Die Geheimnisse einer Frau

22.09.2009
Das Deutsche Theatermuseum in München zeigt eine Ausstellung über das Leben der Schauspielerin Marianne Hoppe. Zu sehen sind viele bisher unveröffentlichte Dokumente, Fotos, Korrespondenzen und Tagebuchaufzeichnungen.
Nun unsere Freude, du Jüngste, Geringste, was sagst Du? / Nichts, gnädiger Herr! / Nichts? / Nichts. / Aus Nichts kann nichts entstehen.

Die Ausstellung beginnt mit einem der letzten Auftritte von Marianne Hoppe: 1990 spielte die damals 81-jährige in Frankfurt unter der Regie von Robert Wilson den König Lear von Shakespeare. Und noch immer bestach sie mit ihrer Mischung aus Kraft und kühler Distanziertheit, die so schnell in Zerbrechlichkeit übergehen konnte. Ansonsten hält die Ausstellung den Lebensweg von Marianne Hoppe weitgehend chronologisch fest: Bereits als 18-Jährige wird die brandenburgische Gutsbesitzerstochter 1927 am Deutschen Theater in Berlin aufgenommen, wo sie in kleinen Rollen auftritt und den letzten Glanz von Max Reinhardt erlebt. Dann wechselt sie nach Frankfurt und 1932 an die Münchener Kammerspiele. Die Ausstellung hält diese Schritte fest, zum großen Teil basierend auf dem Nachlass, den Marianne Hoppes Sohn Benedikt dem Deutschen Theatermuseum zur Verfügung gestellt hat. Und ergänzt durch viele Filmausschnitte, wie die Kuratorin Birgit Pargner betont:

"Aber nicht nur aus den Spielfilmen. Man sieht Mitschnitte von Theater-Inszenierungen. Und das Anliegen dieser Ausstellung ist, diese große künstlerische Spannbreite auch optisch vorzuführen. … Und ein Schwerpunkt in dieser Ausstellung ist auch zu zeigen, wie die Beziehung zwischen Marianne Hoppe und Gustaf Gründgens gewesen ist. Sicherlich ein schweres Thema für eine Ausstellung. Aber es sind viele Briefe und Zettel zu sehen, die sich die beiden geschrieben haben und die, glaube ich, ein neues Licht auf die Qualität dieser Beziehung werfen."

Ab 1933 erhält Marianne Hoppe erste Filmrollen. Nach ihrem Debüt als Josefa in "Der Judas von Tirol" steigt sie zum Ufa-Star auf, lässt sich von der NS-Propaganda aber auch instrumentalisieren. Als sie Mitte der 30er-Jahre nach Berlin ans Preußische Staatstheater unter Gustaf Gründgens kommt, wird die Bindung zum Regime noch enger. In der Ausstellung sind dazu sind unter anderem Aufnahmen des Paares im Haus von Reichsmarschall Hermann Göring zu sehen. Als Gründgens wegen seiner offenen bisexuellen Neigung von den Medien angegriffen wird, drängt Göring den Intendanten, zu heiraten. Gründgens entscheidet sich für Marianne Hoppe. Ein Jahr später, 1937, stehen sie gemeinsam vor der Kamera für "Kapriolen".

Ich hätte schon lange herkommen sollen. Ich habe es immer wieder hinausgeschoben. / Weil sie Angst haben? / Nein. / Doch. Geben sie es ruhig zu! Ich verstehe das sehr gut. Ein reizende kleine Frau, die Angst hat, die sich schämt, dass sie Angst hat, die zugibt, dass sie sich schämt, dass sie Angst hat, die ist in meinen Augen die vollkommenste Frau, die sich ein Mann nur wünschen kann. / Tut mir sehr leid, aber ich muss sie enttäuschen. Im Allgemeinen bin ich nämlich sehr mutig und tapfer und stark.

Die Ehe wird 1946 geschieden und fälschlicherweise bis heute oft nur als Notgemeinschaft interpretiert. Zumal Marianne Hoppe auch Beziehungen zu Frauen hatte, wenn auch eher im Hintergrund. Deshalb widmet die Ausstellung dieser Liebe einen eigenständigen Bereich mit persönlichen Briefwechseln. Auch nach dem Krieg spielt Marianne Hoppe unter Gründgens Regie, jetzt am Neuen Theater in Düsseldorf. Unabhängig davon wendet sie sich seit den 50er-Jahren mehr den Dramen des psychologischen Realismus zu und findet große Charakterrollen bei amerikanischen Autoren wie Tennessee Williams, Eugene O´Neill oder William Faulkner. Als in den 60er-Jahren das Regietheater aufkommt, bei dem die Originalität der Inszenierung in den Vordergrund tritt, arrangiert sich Marianne Hoppe damit relativ unbekümmert:

"Es ist für mich gleichgültig, weil ich finde, als Schauspieler auf der Bühne zu stehen, schöpft man immer aus der gleichen Quelle, nämlich aus der Kraft oder aus der Fantasie. ... Ich kann immer von den Stilen furchtbar schlecht sprechen."

Die Ausstellung bietet eine wunderbare Mischung aus Filmausschnitten, Interviews und schriftlichen Dokumenten. Die vielen Fotos wirken etwas gedrängt arrangiert, sind aber durch ein einleitendes Großfoto geschickt thematisch strukturiert. Und mit den Briefwechseln offenbart die Ausstellung viel Persönliches. Zugleich bleibt doch ein Rest von Geheimnis: Niemand weiß, von wem der kleine dunkelgrüne Stein stammt, den Marianne Hoppe immer bei sich trug. Auch er ist in München zu sehen.