Die Hintereingänge für Frauen

Von Ludger Fittkau |
Ein Mainzer Moscheeverein, der offenbar den aus Ägypten stammenden islamistischen Muslimbrüdern nahesteht, will eine Kindertagesstätte einrichten. Das stellt die rheinland-pfälzischen Behörden vor ein Problem. Denn in der Muslimbrüderschaft gelten Frauen nicht als gleichberechtigt.
"So, hier ist ein Seminarraum mit Bibliothek."

In der Mainzer Moschee öffnet Maamar Rached, ein schlanker Mann Mitte 40, einen der größten Räume im ersten Stock des Gebäudes. Ein DIN-A4-Blatt an der Tür trägt die Aufschrift "Bibliothek" - in deutscher und arabischer Sprache. Der Arab Nil-Rhein e.V., der die Räume betreibt, ist erst vor ein paar Wochen in das Gebäude eingezogen. Alles ist frisch renoviert. Ein Bücherregal ist Kinderbüchern vorbehalten mit Titeln wie "Gutenacht-Geschichten für unsere kleinen Muslime", "Sunna für Kinder" oder "Wir reinigen uns, du dich auch".

Direkt neben dem Kinderbüchern sind gut sichtbar Schriften von Said Ramadan platziert. Said Ramadan war ein bekannter Aktivist der Gemeinschaft der Muslimbrüder Ägyptens. Darauf angesprochen, dass die Schriften höchst umstritten sind und als islamistisch bezeichnet werden können, verteidigt Maamar Rached die Bücher:

"Wir hängen an unserer Religion, und das bedeutet, wir möchten auch den richtigen Islam vermitteln. Wir sind schon ein islamischer Verein und auch unsere Aktivitäten auch."

Auch ein Buch mit dem Titel "Das islamische Recht, Theorie und Praxis" ist ausgelegt - auch das stammt aus der Feder des Islamisten Said Ramadan. Herausgeben wurde es von der Muslimischen Studentenvereinigung in Deutschland e.V.. Laut NRW-Verfassungsschutz kann auch dieser Verein zum Umfeld der Muslimbrüderschaft gerechtet werden. Die Sharia sei für diese Organisationen "für alle Zeiten und Orte der gültige Orientierungsrahmen" , schreiben die Düsseldorfer Verfassungsschützer in einem Bericht von 2006. Zu lesen ist dort auch: Frauen gelten in diesen Kreisen zwar vor Gott als gleichwertig, aber sind deswegen auf Erden noch lange nicht gleichberechtigt.

Ezhar Cezairli kennt solche Denkweisen gut. Deshalb hat die Frankfurter Zahnärztin, die die säkularen Muslime in der Islamkonferenz von Innenminister Wolfgang Schäuble vertritt, grundsätzliche Einwände gegen muslimische Kindereinrichtungen:

"Das fördert nur noch mehr Vorurteile, das fördert noch mehr die Gettoisierung und die Parallelgesellschaften, die sich dadurch bilden, und wir wollen ja eigentlich, dass die Kinder voneinander lernen, das die Eltern dieser Kinder miteinander in Kontakt kommen, und das wäre integrationsfördernd."

Als wenig integrationsfördernd betrachten Kritiker der des Mainzer Kita-Projektes auch den Plan des Arab-Nil-Rhein-Vereins, den Kindern neben Deutsch und Türkisch auch Hocharabisch zu vermitteln. Der Verein argumentiert: Die Kinder mit arabischen Wurzeln hätten in ihren Herkunftsländern oft Probleme, sich zu verständigen, weil sie kein Arabisch mehr sprechen. Für Peter Schwalm von der FDP in Mainz ist Hocharabisch kein Ausweg für dieses Problem:

"Gesprochen wird im Arabischen in unterschiedlichen Dialekten, je nach Land, aus dem jemand kommt. Hocharabisch dient eigentlich dazu, den Koran zu lesen und zu zitieren."

Dagegen hat Ezhar Cezaili nichts. Sie kritisiert am Mainzer Arab-Nil-Rhein-Verein ganz konkret, dass er schon jetzt nur Sportangebote für Kinder und für Männer macht.

"Wo bleiben dann die Frauen ? Ich meine, Frauen können auch Sport treiben, sollen auch Sport treiben. Da sieht man schon, dass die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau da ja auch nicht so ganz ernst genommen wird."

Auf die Frage, warum für Frauen kein Sport angeboten wird, antwortet Maamar Rached: Die Männer treiben Sport im Freien, die Frauen sollen das nur in der Halle dürfen:

"Wir haben keinen Platz dafür, wir haben noch keine Halle, wo die Frauen Sport treiben. Das kommt auch noch, wir brauchen dafür eine Halle."

Die Frauen separieren, sie den Blicken fremder Männer entziehen - das ist auch für den Kita-Bereich der Moschee geplant. "Nur für Frauen" ist an einer Tür zu lesen, die vom Hof des neuen Moscheegebäudes ins Innere führt. Eingänge getrennt nach Geschlechtern, das ist nun selbst für strenggläubige Muslime ungewöhnlich. Gefragt, warum es diesen separaten Fraueneingang gebe, antwortet Maamar Rached:

"Die Frauen, sie wollten das, weil: Wie sie wissen, gibt es viele Frauen hier, die ein Kopftuch tragen. Und die Frauen sollten das nicht vor Fremden wegnehmen. Deshalb haben wir das gemacht."

Frauen, die ihre Kinder durch die Hintertür in die Moschee bringen und sich dann in abgegrenzten Räumen aufhalten, während die Männer durch den Vordereingang hereinkommen - das klingt nach Geschlechtertrennung mitten in Mainz.

Doris Ahnen, die SPD-Jugendministerin von Rheinland-Pfalz will sich zurzeit nicht öffentlich zum Antrag des Arab-Nil-Rhein-Verein auf staatliche Anerkennung der Kita äußern. Man warte auf das Gutachten des Landesjugendamtes, das den Antrag in den nächsten Wochen prüft. Dieses Amt war ebenso wenig zu einer Stellungnahme zu bewegen wie das Innenministerium Rheinland-Pfalz, das ebenfalls in das Genehmigungsverfahren einbezogen wird.