am nächsten Tag um die Mittagszeit zurück. Dann bin ich 20 Stunden auf dem See."
Er schläft und isst auf dem Boot. Wenn der Fang gut war, kann er umgerechnet etwa 50 Euro verdienen. Das meiste Geld bringt der Viktoriabarsch. Doch zuletzt geht den Fischern vor Migingo nicht viel ins Netz. Es ist eine schlechte Saison. Außerdem bekommen sie weniger als früher für die Fische:
"Das ist unser größtes Problem. Die Arbeit auf dem See ist hart und wird nicht mehr gut entlohnt. In all den Jahren hier habe ich nichts sparen können."
Trotzdem will er bleiben. Seine Familie, die in einem kleinen Dorf am Viktoriasee wohnt, sieht Kennedy kaum. Er kann sich die Überfahrt nicht leisten. Außerdem warten Zuhause viele Verpflichtungen auf ihn:
"Meine Familie ist komplett von mir abhängig. Ich habe keinen Vater und keine Mutter mehr und muss meine jüngeren Geschwister unterstützen. Jedes Mal, wenn ich dort bin, gibt es neue Probleme. Meist bleibe ich zwei Wochen - dann komme ich zurück."
Bis er das nächste Mal fährt, wird es wohl noch dauern. Kennedy ist pleite:
"Heute kann ich nicht mal was zum Essen auf den See mitnehmen. Ich werde ohne Proviant ablegen. Wenn du nichts fängst, hast du auch kein Geld."
"Ich bin als Fischer auf Migingo. Hier gibt es Arbeit. Ich bin jetzt schon seit fünf Jahren da."
Dabei ist er gerade mal 23 - Kennedy Okoth ist auf Migingo erwachsen geworden. Er ist ein kleiner Mann. Sein rotes T-Shirt schlackert um den schmalen Körper. Kennedy bereitet sich darauf vor, mit seinem Boot rauszufahren. Wie fast jeden Nachmittag:
"Ich lege ab und werfe auf dem See die Netze aus. Nachts, so gegen drei Uhr, schaue ich dann, ob ich etwas gefangen habe. Oft komme ich erst am nächsten Tag um die Mittagszeit zurück. Dann bin ich 20 Stunden auf dem See."
Er schläft und isst auf dem Boot. Wenn der Fang gut war, kann er umgerechnet etwa 50 Euro verdienen. Das meiste Geld bringt der Viktoriabarsch. Doch zuletzt geht den Fischern vor Migingo nicht viel ins Netz. Es ist eine schlechte Saison. Außerdem bekommen sie weniger als früher für die Fische:
"Das ist unser größtes Problem. Die Arbeit auf dem See ist hart und wird nicht mehr gut entlohnt. In all den Jahren hier habe ich nichts sparen können."
Trotzdem will er bleiben. Seine Familie, die in einem kleinen Dorf am Viktoriasee wohnt, sieht Kennedy kaum. Er kann sich die Überfahrt nicht leisten. Außerdem warten Zuhause viele Verpflichtungen auf ihn:
"Meine Familie ist komplett von mir abhängig. Ich habe keinen Vater und keine Mutter mehr und muss meine jüngeren Geschwister unterstützen. Jedes Mal, wenn ich dort bin, gibt es neue Probleme. Meist bleibe ich zwei Wochen - dann komme ich zurück."
Bis er das nächste Mal fährt, wird es wohl noch dauern. Kennedy ist pleite:
"Heute kann ich nicht mal was zum Essen auf den See mitnehmen. Ich werde ohne Proviant ablegen. Wenn du nichts fängst, hast du auch kein Geld."
Reich werden nur die anderen
Wie ihm geht es den meisten Fischern auf Migingo. Sie beklagen die schlechten Arbeitsbedingungen, den schlechten Verdienst. Aber weil sie nun einmal da sind und nicht wissen, was sie sonst tun sollen, fahren sie weiter mit ihren Booten raus. Sie haben gerade genug zum Überleben. Reich werden durch ihre Arbeit andere.
In einer der Bars auf Migingo dröhnt schon nachmittags die Musik. Unter dem Wellblechdach staut sich die Hitze, aber immerhin ist es hier schattig. Fast alle, die auf den Plastikstühlen sitzen, starren ermattet vor sich hin. Nur Edward Mugenyi lehnt sich behaglich zurück. Er kaut auf einem Zahnstocher und hat noch die Reste vom Mittagessen vor sich stehen:
"Was das Fischen angeht - da beschäftige ich ein paar Männer. Ich fahre nicht selbst auf den See. Ich verkaufe den Fisch nur - an eine Fabrik in Kenia."
Edward Mugenyi kommt aus Uganda. Wenn es um Geschäfte geht, vergisst er die politischen Streitigkeiten zwischen Kenia und Uganda um Migingo. Er arbeitet gern mit Kenianern.
Über seine Gewinnspanne will er nichts sagen. Den Fischern zahlt er umgerechnet gut einen Euro pro Kilo. In den Läden in Europa geht der Viktoriabarsch für das zwanzigfache über die Theke. Der Zwischenhändler steht zwar noch am Anfang dieser Verdienstkette. Aber für ihn ist Migingo auf jeden Fall ein goldenes Pflaster:
"Die Geschäfte laufen gut. Auch wenn das Leben sonst auf der Insel nicht so toll ist. Sie ist ja einfach winzig. Aber wir organisieren uns hier."
Anders als die Fischer, die für ihn arbeiten, kann sich Edward Mugenyi immer wieder die Fahrt zum Festland leisten. Wenn er Migingo satt hat, steigt er ins Motorboot:
"Wir langweilen uns oft. Nach einer Weile merkst du, dass du einfach nirgendwo hingehen kannst. Tagsüber sitzt du rum, nachts schläfst du. Aber uns macht das nicht viel aus. Wir haben uns daran gewöhnt."
Die Kneipen sind der einzige Zeitvertreib. Etwa ein Dutzend gibt es auf Migingo. Die Fischer geben ihr bisschen Geld für lauwarmes Bier aus - und für Sex.
In einer der Bars auf Migingo dröhnt schon nachmittags die Musik. Unter dem Wellblechdach staut sich die Hitze, aber immerhin ist es hier schattig. Fast alle, die auf den Plastikstühlen sitzen, starren ermattet vor sich hin. Nur Edward Mugenyi lehnt sich behaglich zurück. Er kaut auf einem Zahnstocher und hat noch die Reste vom Mittagessen vor sich stehen:
"Was das Fischen angeht - da beschäftige ich ein paar Männer. Ich fahre nicht selbst auf den See. Ich verkaufe den Fisch nur - an eine Fabrik in Kenia."
Edward Mugenyi kommt aus Uganda. Wenn es um Geschäfte geht, vergisst er die politischen Streitigkeiten zwischen Kenia und Uganda um Migingo. Er arbeitet gern mit Kenianern.
Über seine Gewinnspanne will er nichts sagen. Den Fischern zahlt er umgerechnet gut einen Euro pro Kilo. In den Läden in Europa geht der Viktoriabarsch für das zwanzigfache über die Theke. Der Zwischenhändler steht zwar noch am Anfang dieser Verdienstkette. Aber für ihn ist Migingo auf jeden Fall ein goldenes Pflaster:
"Die Geschäfte laufen gut. Auch wenn das Leben sonst auf der Insel nicht so toll ist. Sie ist ja einfach winzig. Aber wir organisieren uns hier."
Anders als die Fischer, die für ihn arbeiten, kann sich Edward Mugenyi immer wieder die Fahrt zum Festland leisten. Wenn er Migingo satt hat, steigt er ins Motorboot:
"Wir langweilen uns oft. Nach einer Weile merkst du, dass du einfach nirgendwo hingehen kannst. Tagsüber sitzt du rum, nachts schläfst du. Aber uns macht das nicht viel aus. Wir haben uns daran gewöhnt."
Die Kneipen sind der einzige Zeitvertreib. Etwa ein Dutzend gibt es auf Migingo. Die Fischer geben ihr bisschen Geld für lauwarmes Bier aus - und für Sex.
Fünf Euro für eine Nacht
Neben dem Handel mit Viktoriabarsch ist Prostitution das andere große Geschäft. Junge Frauen verkaufen sich für 500 Shilling die Nacht - das sind fünf Euro. Ohne Kondom kostet es das Doppelte. Die Angst vor Aids verdrängen die meisten. Offizielle Zahlen zu den HIV-Infektionen auf der Insel sind erschreckend. Zuletzt waren von 90 getesteten Fischern und Frauen nur etwa 20 nicht infiziert. Das Nachtleben auf der Insel fordert einen hohen Preis.
Chantal wühlt in einem Karton nach dem richtigen Outfit für den Abend. Die 20-Jährige ist eine der jungen Frauen, die für Geld zu haben sind. Obwohl sie selbst das nicht so beschreiben würde:
"Ich sage das nie so. Ich sage, dass ich einen Freund habe. Mit dem letzten war ich zwei Monate zusammen. Er hat sich um mich gekümmert. Aber dann gab es ein paar Missverständnisse."
Vor einem halben Jahr ist sie aus Uganda nach Migingo gekommen. Eine Bekannte hatte sie mit tollen Geschichten von der Insel geködert:
"Sie hat mir gesagt, dass sie mich mitnehmen könne. Sie erzählte von einer großen Bar und guter Arbeit dort. Aber jetzt weiß ich: Die Besitzer zahlen schlecht. Wir bekommen 1.500 Shilling im Monat."
Gerade mal 15 Euro. Das Geld reicht nur, um die Wellblechhütte zu bezahlen, die Chantal sich mit vier anderen Frauen teilt. Die Schaumstoffmatratzen, auf denen sie schlafen, stehen tagsüber hochkant an der Wand - sonst wäre auf den etwa 10 Quadratmetern gar kein Platz mehr sich zu bewegen. Eine orangefarbene Schüssel dient je nach Bedarf als Toilette oder auch dafür, sich zu waschen:
"Ich vermisse mein Zuhause. Meine gesamte Familie ist in Uganda - meine Mutter, mein Vater, meine Schwestern."
Migingo hatte sie sich anders vorgestellt. Nicht so klein, nicht so dreckig:
"Ich dachte, wir gehen nach Kenia und das wird schon okay sein. Als ich hier ankam, war ich überrascht. Erst fand ich Migingo gar nicht so schlecht. Aber jetzt hasse ich es hier."
Vor allem aber wollte sie niemals ihren Körper für Geld verkaufen. Aber bei dem schlechten Verdienst als Kellnerin bleibt ihr keine andere Wahl. Die Anmache in der Bar läuft immer ähnlich:
"Er bestellt ein paar Bier bei dir. Nach einiger Zeit fragt er dich dann, ob du ihm nicht Gesellschaft leisten willst. Dann kauft er dir einen Drink - Soda oder auch ein Bier. Aber letztendlich will er nur mit dir weggehen."
Chantal sagt, dass sie diese Versuche meist abwehrt. Sie will keinen Mann für eine Nacht. Sondern einen, der ein bisschen länger bei ihr bleibt und die Rechnungen bezahlt - natürlich gegen die entsprechende Gegenleistung. Weil Chantal so beengt wohnt, nutzt sie für die Stelldicheins oft ein Stundenhotel. Es gibt eins auf Migingo, das meist ausgebucht ist und auch für Reisende die einzige Übernachtungsmöglichkeit bietet.
Chantal wühlt in einem Karton nach dem richtigen Outfit für den Abend. Die 20-Jährige ist eine der jungen Frauen, die für Geld zu haben sind. Obwohl sie selbst das nicht so beschreiben würde:
"Ich sage das nie so. Ich sage, dass ich einen Freund habe. Mit dem letzten war ich zwei Monate zusammen. Er hat sich um mich gekümmert. Aber dann gab es ein paar Missverständnisse."
Vor einem halben Jahr ist sie aus Uganda nach Migingo gekommen. Eine Bekannte hatte sie mit tollen Geschichten von der Insel geködert:
"Sie hat mir gesagt, dass sie mich mitnehmen könne. Sie erzählte von einer großen Bar und guter Arbeit dort. Aber jetzt weiß ich: Die Besitzer zahlen schlecht. Wir bekommen 1.500 Shilling im Monat."
Gerade mal 15 Euro. Das Geld reicht nur, um die Wellblechhütte zu bezahlen, die Chantal sich mit vier anderen Frauen teilt. Die Schaumstoffmatratzen, auf denen sie schlafen, stehen tagsüber hochkant an der Wand - sonst wäre auf den etwa 10 Quadratmetern gar kein Platz mehr sich zu bewegen. Eine orangefarbene Schüssel dient je nach Bedarf als Toilette oder auch dafür, sich zu waschen:
"Ich vermisse mein Zuhause. Meine gesamte Familie ist in Uganda - meine Mutter, mein Vater, meine Schwestern."
Migingo hatte sie sich anders vorgestellt. Nicht so klein, nicht so dreckig:
"Ich dachte, wir gehen nach Kenia und das wird schon okay sein. Als ich hier ankam, war ich überrascht. Erst fand ich Migingo gar nicht so schlecht. Aber jetzt hasse ich es hier."
Vor allem aber wollte sie niemals ihren Körper für Geld verkaufen. Aber bei dem schlechten Verdienst als Kellnerin bleibt ihr keine andere Wahl. Die Anmache in der Bar läuft immer ähnlich:
"Er bestellt ein paar Bier bei dir. Nach einiger Zeit fragt er dich dann, ob du ihm nicht Gesellschaft leisten willst. Dann kauft er dir einen Drink - Soda oder auch ein Bier. Aber letztendlich will er nur mit dir weggehen."
Chantal sagt, dass sie diese Versuche meist abwehrt. Sie will keinen Mann für eine Nacht. Sondern einen, der ein bisschen länger bei ihr bleibt und die Rechnungen bezahlt - natürlich gegen die entsprechende Gegenleistung. Weil Chantal so beengt wohnt, nutzt sie für die Stelldicheins oft ein Stundenhotel. Es gibt eins auf Migingo, das meist ausgebucht ist und auch für Reisende die einzige Übernachtungsmöglichkeit bietet.

Das Risiko, Aids zu bekommen, verdrängen die meisten Menschen auf Midingo.© AP
Sex in Wellblechhütten - oder im einzigen Stundenhotel
Die Verschläge hinter Wellblechtüren sind für ein paar Shilling zu haben. Trotz der Musik aus den Kneipen und dem Dröhnen der Generatoren dringen alle Geräusche durch die dünnen Sperrholzwände.
Die Bar, in der Chantal arbeitet, liegt in der Nähe des Stundenhotels neben einem Friseursalon. Hier macht sich die 20-Jährige zusammen mit ihren Kolleginnen schön für die Nacht:
"Ich ziehe die Lippen mit Lippenstift nach. Dazu trage ich Make-Up auf. Ich kämme mir die Haare und dann bin ich fertig."
Mittwochs und Samstags ist Karaoke-Nacht auf Migingo. Karaoke bedeutet hier, dass die jungen Frauen auf einer Bühne zu Musik tanzen und vortäuschen, ein Mikrophon in der Hand zu haben. Je aufreizender der Hüftschwung, desto besser die Verdienstmöglichkeiten für die Nacht. Genauso wie die Stimmung heizt sich allerdings auch die Musikanlage schnell auf. Immer wieder fällt sie aus. Dann brummt für einige Zeit nur der Generator, die Tänzerinnen verharren - bis unter Jubel die Vorstellung weitergeht.
Chantal trägt zur engen Hose jetzt ein T-Shirt mit einer Zahl. Ihre Rückennummer als Bedienung - die Männer können sie so leichter rufen. Ein Boyfriend für diese und ein paar andere Nächte ist noch nicht in Sicht. Den meisten sitzt das Geld nicht so locker, wenn der Viktoriasee wenig Fisch hergibt. Chantal träumt mal wieder davon, Migingo den Rücken zu kehren:
"Es ist schwer hier für mich. Ich finde keinen Mann, weil sie alle zu wenig Geld haben. Ich muss zurück nach Uganda, solange ich noch lebe."
Was sie damit wohl meint: Solange von ihr, ihren Wünschen und Hoffnungen, noch etwas übrig ist. Migingo lässt viele vom großen Geld und einem einfachen Leben träumen. Den meisten nimmt die Insel aber mehr, als sie hergibt.
Die Bar, in der Chantal arbeitet, liegt in der Nähe des Stundenhotels neben einem Friseursalon. Hier macht sich die 20-Jährige zusammen mit ihren Kolleginnen schön für die Nacht:
"Ich ziehe die Lippen mit Lippenstift nach. Dazu trage ich Make-Up auf. Ich kämme mir die Haare und dann bin ich fertig."
Mittwochs und Samstags ist Karaoke-Nacht auf Migingo. Karaoke bedeutet hier, dass die jungen Frauen auf einer Bühne zu Musik tanzen und vortäuschen, ein Mikrophon in der Hand zu haben. Je aufreizender der Hüftschwung, desto besser die Verdienstmöglichkeiten für die Nacht. Genauso wie die Stimmung heizt sich allerdings auch die Musikanlage schnell auf. Immer wieder fällt sie aus. Dann brummt für einige Zeit nur der Generator, die Tänzerinnen verharren - bis unter Jubel die Vorstellung weitergeht.
Chantal trägt zur engen Hose jetzt ein T-Shirt mit einer Zahl. Ihre Rückennummer als Bedienung - die Männer können sie so leichter rufen. Ein Boyfriend für diese und ein paar andere Nächte ist noch nicht in Sicht. Den meisten sitzt das Geld nicht so locker, wenn der Viktoriasee wenig Fisch hergibt. Chantal träumt mal wieder davon, Migingo den Rücken zu kehren:
"Es ist schwer hier für mich. Ich finde keinen Mann, weil sie alle zu wenig Geld haben. Ich muss zurück nach Uganda, solange ich noch lebe."
Was sie damit wohl meint: Solange von ihr, ihren Wünschen und Hoffnungen, noch etwas übrig ist. Migingo lässt viele vom großen Geld und einem einfachen Leben träumen. Den meisten nimmt die Insel aber mehr, als sie hergibt.