Die helfende Roboter-Hand

11.08.2009
Der Bauer der Zukunft macht die Feldarbeit nicht selbst - er lässt sie von Robotern erledigen. Auf dem internationalen Wettbewerb "Field Robot Event" im niederländischen Wageningen testen Studierende selbst gebaute Maschinen, die eigenständig durchs Maisfeld navigieren können.
Ein merkwürdiges Gebilde ruckelt auf vier großen Gummireifen übers Feld. Studenten der Universität Amsterdam haben auf dem Fahrgestell eines Modellbautrucks eine komplizierte Elektronik und Mechanik montiert. Ganz selbstständig sucht sich das Fahrzeug, ein Roboter, seinen Weg zwischen zwei Reihen kleiner Maispflanzen hindurch. Am Ende der Reihe wendet das Gefährt und rollt in die nächste Reihe.

Die Studenten Beteiligten sich am "Field Robot Event", einem jährlichen Wettbewerb. 14 Teams waren nach Wageningen angereist. Sie kamen vor allem von niederländischen und deutschen Hochschulen, aber auch Studenten aus Skandinavien und Osteuropa wollten ihr Können zeigen. Die Roboter müssen eine Reihe von Aufgaben abarbeiten - darunter die Navigation im Maisfeld - und das wichtigste dabei: Nichts darf ferngesteuert geschehen, alles muss im Fahrzeug programmiert sein.

Drei Monate haben die Teams Zeit gehabt, ihre Maschinen für den Wettbewerb fit zu machen. Es war eine komplizierte Aufgabe, erläutert Ralph Klose vom Team der Fachhochschule Osnabrück:

"Man fährt halt draußen, da hat man ganz andere Einflüsse, als wenn man irgendwie mit einem Roboter an der Wand lang fahren würde. Es ist halt sehr, sehr chaotisch auf einem Feld, man hat Sonnenlicht, Wind, die Pflanzen bewegen sich, man hat Huckel und all’ so was, Steine liegen herum."

Entsprechend kompliziert waren die Konstruktionen. Die Studenten aus Osnabrück etwa haben auf einem Fahrgestell ein Gewirr aus elektronischen Bauteilen, Schläuchen, Stellmotoren und Sensoren montiert. Vorn auf dem Gefährt befindet sich ein Laserscanner. Am Heck hängt eine Webcam auf einer langen Stange, damit der Roboter auch einen Blick "von oben" hat.

"Wenn man als Mensch durch so ein Feld geht, hat man einen besseren Blick, als wenn man von unten herein geht. Und dann hat man also das dem nachempfunden. Also, der Laserscanner übernimmt fast die gleiche Aufgabe wie die 3D-Kamera, die ist halt im 3D-Feld und der Laserscanner tastet nur auf einer Ebene ab."

…erläutert Hannes Jahn, Maschinenbaustudent in Osnabrück.

In den Aufgaben für die Studenten klingt schon ihr späterer Berufsalltag an. Systementwicklung, Bau und Materialbeschaffung - alles gehört dazu. Projektmanagement eben. Daniel vom einzigen Schülerteam, die Gruppe des Kopernikusgymnasiums in Rheine:

"Wir haben ein Fahrzeugmodell einfach bei Ebay gekauft, das Grundmodell, also das Chassis, und dann darauf die Elektronik aufgesetzt, und dann auch die Befestigung und Drehzahlmesser, das haben wir dann alles selber dran gebaut. Und es ist halt so, dass oben ein Laptop darauf kommt, der die ganzen Berechnungen durchführt. Der steuert das im Prinzip."

Diese Steuerung, darin waren sich alle einig, ist das größte Problem. Einige Teams hatten eigene Software entwickelt, andere setzten auf bestehende Systeme. Der Roboter aus Osnabrück beispielsweise arbeitet mit Windows XP. Hannes Jahn:

"Und das Problem ist, wir haben eine 3D-Kamera, also die nimmt auch Tiefe auf, genau die Information, die man eigentlich bräuchte, und vorne haben wir einen Laserscanner, und das ist beides sehr großer Informationsfluss, und das muss halt stark verarbeitet werden. Von daher ist es halt recht schwierig, das in Echtzeit hinzubekommen."

Das Wettbewerbsthema ist hochaktuell - Robotereinsatz in der Landwirtschaft. Es geht dabei gar nicht in erster Linie darum, dass Roboter auf Dauer billiger arbeiten können als Menschen. Sie arbeiten besser, meint Professor Arne Ruckelhausen aus Osnabrück.

"Da sieht man, was der Trick von diesen vielen Sensoren ist. Wenn ich mehr weiß, wenn ich intelligenter umgehe mit meinen Ressourcen, tue ich immer gleichzeitig was für den wirtschaftlichen Vorteil und für die Umwelt."

Denn intelligent programmierte Sensoren können Unkraut präzise identifizieren oder Spritzmittel genau dosieren – außerdem belasten die Roboter dank ihrer meist leichten Bauweise den Boden kaum.

Wie anspruchvoll die gestellte Aufgabe dann wirklich war, sollte im Wettbewerb schnell deutlich werden. Hier ging es nicht um hundertstel Sekunden. Kein Roboter fuhr fehlerfrei, die meisten fanden ihren Weg nur ungefähr. Einige fuhren lieber quer über die eigens angepflanzten, kniehohen Maispflänzchen hinweg als zwischendurch.

Aber getreu dem Motto, dass dabei sein das wichtigste ist, ging zum Schluss ein Preisregen über die Teilnehmer nieder. Erfolgreichstes Team: Die Studenten der Technischen Universität Braunschweig mit ihrem Roboter namens "Helios".

"Ich studiere Elektrotechnik und der Rest studiert Maschinenbau. Wir sind bunt gemischt, aus dem Hauptdiplom und aus dem Vordiplom, also alle Semester vertreten."

…erzählen Nico und Lennart aus der siegreichen Gruppe - und beschreiben damit das wichtigste Ziel der Veranstaltung. Es ging eben nicht unbedingt um technische Innovationen, sondern um den pädagogischen Effekt der ergebnisorientierten, interdisziplinären Teamarbeit.