Die Hanse-Garde in Bremen

Fechten und Schießen für die Tradition

Ein Mitglied der Schweizer Garde bei der Seligsprechung von Johannes Paul II
Die Schweizer Garde gilt den Bremern als Vorbild © picture alliance / dpa / Donatella Giagnori / Eidon
Von Yannick Lowin · 24.04.2016
Leibgarden gibt es noch im Vatikan, an den Königshäusern Spaniens und Großbritanniens. Und bald auch in Bremen? Dort hat sich eine Gruppe von Enthusiasten zusammengefunden, um die Hanse-Garde zu gründen.
Nec Temere, Nec Timide – weder unbesonnen, noch furchtsam – das ist das Motto der Bremer Hanse-Garde: Einer Gruppe, bestehend aus einem Dutzend Männern und zwei Frauen. Eine Gruppe, die einzigartig ist in Deutschland. Nirgendwo sonst gibt es Menschen wie die Bremer, die mit größter Ernsthaftigkeit ihren Vorbildern nacheifern: historischen Elite-Schutztruppen, wie sie es heute nur noch an einigen Königshäusern oder im Vatikan gibt. Genau wie die Vorbilder hat auch die Hanse-Garde einen Schutzauftrag, wenn auch in kleinerem Maßstab.
"Wir arbeiten zum Beispiel mit dem Schloss Erbhof in Thedinghausen zusammen. Und haben dort ein bis zweimal im Moment die Aufgabe, eine Schlosswache zu stellen."
Michael Thrun ist Anführer der Gruppe. Der bullige 52-Jährige war schon immer begeisterter Kampfsportler. Irgendwann landet er beim historischen Fechten. Acht Jahre ist es her, da fängt er an, in einer eigenen Akademie andere darin auszubilden.

Leistungsgruppe für historische Fechtkünste

Zweimal die Woche duellieren sich die Mitglieder der Hanse-Garde in einer biederen Bremer Schulturnhalle. Auf dem Lehrplan stehen Schwertkampf wie im Mittelalter und Fechten wie in der frühen Neuzeit. Den Besten seiner Akademie will Michael Thrun eine Perspektive bieten:
"Die Hanse-Garde ist die Leistungsgruppe der Akademie für historische Fechtkünste. Die sich aus der Intention gebildet hat, für Leute, die besonders engagiert und talentiert sind, eine Aufgabe zu finden, die ihren Fähigkeiten gerecht wird."
Die Gardisten und solche, die es werden wollen, müssen eine umfangreiche Ausbildung durchlaufen: Neben dem historischen Fechten lernen die Gardisten auch reiten und schießen mit Waffen aller Art: Armbrust, Bogen, Vorderlader und moderne Pistolen. Hinzu kommt Nahkampf-Training. Und um das ganze in Sachen Fitness abzurunden, erfährt auch das gute alte Zirkel-Training seine Renaissance.
Ein umfangreiches, körperlich forderndes Programm, das die Hanse-Gardisten an bis zu fünf Tagen die Woche absolvieren, und das sie alle außer Atem kommen lässt, sei es beim Zirkeltraining oder bei den Fechtduellen.

Training mit einer Waffe, die einer Axt ähnelt

Gerade die Abwechslung macht aber den Reiz aus, findet Frauke Beer, eine der wenigen weiblichen Gardisten.
"Das Garde-Training ist sehr vielfältig, weil wir viele verschiedene Fechtdisziplinen haben. Es gehört Faust- und Ringkampf dazu, Selbstverteidigung und auch das Reiten. Es wäre natürlich lohnenswert, wenn man vorher schon etwas an Sportarten gemacht hat, Leute die schon mal Kampfsportarten gemacht haben sind im Vorteil. Man muss nicht unbedingt trainiert sein, dann hat man aber einen längeren Weg, um in die Garde zu kommen."
Wie eine Garde aufgebaut wird, welche Anforderungen ein Hanse-Gardist erfüllen soll, für all das dient die Schweizer Garde als großes Vorbild. Vor zwei Jahren waren die Bremer sogar schon zu Besuch im Vatikan. Aber nicht etwa als Praktikanten, sondern um die Schweizer Garde zu unterrichten. Denn die Bremer haben sich Wissen angeeignet, das die Schweizer Garde nicht mehr hat. Im Mittelpunkt stand das Training mit der Traditionswaffe der Schweizer Garde, der Hellebarde, einer Waffe, halb Speer, halb Axt.

Enge Verbindung zur Schweizer Garde

"Wir haben die Schweizer Garde im Umgang mit der Hellebarde unterrichtet, das heißt, das Individual-Training mit der Hellebarde, ebenso wie arbeiten in der Gruppe, was für die Schweizer Garde sehr interessant ist. Nach Aussagen einer Schweizer Gardisten wäre es denen am liebsten gewesen, wir wären gleich dageblieben."
Aus der engen Verbindung zur Schweizer Garde entspringt auch der Traum für Michael Thrun und seiner Hanse-Garde: Einmal mit den Kollegen von der Schweizer Garde die Papstmesse zu bewachen.
"Wenn halt zum Beispiel so eine große Messe wäre, das wäre natürlich eine Erfahrung, die sonst kein Mensch der Welt macht und das wäre natürlich fantastisch."
Für dieses Ziel trainieren Michael Thrun und seine Gardisten eisern – immer getreu dem Motto: Nec Temere, Nec Timide - weder furchtsam noch unbesonnen.
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