Die Grenzen zwischen Schwarz und Weiß

Von Kerstin Zilm · 01.03.2010
Seit einem Jahr lebt ein schwarzer Präsident mit seiner Familie im Weißen Haus, aber Hollywood bleibt weiterhin ein mehrheitlich "weißes" Geschäft. Unter den Nominierungen und Preisen, die die US-amerikanische Filmindustrie in diesem Jahr vergeben hat, bildet nur der Film "Precious" eine Ausnahme.
Die am Film "Precious" beteiligten Filmemacher sind überwältigt von Erfolg und Anerkennung, die ihr Werk bekommt. Beim Start ihrer Karriere glaubten sie nicht daran, dass sie als Schwarze eine wahre Chance in Hollywood haben könnten. Regisseur Lee Daniles sieht einen Zusammenhang mit der Wahl des ersten schwarzen US-Präsidenten:

"Alle zehn Jahre, wenn wir Glück haben, gibt es einen Moment, in dem das politische Klima, das Timing und ein Film zusammenpassen, die Sterne gut stehen für dessen Botschaft, sodass sie verbreitet werden kann."

Nur drei weitere Filme überwinden mit Oscar-Nominierungen in Hauptkategorien die in Hollywood bestehenden Grenzen zwischen Schwarz und Weiß: "Invictus" mit Morgan Freeman als Nelson Mandela, die Geschichte eines schwarzen Footballspielers "Blindside - die große Chance" und der erste Disney-Zeichentrickfilm mit einer schwarzen Prinzessin: "Küss den Frosch". Hollywood ist weit entfernt davon, Rassenschranken tatsächlich zu überwinden, erklärt Professorin Tara McPherson, Expertin für Rassenfragen in Film und Fernsehen an der University of Southern California.

"Es wurden Fortschritte gemacht, aber weniger als die meisten glauben. Hollywood ist immer noch mehrheitlich weiß, besonders auf der Ebene der Entscheidungsträger. Es werden mehr schwarze Schauspieler beschäftigt, aber wir werden erst dann wahre Rassengleichheit sehen, wenn Regisseure, Produzenten und besonders die Personen, die über Geld entscheiden, aus all den ethnischen Gruppen kommen, die sie behaupten, in ihren Filmen darstellen zu wollen."

Hattie McDaniel war 1940 die erste schwarze Schauspielerin, die einen Oscar entgegennahm für ihre Nebenrolle als schwarze Mammy in "Vom Winde verweht."

"Dies ist einer der glücklichsten Momente meines Lebens. Ich hoffe aufrichtig, dass ich immer meiner Rasse und der Filmindustrie Ehre mache. Mein Herz ist zu voll, um zu beschreiben, wie ich fühle."

1963 erhielt Sidney Portier den ersten Oscar für einen schwarzen Hauptdarsteller. Prince bekam 1984 als erster schwarzer Musiker die Auszeichnung.

Halle Berry wurde 2001 die bisher einzige Schwarze mit einem Oscar als beste Hauptdarstellerin - für ihre Rolle in "Monsters Ball".

"In diesem Augenblick geht es um so viel mehr als um mich. Er ist für all die farbigen Frauen, die ohne Namen und ohne Gesicht sind. Denn für sie hat sich heute Abend eine Tür geöffnet."

Auch Jahre später ist Berry, eine der erfolgreichsten US-Schauspielerinnen in Hollywood, mit Rassismus konfrontiert.

"Selbst mit einem Oscar in der Hand sagen mir Leute, die ein gutes Drehbuch haben: Wir wollen das nicht schwarz besetzen. Sie merken nicht, dass das rassistisch ist. Erst wenn ich frage 'Warum? Ich bin eine Frau, habe das richtige Alter für die Rolle, warum nicht ich?' Dann sagen sie 'Ach ja, richtig! Lass mich drüber nachdenken!'"

Professorin Tara McPherson erwartet, dass in wenigen Jahren Rassenschranken im Film selbstverständlicher überwunden werden. Ihre Filmstudenten haben unterschiedlichste ethnische und soziale Hintergründe. Für sie ist Rasse als Thema gesellschaftlicher Auseinandersetzung weniger spannend als Kritik am ersten schwarzen US-Präsidenten, mit dem sie große Hoffnung verbanden.

"Ich sehe eine Generation junger Filmemacher, die in drei, vier Jahren ziemlich politische Filme schaffen werden, wenn ihre Erwartungen an die Obama-Regierung enttäuscht wurden. Ich höre jetzt schon das Grummeln der Desillusionierung. Vor einem Jahr waren sie noch ziemlich optimistisch."

Eher unwahrscheinlich ist, dass politische Filme dieser Art finanzkräftige Unterstützung von Hollywoodstudios finden.