Die Filmstarts der Woche

Vorgestellt von Hans-Ulrich Pönack |
In der Wiederauflage der Trend-Krimiserie "Miami Vice" als Kinofilm zeigt sich Florida kalt und düster. Die Schauspieler Colin Farrell und Jamie Foxx ermitteln hier als Undercover-Cops. "Der freie Wille" mit Jürgen Vogel beschreibt die Psyche eines Triebtäters. Der Animationsfilm "Monster House" spielt als Kinder-Komödie in einem Spukhaus.
"Miami Vice"

"Miami Vice" von Michael Mann (Co-Pr., B+R), basierend auf der gleichnamigen US-TV-Serie aus den 80ern, erfunden von Anthony Yerkovich und maßgeblich mitentwickelt durch den "ausführenden Produzenten" Michael Mann.

Der heute 63-Jährige (geboren am 5. Februar 1943 in Chicago) lernte auf der Londoner Filmschule sein Handwerk, realisierte dann exzellente, kluge, stimmungsvolle Genre-Filme wie den ersten Hannibal-Lector-Film "Manhunter - Blutmond" (1986), den Kerle-Klassiker "Heat" (1995, mit Al Pacino und Robert De Niro), den Polit-Thriller "Insider" (1999, mit Russell Crowe und Al Pacino, um Machenschaften der Tabak-Konzerne), das Boxer-Porträt "Ali" (2001, mit Will Smith), den Psycho-Thriller "Collateral" (2004, mit Tom Cruise und Jamie Foxx).

Der bislang viermal für den "Oscar" nominierte Filmkünstler, der vor allem dadurch berühmt wurde, weil er in allen seinen Filmen die Musik, den Sound nicht nur als "Begleitung" (= als Unterlegmotiv), sondern vor allem auch als dramaturgisches Ausdruckmittel einsetzt, hat hier, für seinen neuesten Kinofilm, die Figuren aus der einst auch bei uns sehr populären amerikanischen Fernsehserie adaptiert.

Wir erinnern uns: "Miami Vice", mit insgesamt 113 Folgen ab 1984 war die Trend-Krimiserie der 80er Jahre. Die Detectives Sonny Crockett (Don Johnson) und Ricardo Tubbs (Philipp Michael Thomas) sind in Florida im Kampf gegen den Sumpf von Kokain, Korruption und Prostitution unterwegs. Durchgestylte Typen, schnelle Fahrzeuge und rassige Frauen beherrschen die Szenerie.

Das Markenzeichen der beiden: Crocketts Dreitagebart, Designer-Klamotten (= cremefarbene Flanellanzüge), die zur Mode wurden, extrem dunkle Sonnenbrillen, dicke Armbanduhren. Der Serien-Vorspann signalisierte poppig-flotten kalifornischen Zeitgeist: Flamingos, Bikini-Frauen, Motorboot-Flitzer, türkisfarbenes Meer, Palmenstrände, der flotte Sound.

Ferrari-Fahrer Crocket lebt auf einem Segelboot und hält sich einen Alligator namens "Elvis" als Haustier. Der dunkelhäutige Tubbs ist aus New York gekommen, um den Mörder seines Bruders zu finden. Mit ihren unkonventionellen Ermittlungsmethoden und ihrem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn bilden sie ein ungewöhnliches wie erfolgreiches Team.

2006 ist alles ganz anders. Florida zeigt sich nicht "bunt", sondern kalt, düster, pessimistisch. Schmucklose Hafenbaracken und schäbige Trailer-Parks prägen das schmutzige Neon-Bild. Crockett & Tubbs im Undercover-Einsatz. Wollen in die "Firma", das Geschäft eines kolumbianischen Drogen-Moguls, vor allem, um einen "Maulwurf" in den eigenen Reihen zu enttarnen. Dabei verwischen sich die Spuren von "Recht, Gesetz, Ordnung" und "Verbrechen" ein ums andere Mal.

Zudem wird es kompliziert(er), als sich Crockett in die asiatische Geliebte (und Finanzbuchhalterin) des Kartell-Kings verliebt. Doch für "Romantik" bleibt wenig Platz und Zeit. Denn: Mit den vielen Abstechern in die Räubernester "der wilden Vororte der USA" wie Kuba, Haiti und Südamerika vergrößert sich hier der globale kriminelle Radius.

Fazit: Ein spannender, atmosphärischer, aber auch reichlich steriler, zwiespältiger Unterhaltungsfilm. Der in seiner Dauer-Kälte "erstarrt". Rhythmus und Drive des TV-Original fehlen gänzlich. Stil ist alles, Inhalt nichts: Die Story ist konfus und zu lang allerdings mit hervorragend choreographierten Gewaltszenen sowie bemerkenswert guten Schurken-Darstellern und zwei "ordentlichen" Hauptakteuren als Alphatiere der Polizei.

Der Ire Colin Farrell, bekannt aus Filmen wie "Alexander", "The New World" und "Nicht auflegen!", darf als gebrochener Crockett-Macho mit grässlichem Dschingis-Khan-Schnauzer auftreten, agieren und belanglosen Dampf ablassen. Während "Oscar"-Preisträger Jamie Foxx ("Ray") als Tubbs unterfordert für den coolen, besonneneren Part sorgt. Dazu China-Star Gong Li ("Rotes Kornfeld", Lebewohl, meine Konkubine", zuletzt: "Die Geisha"), sie wird als schönes weibliches "Schmuckstück" eingesetzt, "gebraucht". Sämtliche Akteure haben sich hier der visuellen Gestaltung völlig unterzuordnen, sind letztlich nur "schicke" "Aushängeschilder", "Handlanger" des Stils, der Technik. Eine aseptisch (keimfrei) wirkende neue Hollywood-Show.

"Der freie Wille"

"Der freie Wille" von Matthias Glasner(Co-B, Co-Pr., K+R), der im Kino bislang kaum auffiel ("Sexy Sadie", 1996). Hier erzählt er, 163 Minuten lang, von einem Triebtäter, der nach einer bestialischen Vergewaltigung mehrere Jahre im Maßregelvollzug verbracht hat, sich nun entlassen - trotz eines armseligen, desinteressierten Sozialarbeiters als "Aufpasser" - um ein normales Alltagsleben bemüht, aber erneut seinen Trieb nicht unter Kontrolle hat.

Parallel verläuft die arg konstruierte, wenig nachvollziehbare Geschichte einer 27-Jährigen, die sich endlich von ihrem Vater lösen kann (der sie möglicherweise permanent missbraucht hat) und nun "draußen" ausgerechnet auf Triebmolch Theo trifft.

Fazit: Der bereits im diesjährigen Berlinale-Wettbewerb sehr kontrovers aufgenommene deutsche Film ist erbärmlich, weil er nicht provoziert, sondern ekelt. Weil er glaubt, "wichtige Realismusnähe" in einer ausführlichen Vergewaltigungsszene am Anfang darbieten zu müssen. Weil er sich einen Dreck um jedwedes Opfer schert, sondern nur stur, starr, ausdauernd jenen "armen Typen", jenen frustrierten, verschlossenen, frauenhassenden, latent-aggressiven, primitiven Theo, beschreibt, den Jürgen Vogel düster-dauerblickend ebenso dämonisch, grauslich, nah vorführt. Merke: Immer, wenn er die Augenbraue hebt und tief durchatmet, kommt der Trieb. Dafür bekam Jürgen Vogel auf der Berlinale den "Silbernen Bären" für eine "herausragende künstlerische Leistung".

"Monster House"

"Monster House" von Debütant Gil Kenan (unter Produktionshilfe von den "Oscar"-Preisträgern Steven Spielberg + Robert Zemeckis, "Forrest Gump", "Falsches Spiel mit Roger Rabbit") bietet Computer-Animation auf sehr hohem Niveau. Nachdem die Filmfirma Warner Bros. vor zwei Jahren das Abenteuer-Märchen "Der Polarexpress" im so genannten "Motion-Capture-Technik-Verfahren" herausbrachte - dabei werden Szenen, die von realen Schauspielern (damals u.a. Tom Hanks) gespielt werden, auf digitale Figuren, in eine digital belebte Welt übertragen -, zeigt dieser neue Streich nun das von der Firma "Sony Pictures Imageworks" entwickelte ähnliche Animationsverfahren "Performance Capture".

Thema: Drei neugierige Kids und ihr Abenteuer-Trip in ein marodes Nachbarhaus mit höchst seltsamem "Eigenleben". In der gruseligen Mischung aus Kinder-Komödie und Horrorspaß eine schrill-schräge, köstliche Achterbahnfahrt um ein "gefräßiges Spukhaus".

Durchaus dann familientauglich, wenn man sich auch auf dem realen Rummelplatz mit den "schnellen Attraktionen" wohl fühlt ... Für die verschiedenen Figuren standen namhafte Akteure wie Steve Buscemi ("The Big Lebowski") und Sam Lerner zur "technischen Verfügung".