Die Folgen der Visa-Affäre
Visa-Debatte, Visa-Ausschuss, Visa-Affäre: die Meldungen überschlagen sich. Die Konsequenten des Debakels für die deutsche Politik sind noch unklar - klar sind dagegen bereits die Folgen für Ukrainer, Russen und andere GUS-Bürger: Sie dürfen seit dem vergangenen Sommer nicht mehr so einfach nach Deutschland einreisen. So jedenfalls die Klage verschiedener Austausch- und Nichtregierungs-Organisationen.
Drücker: "Wir haben den Eindruck, dass die Visa-Affäre auf dem Rücken von funktionierenden Projekten im Bereich Jugendaustausch, Kulturaustausch, Bildungsaustausch ausgetragen wird und dass auch ein Bild von Ukrainerinnen und Ukrainern gezeichnet wird, dass sie generell als Verbrecher, Mafia oder Zwangsprostituierte hinstellt und dass es gerade nach der Revolution in orange ein denkbar schlechtes Zeichen. "
Ansgar Drücker ist enttäuscht. Seit mehr als zehn Jahren lädt der Geschäftsführer der Naturfreundejugend ukrainische Jugendliche ein. Die Gäste unternehmen hier - zusammen mit deutschen Schülern - Kanutouren auf der mecklenburgischen Seenplatte, bauen Abenteuer-Camps in Wäldern und besichtigen die Goethestadt Weimar. Bislang habe die Kiewer Botschaft die erforderlichen Visa aufgrund eines Gruppenantrages erteilt, berichtet der Verbandschef - doch dies sei nun vorbei.
Drücker: "Seit dem Sommer letzten Jahres ist es nicht mehr möglich Gruppenvisa für den Jugend-Austausch zu bekommen, sondern es muss jeder einzelne Jugendliche, jedes einzelne Kind in die Botschaft, die es in Kiew gibt, also in der Hauptstadt, was oft mit weiten Wegen verbunden ist und dort ein Visum beantragen und es kommt auch vermehrt zu Ablehnungen in Einzelfällen, so dass zum Teil nur noch Gruppen in halber Stärke an den Jugendaustauschen teilnehmen. "
Statt der üblichen 20 bis 30 Kinder seien zuletzt nur noch rund 15 gekommen, klagt Drücker. Nach seinem Eindruck sind die Konsulate wegen der Visa-Debatte übervorsichtig geworden. So sieht es mittlerweile auch der Bundesjugendring.
Drücker: "Der Deutsche Bundesjugendring, also die Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände hat in einer Stellungnahme deutlich auf die Folgen für den Jugendaustausch hingewiesen, nicht nur mit der Ukraine, aber das ist das aktuell dringendste Beispiel und das auch in die politische Landschaft eingebracht. "
Nicht nur Jugendliche, sondern auch ukrainische Journalisten und Unternehmer sollen es nach Insiderberichten nicht geschafft haben einzureisen. Der russischstämmige Berliner Schriftsteller Wladimir Kaminer etwa weiß von einem Fernsehteam zu berichten, dass kein Visum erhalten haben soll. Der Kultautor wundert sich allerdings gar nicht darüber - er verzichtet seit geraumer Zeit darauf, Freunde aus dem Osten einzuladen.
Kaminer: "Weil ich meinen Freunden nicht zumuten möchte auch nur in die Nähe eines deutschen Konsulats zu kommen. Weil das total erniedrigend und immer auf eine Absage hinausläuft. Dann treffen wir uns lieber gleich in Prag oder London. Ich weiß ganz genau, wie schwer bis unmöglich es ist, gerade in Kiew ein deutsches Visum zu bekommen. "
Der gebürtige Ukrainer Alexander Licht, ein Unternehmer, der in Berlin lebt, kann Genaueres aus seiner Heimat berichten.
Licht: "Ich habe gestern nach Kiew angerufen und da mit einem Reisebüro gesprochen. Die haben mir gesagt, dass mit deutsche Botschaft läuft zur Zeit gar nicht. Etwa von 100 Visum-Anträge wird ein oder zwei Visum ausgestellt. Es ist ganz schwierig, weil die können auch nicht verstehen, weswegen diese Anträge abgelehnt sind, weil da gibt’s auch keine Erklärungen. "
Klagen kommen auch aus anderen ehemaligen Sowjetrepubliken. So berichtet der Weltkongress der russischsprachigen Juden in Berlin von einer Sängerin aus Kasachstan, die kein Visum erhalten haben soll. Svenja Schmidt-Bandelow vom Verband binationaler Familien und Partnerschaften kennt einen weiteren Fall.
Schmidt-Bandelow: "Also kann ich von einem Fall von Weißrussland berichten. Seit 1984 reisen die Eltern immer wieder zu der hier lebenden Familie ein- ohne Problematik, die Visa-Formalitäten werden erfüllt und dieses Jahr erfolgte prompt eine Ablehnung. Das hat die Auswirkung, dass die Familien sich nicht sehen können, über Jahre getrennt werden. Und dass letztendlich der Kontakt nur dadurch möglich ist, dass die hier lebenden Familie dorthin fährt, um die Eltern, Großeltern zu besuchen. "
Das Auswärtige Amt erklärt auf Anfrage, man beobachte keine Zunahme von Beschwerden über die Visa-Vergabe-Praxis. Man habe außerdem noch keine Zahlen vorliegen, ob überhaupt weniger Einreise-Papiere ausgestellt werden als vor der Einsetzung des Untersuchungsausschusses. Und: Interviews zu dem Thema würde man nicht geben. Verschiedene Bundestagsabgeordnete dagegen beobachten durchaus Reisebehinderungen. Auch Politiker aus dem Regierungslager. Die SPD-Abgeordnete Jelena Hoffmann etwa, die Vorsitzende der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe, war Anfang März in Kiew und erfuhr dort auf einem Parteitag, dass selbst Revolutionspolitiker bei der deutschen Botschaft abgeblitzt seien.
Hoffmann: "Nach meiner Rede bei dem Parteitag von Juschtschenko stand um mich herum ein Traube von Leuten und vielleicht die Hälfte von denen haben geschimpft, dass sie wirklich kein Visum bekommen und solche Fälle machen mich natürlich nachdenklich. "
Die gebürtige Moskauerin will sich nun in Berlin für die Ukrainer einsetzen - gerade jetzt, nach den Umwälzungen in Kiew.
Hoffmann: "Ich hoffe, dass der Vorschlag von der Europäischen Union insgesamt im Schengen-Raum angenommen wird, dass gerade mit der Ukraine Visumerleichterung stattfindet und ich hoffe, dass wir diese Schwierigkeit, die meiner Meinung nach muss ich doch eindeutig sagen auf die Einsetzung des Visa-Ausschusses zurück zu führen ist, dass das behoben wird. "
Ansgar Drücker ist enttäuscht. Seit mehr als zehn Jahren lädt der Geschäftsführer der Naturfreundejugend ukrainische Jugendliche ein. Die Gäste unternehmen hier - zusammen mit deutschen Schülern - Kanutouren auf der mecklenburgischen Seenplatte, bauen Abenteuer-Camps in Wäldern und besichtigen die Goethestadt Weimar. Bislang habe die Kiewer Botschaft die erforderlichen Visa aufgrund eines Gruppenantrages erteilt, berichtet der Verbandschef - doch dies sei nun vorbei.
Drücker: "Seit dem Sommer letzten Jahres ist es nicht mehr möglich Gruppenvisa für den Jugend-Austausch zu bekommen, sondern es muss jeder einzelne Jugendliche, jedes einzelne Kind in die Botschaft, die es in Kiew gibt, also in der Hauptstadt, was oft mit weiten Wegen verbunden ist und dort ein Visum beantragen und es kommt auch vermehrt zu Ablehnungen in Einzelfällen, so dass zum Teil nur noch Gruppen in halber Stärke an den Jugendaustauschen teilnehmen. "
Statt der üblichen 20 bis 30 Kinder seien zuletzt nur noch rund 15 gekommen, klagt Drücker. Nach seinem Eindruck sind die Konsulate wegen der Visa-Debatte übervorsichtig geworden. So sieht es mittlerweile auch der Bundesjugendring.
Drücker: "Der Deutsche Bundesjugendring, also die Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände hat in einer Stellungnahme deutlich auf die Folgen für den Jugendaustausch hingewiesen, nicht nur mit der Ukraine, aber das ist das aktuell dringendste Beispiel und das auch in die politische Landschaft eingebracht. "
Nicht nur Jugendliche, sondern auch ukrainische Journalisten und Unternehmer sollen es nach Insiderberichten nicht geschafft haben einzureisen. Der russischstämmige Berliner Schriftsteller Wladimir Kaminer etwa weiß von einem Fernsehteam zu berichten, dass kein Visum erhalten haben soll. Der Kultautor wundert sich allerdings gar nicht darüber - er verzichtet seit geraumer Zeit darauf, Freunde aus dem Osten einzuladen.
Kaminer: "Weil ich meinen Freunden nicht zumuten möchte auch nur in die Nähe eines deutschen Konsulats zu kommen. Weil das total erniedrigend und immer auf eine Absage hinausläuft. Dann treffen wir uns lieber gleich in Prag oder London. Ich weiß ganz genau, wie schwer bis unmöglich es ist, gerade in Kiew ein deutsches Visum zu bekommen. "
Der gebürtige Ukrainer Alexander Licht, ein Unternehmer, der in Berlin lebt, kann Genaueres aus seiner Heimat berichten.
Licht: "Ich habe gestern nach Kiew angerufen und da mit einem Reisebüro gesprochen. Die haben mir gesagt, dass mit deutsche Botschaft läuft zur Zeit gar nicht. Etwa von 100 Visum-Anträge wird ein oder zwei Visum ausgestellt. Es ist ganz schwierig, weil die können auch nicht verstehen, weswegen diese Anträge abgelehnt sind, weil da gibt’s auch keine Erklärungen. "
Klagen kommen auch aus anderen ehemaligen Sowjetrepubliken. So berichtet der Weltkongress der russischsprachigen Juden in Berlin von einer Sängerin aus Kasachstan, die kein Visum erhalten haben soll. Svenja Schmidt-Bandelow vom Verband binationaler Familien und Partnerschaften kennt einen weiteren Fall.
Schmidt-Bandelow: "Also kann ich von einem Fall von Weißrussland berichten. Seit 1984 reisen die Eltern immer wieder zu der hier lebenden Familie ein- ohne Problematik, die Visa-Formalitäten werden erfüllt und dieses Jahr erfolgte prompt eine Ablehnung. Das hat die Auswirkung, dass die Familien sich nicht sehen können, über Jahre getrennt werden. Und dass letztendlich der Kontakt nur dadurch möglich ist, dass die hier lebenden Familie dorthin fährt, um die Eltern, Großeltern zu besuchen. "
Das Auswärtige Amt erklärt auf Anfrage, man beobachte keine Zunahme von Beschwerden über die Visa-Vergabe-Praxis. Man habe außerdem noch keine Zahlen vorliegen, ob überhaupt weniger Einreise-Papiere ausgestellt werden als vor der Einsetzung des Untersuchungsausschusses. Und: Interviews zu dem Thema würde man nicht geben. Verschiedene Bundestagsabgeordnete dagegen beobachten durchaus Reisebehinderungen. Auch Politiker aus dem Regierungslager. Die SPD-Abgeordnete Jelena Hoffmann etwa, die Vorsitzende der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe, war Anfang März in Kiew und erfuhr dort auf einem Parteitag, dass selbst Revolutionspolitiker bei der deutschen Botschaft abgeblitzt seien.
Hoffmann: "Nach meiner Rede bei dem Parteitag von Juschtschenko stand um mich herum ein Traube von Leuten und vielleicht die Hälfte von denen haben geschimpft, dass sie wirklich kein Visum bekommen und solche Fälle machen mich natürlich nachdenklich. "
Die gebürtige Moskauerin will sich nun in Berlin für die Ukrainer einsetzen - gerade jetzt, nach den Umwälzungen in Kiew.
Hoffmann: "Ich hoffe, dass der Vorschlag von der Europäischen Union insgesamt im Schengen-Raum angenommen wird, dass gerade mit der Ukraine Visumerleichterung stattfindet und ich hoffe, dass wir diese Schwierigkeit, die meiner Meinung nach muss ich doch eindeutig sagen auf die Einsetzung des Visa-Ausschusses zurück zu führen ist, dass das behoben wird. "