Die Frau mit dem Pfiff

Von Bernd Sobolla · 08.08.2005
lse Werner war einer der großen UFA-Stars und wirkte in fast 40 Filmen mit. Darunter in Werken wie "Wir machen Musik", "Große Freiheit Nr. 7" oder "Münchhausen". Sie brillierte als Schauspielerin und Sängerin, aber auch als Kunstpfeiferin. In den 60er und 70er Jahren arbeitete sie als Talk-Masterin, Radio- und Fernsehmoderatorin, Regisseurin und Autorin. In der Nacht zum Montag ist Ilse Werner in Lübeck gestorben.
"Wir machen Musik, da geht euch der Hut hoch. Wir machen Musik, da geht euch der Bart ab. Wir machen Musik, bis jeder beschwingt singt…"

Als Ilse Werner 1942 in Helmut Käutners Film "Wir machen Musik" sang, war sie gerade einmal 23 Jahre alt und hatte bereits eine Blitzkarriere hinter sich: 1921 in Djakarta als Tochter eines niederländischen Exportkaufmanns und einer Deutschen geboren, kommt sie mit zehn Jahren nach Deutschland, weiß schon früh, dass sie Schauspielerin werden will und spricht mit fünfzehn am Max-Reinhard-Seminar in Wien vor.

Ilse Werner: " Ja, das war eine Szene, das Mädchen, aus "Tor und Tod" von Hofmannsthal. Eine etwas tragische Geschichte. Und ich habe so mit meinen Armen herumgerudert, dass eine Lehrerin sagt: "Liebes Kind, wollen sie Schauspielerin werden oder Tänzerin?" Ich muss mich entsetzlich auf der Bühne aufgeführt haben. Aber ich wurde angenommen. "

Und nur sechs Monate später steht Ilse Werner zum ersten Mal auf der Bühne in der Josefstadt, wo sie gleich der UFA-Regisseur Geza von Bolvary entdeckt und für seinen Film "Die unruhigen Mädchen" engagiert. Fortan erobert sie als "jugendlicher Typ" das Publikum. Nichts an ihr wirkt gekünstelt, übertrieben oder unecht. Ob mit Strohhut oder im Nerzmantel, ob mit orientalischem Schleier oder im Ballerinakleid, ob in ländlicher Heimattracht oder im mondänen Abendkleid, jeden Typus nimmt man Ilse Werner ab. Und schon früh entdeckt der Komponist Werner Bochmann auch ihr Pfeiftalent.

Ilse Werner: " Hat angeklopft und sagte zu mir: Fräulein Werner, da war ich noch Fräulein Werner: "Was haben sie da eben gemacht?" Ich sage: "Was habe ich eben gemacht? Ich habe gepfiffen." Also ich meine, daraus entwickelte sich meine musikalische Karriere, die ich dem Werner Bochmann zu verdanken habe. Dann habe ich eine Platte nach der anderen gemacht. "

Darüber hinaus gilt sie in den 40er Jahren als schönste Frau Deutschlands. Deshalb ist sie auch wichtig für die NS-Propaganda, spielt in Unterhaltungsfilmen wie "Hochzeit auf dem Bärenhof", "Münchhausen", "Die schwedische Nachtigall" oder "Wunschkonzert". Letzterer wird später als Propagandawerk eingestuft. Und Ilse Werner erhält nach Kriegsende dafür ein einjähriges Berufsverbot. Der Filmwissenschaftler Guido Altendorf, der in Potsdam den Nachlass der Künstlerin aufarbeitet und eine Wanderausstellung zusammengestellt hat, die zurzeit in Bad Berka läuft, hat auch diesen Aspekt beleuchtet.

Guido Altendorf: " Ja, sicherlich. Das ist schon aus dem Grund heraus nicht zu vermeiden, weil der Film "Wunschkonzert" nicht nur der Film war, mit dem sie ungeheuer populär wurde. Es ist auch einer der erfolgreichsten Filme der Kriegszeit überhaupt gewesen. Wir haben versucht, uns in der ganzen Sache in der Ausstellung mal von einer anderen, von einer sehr persönlichen Seite zu nähern, indem wir Fan-Post ausstellen. Wo ehemalige Soldaten nach dem Krieg Bezug nehmen auf die Zeit, an Ilse Werner geschrieben haben, und ihr schildern, was sie bedeutete für die Soldaten. "

Ilse Werner ist aber auch in "Große Freiheit Nr. 7", zu sehen. Darin spielt sie eine Frau zwischen zwei Männern, und der Film ist teilweise in der Halbwelt Hamburgs angesiedelt, weshalb das Werk im Dritten Reich verboten wurde.
Große Freiheit Nr. 7:
"Sie sind wohl jeden Sonntag hier?
Nee, nur mal ab und an.
Wollen wir noch zusammen einen Süßen trinken?
Nee, lieber nicht. Ich kriege sonst so leicht einen Schwips.
Macht doch nichts, bringe dich doch nach Hause.
Dich?
Richtig! Ich habe die ganze Zeit gewusst, dass wir was vergessen haben. Das müssen wir doch sofort nachholen – Brüderschaft.
Sagen Sie hübsch weiter Fräulein Gesa zu mir. Und ich Herr… wie heißt du? Heißen sie denn eigentlich?
Siehst du, das kommt davon. Also was ist denn nun? Du oder Sie?
Können Sie halten, wie du willst. "

In ihrem Tagebuch, liest man unter dem Datum, 2. Mai 1945: "Kapitulation Berlins! Endlich! Und das Haus blieb stehen. Wir danken und bauen wieder auf!" Beim Start des Deutschen Fernsehens ist sie dann 1952 wieder dabei. In den Folgejahren zeigt sich Ilse Werner als Multitalent: Sie sing und pfeift, moderiert im Radio und im Fernsehen, leitet Quiz- und Talkshows und schreibt Bücher. Und auf der Bühne überzeugt sie auch als Charakterdarstellerin, so in Thornton Wilders Stück "Wir sind noch einmal davongekommen", mit dem sie 1973 durch Deutschland tourt.

In größeren Abständen dreht Ilse Werner aber auch immer wieder Fernsehfilme, z.B. die Serie "Rivalen der Rennbahn" oder "Die Hallo Sisters", eine Tragikomödie über zwei alternde Showstars, für den sie 1991 den Deutschen Filmpreis erhält. Dann, 1995, steigt sie sogar in den Regiestuhl für ihre Autobiografie "Ilse Werner – Alles zu seiner Zeit".

Ilse Werner: "Aber die UFA-Zeit, hier war ja die UFA, die große, schöne UFA, das war meine schönste in meinem Leben. "