Die Heilige Agnes bleibt heilig
Mit Bernardo Pasquinis Oratorium über Martyrium und Entrückung der Heiligen Agnes ist das diesjährige Motto der Innsbrucker Festwochen tatsächlich in Erfüllung gegangen: "Zeit der Wunder". Regisseur Vincent Boussard arbeitet mit wenigen, aber wirkungsvollen Effekten. Pasquinis Musik ist natürlich werkdienlich, aber nie anbiedernd. Statt einem trockenen Oratorium ist diese Agnes-Passion reich an Klangideen und sprudelnder Energie.
Das waren noch Zeiten, anno 1677. Wer da als Komponist (über)leben wollte, der musste oft die Geschmäcker zweier sehr verschiedener Geldgeber bedienen. Neben dem weltlichen Adel liess der Klerus ordentlich was springen, sofern das Sujet und la Musica konvenierten.
Bernardo Pasquini (1637-1710) , der in regem Austausch mit Großkollegen wie Scarlatti, Corelli und dem jungen Händel stand, nahm sich einer Vielzahl historischer und sakraler Stoffe an. Ein Hauptsponsor war Christina von Schweden, die erst René Descartes im kühlen Norden um Leib und Gesundheit brachte und darauf (darob?) in der Innsbrucker Schwarzmanderkirche zum Katholizismus übertrat. Wenige Fussminuten von der Kirche entfernt liegt das Tiroler Landestheater und ebendort erklang am Samstag Pasquinis Oratorium über Martyrium und Entrückung der Heiligen Agnes.
Alessandro di Marchi hat mit seiner Academia Montis Regalis die alten, lange vergessenen Töne frisch und fröhlich wiedererweckt. Dynamisch schlank, luftig im Continuo-Teil und bei den Gesangspartien berückend schön korrespondiert das musikalische mit dem Bühnengeschehen.
Vor einem verwischten Stadtpanorama schmachtet der etwas tölpelhafte Flavio im viel zu großen Schlabberhemd die zunächst eher irdische Agnes an. Goldumflort verstrahlt sie jedoch bereits den Glanz einer anderen, einer besseren Welt. Dem stimmlich wie gestisch betörenden Liebeswerben entzieht sie sich erst charmant, dann entrüstet und schliesslich nachgerade entrückt. Flavios Vater und ein sinistrer Berater ärgern sich über die zickige junge Dame und verfrachten sie erst ins Bordell, später dann sogar auf den Scheiterhaufen.
Zu dumm nur, dass Agnes alles unbeschadet überlebt und sogar Flavio ob ihrer Aura kurzzeitig ins Jenseits versetzt. Als sie ihn jedoch mittels Gebet wiedererweckt, da reicht es den herrischen Herren und man meuchelt sie - diesmal für immer - durch einen gezielten Messerstich. Flavio bleibt untröstlich zurück, auf Agnes scheint indes ein sanftes Licht von ganz weit droben.
Mit ganz wenigen, aber dafür umso wirkungsvolleren Effekten arbeiten Regisseur Vincent Boussard und sein Bühnenbildner Vincent Lemaire, sehr sanft wird da durch große Räume geschritten, rote Blüten stellen sowohl Liebesglut wie reale Flammen dar. Die szenische Herangehensweise ist - im positiven Sinne - naiv und wird dem Werk überaus gerecht.
Auch Pasquinis Musik ist natürlich werkdienlich, aber nie anbiedernd. Statt einem trockenen Oratorium ist diese Agnes-Passion ein bestens funktionierender Opernzweiakter, reich an Klangideen und sprudelnder Energie. De Marchi hat den ursprünglichen Orchestersatz etwas erweitert und den Continuo-Part mit wie improvisiert wirkenden Passagen aufgelockert. Bestens gelaunt auch die Sänger: Emmanuelle de Negri bezaubert als Agnes, Kobie van Rensburg bietet als böser Berater grimmig-raue Koloraturen, Martin Oro zeigt zarten Schmelz als Flavio.
Leider steht uns Heutigen keine Agnes zur Verfügung, die Tote wiedererwecken kann. Das ist jammerschade, da der Passions-Librettist Kardinal Benedetto Pamphili das Ganze derart passioniert und brillant in Sprachbilder giesst, dass es einem schier schwindlig wird. Einen wie ihn bräuchte es, um der derzeit wieder einmal virulenten Librettokrise im Musiktheater entgegenzuwirken.
Mit der blendenden Aufführung von Pasquinis opernhaftem Oratorium ist übrigens das diesjährige Motto der Innsbrucker Festwochen tatsächlich in Erfüllung gegangen: "Zeit der Wunder".
Bernardo Pasquini (1637-1710) , der in regem Austausch mit Großkollegen wie Scarlatti, Corelli und dem jungen Händel stand, nahm sich einer Vielzahl historischer und sakraler Stoffe an. Ein Hauptsponsor war Christina von Schweden, die erst René Descartes im kühlen Norden um Leib und Gesundheit brachte und darauf (darob?) in der Innsbrucker Schwarzmanderkirche zum Katholizismus übertrat. Wenige Fussminuten von der Kirche entfernt liegt das Tiroler Landestheater und ebendort erklang am Samstag Pasquinis Oratorium über Martyrium und Entrückung der Heiligen Agnes.
Alessandro di Marchi hat mit seiner Academia Montis Regalis die alten, lange vergessenen Töne frisch und fröhlich wiedererweckt. Dynamisch schlank, luftig im Continuo-Teil und bei den Gesangspartien berückend schön korrespondiert das musikalische mit dem Bühnengeschehen.
Vor einem verwischten Stadtpanorama schmachtet der etwas tölpelhafte Flavio im viel zu großen Schlabberhemd die zunächst eher irdische Agnes an. Goldumflort verstrahlt sie jedoch bereits den Glanz einer anderen, einer besseren Welt. Dem stimmlich wie gestisch betörenden Liebeswerben entzieht sie sich erst charmant, dann entrüstet und schliesslich nachgerade entrückt. Flavios Vater und ein sinistrer Berater ärgern sich über die zickige junge Dame und verfrachten sie erst ins Bordell, später dann sogar auf den Scheiterhaufen.
Zu dumm nur, dass Agnes alles unbeschadet überlebt und sogar Flavio ob ihrer Aura kurzzeitig ins Jenseits versetzt. Als sie ihn jedoch mittels Gebet wiedererweckt, da reicht es den herrischen Herren und man meuchelt sie - diesmal für immer - durch einen gezielten Messerstich. Flavio bleibt untröstlich zurück, auf Agnes scheint indes ein sanftes Licht von ganz weit droben.
Mit ganz wenigen, aber dafür umso wirkungsvolleren Effekten arbeiten Regisseur Vincent Boussard und sein Bühnenbildner Vincent Lemaire, sehr sanft wird da durch große Räume geschritten, rote Blüten stellen sowohl Liebesglut wie reale Flammen dar. Die szenische Herangehensweise ist - im positiven Sinne - naiv und wird dem Werk überaus gerecht.
Auch Pasquinis Musik ist natürlich werkdienlich, aber nie anbiedernd. Statt einem trockenen Oratorium ist diese Agnes-Passion ein bestens funktionierender Opernzweiakter, reich an Klangideen und sprudelnder Energie. De Marchi hat den ursprünglichen Orchestersatz etwas erweitert und den Continuo-Part mit wie improvisiert wirkenden Passagen aufgelockert. Bestens gelaunt auch die Sänger: Emmanuelle de Negri bezaubert als Agnes, Kobie van Rensburg bietet als böser Berater grimmig-raue Koloraturen, Martin Oro zeigt zarten Schmelz als Flavio.
Leider steht uns Heutigen keine Agnes zur Verfügung, die Tote wiedererwecken kann. Das ist jammerschade, da der Passions-Librettist Kardinal Benedetto Pamphili das Ganze derart passioniert und brillant in Sprachbilder giesst, dass es einem schier schwindlig wird. Einen wie ihn bräuchte es, um der derzeit wieder einmal virulenten Librettokrise im Musiktheater entgegenzuwirken.
Mit der blendenden Aufführung von Pasquinis opernhaftem Oratorium ist übrigens das diesjährige Motto der Innsbrucker Festwochen tatsächlich in Erfüllung gegangen: "Zeit der Wunder".