Die ganze Sendung

Raus aus dem Elfenbeinturm!

Alte Bücher in einem Regal
Die Geisteswissenschaften schrauben sich in intellektuelle Höhen, aber können ihren Lesern ihr Anliegen nicht mehr vermitteln, kritisiert der Philosoph Wolfgang Ulrich. © Jan-Martin Altgeld
Moderation: Joachim Scholl · 07.12.2014
Wolfgang Ullrich geht mit den Geisteswissenschaften hart ins Gericht: Zu unverständlich, zu betriebsintern argumentierten sie und oft verstünden die Wissenschaftler selbst nicht, was sie sagen. Neue Bilder und Worte müssten her.
Im Gespräch mit Joachim Scholl stellt der Kunstwissenschaftler und Medienphilosoph Wolfgang Ulrich seine streitlustige Wissenschaftspoetik vor.
Außerdem geht Thorsten Jantschek anlässlich des Todes von Tugce Albayrak in seinem Kommentar der Frage nach, was es denn heißt, wenn jetzt allüberall Zivilcourage gefordert wird. Wir setzen die Reihe "Philosophische Orte" fort, diesmal mit dem "Tübinger Stift" und im Adventskalender von Deutschlandradio Kultur gibt Winfried Sträter seinen persönlichen Buchtipp für den Weihnachtstisch.
Kinder haben wir in dieser Woche gefragt: Ist Denken anstrengend? Und die drei großen Fragen beantwortet die Philosophin Daniela Camhy.
Die Beiträge im Einzelnen:
Eine Wissenschaftspoetik – Wolfgang Ullrich im Gespräch
Er liebt es, zu provozieren, der in Karlsruhe lehrende Medienphilosoph Wolfgang Ullrich. Bisher hatte er es mit dem Kunstbetrieb und der Konsumkultur aufgenommen. In seinem jüngsten Buch bekommen nun auch die Philister der Geisteswissenschaften ihr Fett weg, die sich zwar in intellektuelle Höhen schrauben, die Gegenstände aber, mit denen sie es zu tun haben, längst nicht mehr ihren Lesern zu vermitteln verstehen. Einem Publikum, das Ullrich mit der These reizt, dass sich das Bildungsbürgertum längst zu einem Boulevard-Publikum entwickelt hat.
Damit nicht genug: An die Stelle des Elfenbeinturm-Geisteswissenschaftlers will Wolfgang Ullrich eine wirklich überraschende Figur setzen, die des Opportunisten. Freilich nicht in dem politischen Sinne des ewigen Ja-Sagers. Vielmehr geht es um den, der für seine Anliegen, seine Denk- und Erkenntnisweisen – ganz in der Tradition der antiken Rhetorik – die richtigen Bilder und Worte findet, der seinen Gegenstand und sein Publikum stets im Auge hat. Eine Wissenschaftspoetik, wie wir sie uns wünschen. In dieser Sendung steht Wolfgang Ullrich Rede und Antwort, mal sehen, ob er ein Opportunist ist.

Wolfgang Ulrich: Des Geistes Gegenwart. Eine Wissenspoetik
Wagenbach Verlag, Berlin 2014
160 Seiten, 11,90 Euro

Das Tübinger Stift – Ein weiterer Ort unserer Reihe Philosophische Orte von Christian Gampert
Das Tübinger Stift, eine evangelische Studieneinrichtung, ist philosophiegeschichtlich bis heute berühmt, weil sich dort im 18. Jahrhundert Hegel, Hölderlin und Schelling getroffen haben.
Adventskalender
Winfried Sträter empfiehlt:

Thomas Harding: "Hanns und Rudolf. Der deutsche Jude und die Jagd nach dem Kommandanten von Auschwitz"
Übersetzung von Michael Schwelien, dtv Verlag
399 Seiten, 24,90 Euro.