Die Geburt des Glamour

Von Barbara Wiegand · 17.02.2008
Elegant, vornehm, unnahbar, manchmal sogar cool wirken die während der Weimarer Republik porträtierten Frauen auf den Gemälden, die das Berliner Georg Kolbe Museum zeigt. Die Ausstellung "Glamour! Das Girl wird feine Dame" beweist, dass sie alles andere waren als das Heimchen am Herd.
Ein Abendkleid aus zartblauem Satin fällt eng am Körper anliegend in einer Schleppe zu Boden, zwei Theaterbesucherinnen mit ebenso die Figur betonenden halb- oder dreiviertellangen Pelzjacken spitzen so arrogant wie elegant ihre tiefrot geschminkten Lippen, eine Frau im braun glänzenden Abendkleid posiert adrett auf einer Chaiselonge - im Berliner Georg Kolbe Museum sind glamouröse Modellkleider, Modezeichnungen, Fotos und Gemälde ausgestellt. Aus der Zeit, in der das "Girl" der zwanziger Jahre erwachsen und zur Dame wurde: Elegant, vornehm, unnahbar … ja – manchmal sogar cool, wie wir heute sagen würden. Etwa in dem 1930 von Tamara de Lempicka gemalten Porträt einer telefonierenden Brünetten mit Korkenzieherlocken und blau-weißem Kleid. Den Kopf leicht zur Seite geneigt, das Ohr am Hörer gerät sie zur poppig gemalten Ikone früher Telekommunikation …

Kuratorin Verena Dollenmaier: " Was die Mode betrifft hat es sich wirklich ganz stark verändert - Das Girl in den 20ern hatte eben diese tiefen Taillen, weite Kleider, in denen man sich frei bewegen konnte, selbst die Schuhe waren mit Spangen über dem Fuß, die fielen nicht so leicht vom Fuß, die Hüte waren tief in die Stirn gezogen, fielen auch nicht so leicht vom Kopf. Ab 1928 veränderte sich das stark. Die Kleider wurden sehr körperbetont sehr eng, die Frau konnte nicht mehr mit so weit ausholendem Schritt sich bewegen. Die Frau war auf ihre elegante Wirkung, auf ihren Stil bedacht, die Funktionalität stand nicht mehr so im Vordergrund. "

Gründe für diesen Wandel sieht Dollenmaier vor allem in der vom permanenten Wandel geprägten Mode. Aber auch die damalige Weltwirtschaftskrise bremste ihrer Meinung nach den Selbstverwirklichungsdrang der Girls aus den frühen 20ern.

Doch die Dame in der Weimarer Republik, sie war alles andere als ein Heimchen am Herd und sicher auch nicht Vorreiterin des mütterlichen Musterbildes der Nationalsozialisten. Sie kam vielmehr als Diva aus Hollywood, wie die ebenfalls ausgestellten Fotos Filmplakate, ja sogar Original-Accessoires von Greta Garbo und Marlene Dietrich zeigen. Auf der Leinwand bewundertes und in zahlreichen Modezeitschriften bebildertes Ideal, war die Dame im wahren Leben allerdings eher etwas für die oberen Zehntausend.

" Der Schnitt an sich ist relativ einfach, es sind raffinierte Details. Aber das Grundmaterial war von großer Qualität. Wir haben Stoffe wie Seidensatin, die im Bereich der Abendkleider wichtig waren und das wurde immer kombiniert mit Pelz. Das geht auch fast ein bisschen parallel mit der Architektur und dem Design. (…) Wenn man jetzt Namen nennt wie Mies van der Rohe, das ist ein qualitativ gut durchdachter Grundentwurf, der sich auf sehr klare Linien konzentriert. Und das findet die Parallelen auch im Modedesign in der Kleidung und den Accessoires auch. "

Die vom antiken Schönheitsideal beeinflussten schmal geschnittenen Silhouetten der Kleider und Röcke erforderten allerdings eines – auf die schlanke Linie zu achten und Sport zu treiben - aber mit Stil. Auch hier hat man im Kolbe Museum beeindruckend Beispielhaftes vereint, vielfach entliehen aus anderen Museen und Privatsammlungen. Da gibt es die Bronzeskulptur einer den Schläger schwingenden Golferin, das Bild einer Frau im eng anliegenden Segeldress und die von Leo von König gemalte erste Wimbledon-Gewinnerin Cilly Aussem – von anmutig zarter Gestalt hat sie mit den bulligen Williams Schwestern der Gegenwart nur die weiße Kleidung gemein.

Im Gegensatz dazu ist das, was wir uns bis heute unter Glamour und Eleganz vorstellen jedoch gar nicht so weit weg von der Zeit, in der das "Girl" zur feinen Dame wurde. Das zeigt uns diese so pointiert wie abwechslungsreich konzipierte Ausstellung auf sehenswerte Weise. Nochmals Verena Dollenmaier:

" Wenn man heute sich mal die roten Teppiche von Filmpreisen oder so anguckt. Also die Abendkleider, die wir hier in der Ausstellung präsentieren, die könnten durchaus auch heutzutage getragen werden. Es ist wirklich eine zeitlose Eleganz, die da entstand und die zum Teil sicher heute noch ihre Gültigkeit hat. "


Service:
Die Ausstellung "Glamour! Das Girl wird feine Dame – Frauendarstellungen in der späten Weimarer Republik" ist vom 17. Februar bis 12. Mai 2008 im Georg Kolbe Museum in Berlin zu sehen.