Die Grünen in der Krise

„Das Besserwisserische ist das Problem“

Die Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen für die Landtagswahl in NRW, Sylvia Löhrmann, steht am 30.04.2017 bei einem Wahlkampfauftritt in Gütersloh (Nordrhein-Westfalen) mit Parteimitgliedern zusammen
Die Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen für die Landtagswahl in NRW, Sylvia Löhrmann, bei einem Wahlkampfauftritt © picture alliance / Ina Fassbender/dpa
Michael Opielka im Gespräch mit Ute Welty |
Ausgerechnet im Wahljahr 2017 gehen die Umfragewerte der Grünen deutlich nach unten. Nur Schleswig-Holstein widersetzt sich dem bundesweiten Trend. Was hat die Partei falsch gemacht, fragen wir Michael Opielka, Geschäftsführer des Instituts für Sozialökologie.
Die Grünen im Sinkflug: Kurz vor den Wahlen in Nordrhein-Westfalen muss die Partei sogar um den Wiedereinzug in den Düsseldorfer Landtag bangen. Auch in Umfragen auf Bundesebene ist die Partei derzeit auf sechseinhalb bis acht Prozent abgesackt. Nur in Schleswig-Holstein steht sie besser da.
Der Sozialwissenschaftler und frühere sozialpolitische Vordenker der Grünen, Michael Opielka, sieht das Problem in einer Spaltung der Partei:
„Das eine Lager sagt, wir wollen eine Klientelpartei sein, eine Art links-grüne FDP für die Leute, die alles besser wissen, die immer die Guten sind“, sagte Opielka im Deutschlandfunk Kultur. „Und der andere Teil der Grünen, der sagt, wir wollen eine Volkspartei sein, als Idee eine Volkspartei. Und in manchen Fällen wie in Baden-Württemberg ja durchaus auch relativ erfolgreich.“

Trittin als Vertreter des „linken Klientelismus“

Als Beispiel für „linken Klientelismus“ nannte Opielka hingegen den Grünen-Politiker Jürgen Trittin. „Jürgen Trittin ist ein alter Mann des Kommunistischen Bundes. Er ist ein alter Linker, der auch heute sozusagen im Kern auf keinen Fall eine grüne Volkspartei haben will, sondern eine linke Besserwisserpartei.“
Er sei nicht gegen das Linke, betonte Opielka. „Das Linke ist absolut unerlässlich, auch für die Grünen – aber das Besserwisserische ist das Problem.“
Diese Spaltung spiegelt sich dem ISO-Geschäftsführer offenbar auch in den unterschiedlichen Umfragewerten der Grünen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein wider: „In Schleswig-Holstein verhalten sie sich richtig und in Nordrhein-Westfalen verhalten sie sich aus meiner Sicht falsch.“

Die Themen der Bevölkerung aufgreifen

Die Grünen hätten bisher nur dann zweistellige Wahlergebnisse eingefahren, wenn die Partei Themen allgemeiner gefasst und deutlich gemacht hätte, dass sie sich für das interessiere, was die breite Masse der Bevölkerung bewegt, mahnte Opielka. „Das können Sie an vielen Beispielen durchbuchstabieren: an der Migrationspolitik, aber eben auch an der Sozialpolitik.“ (uko)
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