Die Frage nach dem Ursprung

Rezensiert von Susanne Mack |
Woher kommen wir, wohin gehen wir? Gibt es einen Sinn der Welt, einen Plan, nach dem ein Gott die Welt geschaffen hat? – Grundlegende Fragen, auf die Theologen und Naturwissenschaftler in der Regel gegensätzliche Antworten geben. Gehard Börner hingegen lässt in seinem Buch „Schöpfung ohne Schöpfer?“ beide Ansichten gelten und lädt den Leser dazu ein, mit ihm über die „Wunder des Universums“ zu staunen.
„Schöpfung ohne Schöpfer?“. Am Ende bleibt die Frage offen. Gerhard Börner lässt beide Meinungen gelten: „Es gibt einen Gott, einen Schöpfer der Welt“ und „Es gibt keinen Gott. Das Universum organisiert sich selbst „. Für den Autor sind das zwei vollkommen gleichberechtigte Glaubenssätze, beide vereinbar mit den Ergebnissen der modernen Physik.

Was Gerhard Börner selber glaubt, steht hier nicht zur Debatte. Er schreibt in seiner Eigenschaft als Physiker und lässt sich in Glaubensfragen nicht in die Karten schauen.

Gerhard Börner gehört zu jener Sorte Naturwissenschaftler, die sich brennend für weltanschauliche Themen interessiert: für Fragen nach dem Urgrund der Welt, Schöpfer – ja oder nein? Vielleicht ist Gott ja auch Mathematiker, und es gibt so etwas wie eine Weltformel? … –Auf alle Fälle: Börner hat große Freude am Spekulieren – und wünscht sich viel mehr Dialog zwischen Naturwissenschaft und philosophischer Theologie. Früher gab’s hier eine harte Konkurrenz bis hin zu offener Feindschaft, inzwischen, so der Autor, ist „Burgfrieden“ eingekehrt. Aber der reicht ihm nicht aus. Börner sagt, die Zeit ist reif für ein fortgesetztes Gespräch, das beide Disziplinen bereichern könnte: sowohl die Naturwissenschaft als auch die Theologie. In diesem Buch hier führt Gerhard Börner erstmal ein Selbstgespräch: der Leser erfährt viel über moderne Physik und gleichzeitig über all die philosophisch-theologischen Fragen, die einen Physiker wie ihn so bewegen.

Das Buch hat drei Kapitel. Im ersten Kapitel geht es um die „Welt im Großen“, um Astrophysik, den Urknall, um „schwarze Löcher“, den Lebenszyklus der Sterne.
Im zweiten Kapitel geht es dann um die „die Welt im Kleinen“. Um Mikrophysik, um Quanten , Elementarteilchen und elektromagnetische Felder.
In beiden Kapitel gibt es reichlich philosophischen Kommentar. Und im dritten, dem Schlusskapitel wird resümiert: Welche Spekulationen sind plausibel? Welche Glaubenssätze über den Urgrund, das Woher, das Wohin und den Sinn der Welt?

„Schöpfung ohne Schöpfer?“ – Der Autor will dieses Fragezeichen gar nicht beseitigen. Im Gegenteil: Er will, dass wir die Größe dieses Fragezeichens erst einmal zur Kenntnis nehmen. Sprich: Hier lädt uns ein Physiker ein, mit ihm zu staunen über " Das Wunder des Universums“ (so heißt der Untertitel dieses Buches). Zu staunen über all die seltsamen und geheimnisvollen Dinge, mit denen es ein Wissenschaftler zutun bekommt, wenn er einfach nur seinem Beruf nachgeht.

Dinge, die – zugegeben – unseren Verstand ein bisschen überfordern. Beispiel: Wie sollen wir uns vorstellen, dass Raum und Zeit (diese lange als „ewig“ geglaubten physikalischen Größen), erst mit dem Urknall entstehen, um dann in " schwarzen Löchern“ wieder zu verschwinden? Oder diese seltsame Geschichte mit dem Licht: Das Licht hat mindestens zwei Möglichkeiten, einem Physiker zu erscheinen, entweder als Welle oder als ein Strom von Teilchen. In welcher Form es sich dem Forscherauge präsentiert, hängt ganz davon ab, mit welchen Gerätschaften er dem Licht zu Leibe rückt, von der Versuchsanordnung also.

Was lehrt uns das, fragt Gerhard Börner: Forscher bilden ihre Objekte offensichtlich nicht nur ab, sondern Forschen ist ein kreativer Akt. Ein Wissenschaftler ist immer auch ein Schöpfer: ein Schöpfer seiner eigenen Bilder von der Welt. Und welche „höhere Intelligenz“, welcher Gott womöglich, hat sich dieses schöne „Spiel der Forschung“ ausgedacht? Oder ist das eine falsch gestellte Frage? – Über solche und ähnliche Dinge wird in diesem Buch genüsslich spekuliert.

Wir empfehlen dieses Buch jedem, der Lust hat, mit einem Physiker zu fragen und zu staunen. Das Buch ist solide geschrieben, im einfachen und handfesten Stil eines Wissenschaftlers, der es versteht, für ein Laienpublikum zu schreiben. Man erfährt manches Neues, man bekommt auch Dinge neu erzählt, die einem bekannt vorkommen, aus der Schule, aus dem Physik-Unterricht. Aber damals hat man das alles nur als „Lernstoff“ zur Kenntnis genommen. Nicht als einen Grund zu fragen. Und zu staunen über die Wunder der Welt.

Gerhard Börner: Schöpfung ohne Schöpfer? Das Wunder des Universums
Deutsche Verlags-Anstalt
232 Seiten, 19,90 Euro