Die Fastabendgemeinschaft
Im Tecklenburger Land wird Nachbarschaft groß- und festgeschrieben. Seit Jahrzehnten schließen sich dort Nachbarn in so genannten Fastabendgemeinschaften zusammen und geben sich jeweils eine eigene Verfassung. Diese regelt zum Beispiel auf die Minute genau, wie viel Personen eines Haushalts wie lange einem in Not geratenen Nachbarn zu Hilfe kommen müssen.
Das hat in der Vergangenheit auch immer gut funktioniert - bei Stromausfällen, Hochwasser oder Scheunenbränden. Wer austritt, hat keinen Anspruch auf Nachbarschaftshilfe. Wer Ausgetretenen hilft, muss sogar Strafe zahlen. Und wer wieder eintritt, muss den doppelten Neuaufnahmebetrag leisten.
Tecklenburg liegt im äußersten Nordzipfel von Nordrhein-Westfalen, unweit von Osnabrück. Der Westfale, so sagt man, lebt am liebsten für sich - getreu seinem Motto (Zitat) "Jeder faör sich un Gott faör us alle". In der Not allerdings schaut er über seine Hofgrenzen hinaus. Und deswegen hat die Nachbarschaftshilfe im Tecklenburger Land einen ganz besonderen Status. Nachbarschaft, das ist hier mehr als die Unterstützung von Fall zu Fall,
"Jeder hat seinen Nachbar in Freud und Leid zu helfen. Bei Brand, Hochwasser usw. muss pro Haushalt ein halber Tag geholfen werden. "
Wer dem nicht nachkommt, muss Strafe in die Gemeinschaftskasse zahlen oder wird ausgeschlossen. Aber das kommt so gut wie nie vor. Die meisten helfen über das geforderte Maß hinaus. So wie der Vorsitzende der Nachbarschaft Obermetten, Wolfgang Joormann.
" Halben Tag ist ja nix. Liegt am Geschehnis. So, wie die abgebrannt sind, da geht man tagelang hin. "
Nicht anders war es in jenem strengen Winter Anfang der 80er, als der Eisregen die ganze Nachbarschaft mehrere Tage vom Strom abgeschnitten hatte.
"Die meisten hatten ja Elektroherde, und so ne Bekannte von mir, die hatte so nen alten Kohlenherd. Da ist die rundgegangen und hat überall Suppe vor die Tür gestellt. Hat Suppe gekocht. Das war ganz toll, war das, "
erinnert sich eine der Anwohnerinnen. Ihr Name ist nicht so wichtig - auf die Hilfe kommt es an, egal ob kollektive Krise oder Einzelschicksal. Kommt eine Mutter ins Krankenhaus, versorgen die Frauen von nebenan den Haushalt und die Kinder. Für Bürgermeister Ulrich Hockenbrink aus dem tecklenburgischen Städtchen Westerkappeln steht fest:
"Nachbarschaft ist immer eigentlich was Sinnvolles. "
Zwei Drittel der etwa 11000 Einwohner sind in Nachbarschaften organisiert - er selbst eingeschlossen. Und davon profitiert auch die Stadt.
"Ich weiß, dass in einigen Nachbarschaften manchmal Konflikte bewältigt werden, die wir sonst möglicherweise als Ordnungsbehörde auf den Tisch bekommen würden. Beispielsweise der Nachbar beschwert sich bei uns über den Überwuchs seines Nachbarn nebenan, dass da die Hecke auf die Straße wachsen würde. Gut, bei einigen Nachbarschaften, da kann man den Vorsitzenden anrufen und der regelt das meist dann. "
In den Nachbarschaften wird viel geregelt. Nicht nur, wer wem wie lange zu helfen hat, sondern auch wer zu welchen runden Geburtstagen einen Präsentkorb in welchem Wert überreicht und wer wie viel Cent dazu beisteuern muss. Oder wie man sich auf nachbarschaftlichen Versammlungen zu verhalten hat. Manch einem sind das zu viele Regeln, hat der Bürgermeister beobachtet.
"Ich weiß von Leuten, die sagen, das ist mir viel zu formell, da halt ich mich raus, das ja. "
Auch Hubertus Rescher aus Mettingen war zunächst alles andere als angetan von den Nachbarschaften. Er zog vor 26 Jahren ins Tecklenburger Land.
"Da wurde uns so ne Blaukopie mit Auszügen aus den Statuten an die Tür geklemmt. Wir hatten also noch keinen Briefschlitz, aber geklingelt hat auch keiner. Da stand Fastabend drauf. Ich dachte, das hat was mit Kölner Karneval zu tun. Und dann stand da auch drauf, dass man bei Rempeleien Strafe zahlen muss und all diese Sachen. Und da war für uns völlig klar, dass wir da in so einen Verein nicht eintreten. "
Fastabend ist im Tecklenburger Raum ein anderes Wort für Nachbarschaft und hat nur insofern etwas mit Karneval zu tun, als dass die Hauptversammlung der Nachbarschaft immer in der Karnevalszeit stattfindet. Teilnahme ist Pflicht, Fernbleiben kostet 10 Euro. Der Vorsitzende der Fastabendgemeinschaft Obermetten Wolfgang Joormann spielt mit seinen Nachbarn so einen Abend nach - denn die echte Versammlung ist für Fremde tabu.
"So, seid herzlich gegrüßt zur Nachbarschaftsversammlung 2005. Bevor wir beginnen, wollen wir uns erstmal von den Plätzen erheben. "
Zunächst wird der Verstorbenen gedacht.
"So, und allen Kranken gute Besserung, Dankeschön. (Stühle rücken)
Danach dann wird die Anwesenheit festgestellt. Und wenn dat dann alles ist, dann geht man schon zum kleinen gemütlichen Teil über, mit ner kleinen Pause. Ja, und danach geht dann die ordentliche Versammlung los. Dat heißt, da wird geteggelt. "
Teggeln - in manchen Ortschaften auch Täbbeln genannt - lässt sich mit Zanken, aber auch Petzen übersetzen. Da werden die Streitfälle des Jahres ausdiskutiert - und die biographischen Ereignisse in die Bücher aufgenommen. Geburten, Hochzeiten, runde Geburtstage - für alles muss eine Gebühr bezahlt werden. Heiratet eines der 107 Mitglieder des Fastabends Obermetten, muss es 13 Euro entrichten. Wer ein Familienereignis verschweigt und von einem Nachbarn überführt wird, muss Strafe zahlen. Ein durchaus gewöhnungsbedürftiges Ritual, meint ein Neuzugezogener.
"Weil das doch ziemlich rauh teilweise herging, es war immer an der Grenze zum Ernst. Und zum Anfang mussten wir uns daran gewöhnen, um festzustellen, dass das doch kein Ernst war, sondern nur Spaß. Es ging meistens gut aus und das Feiern war dann entsprechend. "
Die Zeiten, in denen selbst bauliche Veränderungen sanktioniert wurden, sind gottlob vorbei. Wolfgang Joormann erinnert sich:
"Wegen der kleinsten Kleinigkeit, ob nen Auto, ob nen Anbau, ob ne neue Tür oder ne Dachrinne - es musste alles bezahlt werden und wurde nachher übertrieben, ne. Und das ist auch abgeschafft worden. "
Jedenfalls in Obermetten. In anderen Fastabenden spielen Anschaffungen und Baumaßnahmen immer noch eine Rolle, so zum Beispiel in Mettingen-Mitte, wo Hubertus Rescher dann doch noch in die Nachbarschaft eingetreten ist und inzwischen mit dem größten Vergnügen teggelt.
"Es wird gepetzt, der konnte sich ne neue Terrasse leisten, der hat ein neues Auto, der hat ein Berufsjubiläum und ähnliche Sachen. Und dann darf man dagegen protestieren und sagen, das stimmt gar nicht, das ist keine bauliche Veränderung. Es ist ja kein echter Streit, es ist ja gespielt. Es geht also gar nicht darum, um 20 Cent oder 50 Cent nicht zahlen zu müssen, sondern zu zeigen, man ist nicht auf den Mund gefallen, und lässt sich auch nicht alles bieten. "
Wobei ein allzu lockeres Mundwerk auch seine Nachteile hat.
"Ich musste in diesem Jahr Strafe zahlen, weil ich gegähnt hab, während der Vorsitzende sprach. Ich hab einen Euro gezahlt, weil ich ja einen großen Mund hab. Und dann sollte das schon mehr sein als 50 Pfennig, was so die übliche Strafe ist. "
Allerdings hat auch das Teggeln in Mettingen eine Grenze.
"Das endet - bei unseren Fastabenden ist das extra festgeschrieben - an der Haustür. Was innerhalb der Häuser ist, geht niemanden etwas an. Was außerhalb ist, was die Nachbarn sehen können, das ist also von Interesse. "
Hubertus Rescher hat Gefallen gefunden - an der Nachbarschaft im Allgemeinen und am Teggeln im Besonderen.
"Das ist so eine Mischung, ein bisschen Petzen, ein bisschen Schadenfreude, ein bisschen Neugier, aber auch alten Streit begraben. Es erinnert mich an die Sündenbockgeschichte im Judentum. Es wird öffentlich gemacht, wir haben hier etwas verkehrt gemacht, und das kann man dann wieder guttun. Das ist irgendwie schön, das kommt menschlichen Schwächen entgegen. Es ist auch schon mal hier jemand ausgetreten aus so einem Grunde. Nicht jeder versteht diese Art von Spaß, aber ich denke, also die letzten Jahre haben’s zumindest immer 100, 150 Leute verstanden. "
Das Teggeln ist der Höhepunkt der nachbarschaftlichen Aktivitäten. In den Statuten allerdings spielt es nur eine untergeordnete Rolle.
"Dat meiste befasst sich eigentlich mitte Beerdigung. Dat war früher so und dat is heute so. "
stellt Wolfgang Joormann fest. Gegründet wurden die meisten Nachbarschaften im 19. Jahrhundert. Heimatforscher Hubertus Rescher vermutet, dass sie sogar auf die mittelalterlichen Dorfgemeinschaften zurückgehen und keineswegs regional begrenzt sind. Selbst in Nord-Ost-Brasilien fand Rescher Vergleichbares.
"Die Kleinbauern-Ligen und die Ligen der Landarbeiter, die sind zunächst einmal gegründet worden als kleine Sterbekassen. Wenn die Menschen schon nicht würdig leben konnten, dass sie wenigstens würdig beerdigt werden. Und daraus sind also auch Gemeinschaften entstanden, die dann gegenseitig sich geholfen haben, eine starke Nachbarschaftshilfe, aber auch miteinander gefeiert haben. "
Die Sterbekasse der brasilianischen Landarbeiter entspricht dem Sarggeld der Tecklenburger Fastabendgemeinschaften. In den Statuten der Nachbarschaften ist genauestens festgelegt, wer wieviel Sarg- und Kranzgeld für Kinder, Erwachsene und Totgeburten zu zahlen hat. Mit dem Geld alleine ist es allerdings nicht getan, ergänzt eine Nachbarin.
"Also von jedem Haus muss ein Mitglied mit Beerdigung gehen. Träger, die die Leiche tragen, die müssen bestellt werden. Und dann die zum Kaffee eingießen müssen bestellt werden. Und dann müssen wir mit zur Kirche gehen, wir müssen mit dem Leichenzug zum Grab gehen. Und wer da nicht mitgeht, der muss Strafe zahlen. "
Fünf Euro. Und auch, wer zu spät kommt, den bestraft die Gemeinschaft. Diese Regel war im 19. Jahrhundert eingeführt worden, um zu verhindern, dass die Nachbarn nur bei den Beerdigungen reicher und angesehener Menschen mitgingen. Paragraph 11 der Statuten der Nachbarschaft Mettinger Straße von 1874 (Zitat)
" Im Allgemeinen wird angenommen, dass verheiratete Leichen auch von verheirateten Männern zum Friedhofe getragen werden. Sollten aber bei Kindesleichen nicht jugendliche Träger genug in der Nachbarschaft vorhanden sein, so ist es erlaubt, aus einer anderen Nachbarschaft Hülfe zu requirieren. "
Als die Toten noch aufgebahrt wurden, übernahmen die Nachbarn auch das Reinigen und Auskleiden des Verstorbenen, das Putzen des Haushaltes und vieles mehr. Alle Pflichten wurden auf Zetteln niedergeschrieben. Diese kamen in eine Bibel, die neben das Totenbett gelegt wurde. Jeder Besucher nahm sich dann einen Zettel aus dem Buch und wusste, was er zu tun hatte. Heute gibt der erste Nachbar des Trauerhauses die Anordnungen zur Beerdigung und teilt die Arbeitskräfte ein - gemäß den Statuten. (Zitat)
"Jedes Mitglied der Fastabendgemeinschaft hat dieser Anordnung Folge zu leisten. Nichtbefolgte Anordnungen des Nachbarn können eine Geldstrafe bzw. den Ausschluss aus der Gemeinschaft zur Folge haben. "
Wobei der erste Nachbar nicht nebenan wohnen muss. Erster Nachbar ist der, der dem Neuzugezogenem zugeteilt wird. Und zwar nicht nur für Trauerfälle. Hubertus Rescher:
"Der erste Nachbar ist derjenige, der ganz besondere Verpflichtungen eingeht. Diese erste Nachbarschaft musste erklärt werden: Ich bin in Zukunft dein erster Nachbar. Wenn dir etwas passiert, helfe ich. Wir haben Beispiele, wo hier jemand, längere Zeit arbeitsunfähig war und der erste Nachbar das dann übernommen hat, also in der Arbeit ersetzt. "
Eine Tradition, die bei den Neuzugezogenen in Obermetten meist gut ankommt.
Mann: "Und dieser erste Nachbar hat uns regelrecht an die Hand genommen, uns gezeigt, wer wohnt hier, wer wohnt da, wer ist mit wem verwandt, wie heißen die ganzen Leute. Also es war sehr schön für uns. Und man kommt eigentlich, wenn man berufstätig ist, sehr schlecht in Kontakt, auch mit seinen Nachbarn normalerweise. Und dadurch hatten wir von einem auf den nächsten Tag eigentlich einen sehr guten Kontakt und konnten uns daher auch bestens einrichten. "
Frau: "Zu unserem ersten Nachbarn ganz besonders hat sich wirklich ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt, aber auch zu den anderen Nachbarn. Wir haben vor zwei Jahren unsere Silberhochzeit gefeiert, und da hat bestimmt jeder mehr wie einen halben Tag eingebracht. Und ohne unsere Nachbarn hätten wir das Fest gar nicht feiern können. Die haben so viel geholfen, das war ganz toll. "
Auch für die Brautpaare gibt es in Obermetten ein Ritual: Das Kranzbinden: Rund um die Haustür wird eine Girlande aus Tannenzweigen und selbst gebastelten Papierrosen befestigt. Die Silberhochzeitspaare können selbst entscheiden, ob die drei Nachbarhäuser links oder die drei rechts von ihnen den Kranz binden. Bei der grünen Hochzeit ist es bereits festgelegt: Nur Menschen unter 35 dürfen sich daran beteiligen. Die kommen dann allerdings aus der gesamten Nachbarschaft und sind bis zu einer Woche mit dem Kranzbinden beschäftigt, weil immer wieder ausgemessen, nachgefragt und Flüssiges nachgeschenkt werden muss. Schließlich läuft nicht immer alles nach Plan.
"Und dann ging das auch hoch her. Und dann hatten die auch noch Wäsche auf der Leine und unter anderem die Hose vom Vater. Dann haben die die Unterhose genommen, sind oben auf den Baum gestiegen und haben die da reingehängt. Und nen andern Tag mussten wir ja kränzen, also nen Kranz und Rosenbinden und so. Und dann kamen wir an und dann sagte Frau Könemann: So, ich hab euch ein paar Plätzchen gebacken. Und dann wir och, ja, und dann auf einmal jeder guckt sich an, wat ham wir denn in Mund. Und dann fing sie an zu lachen: "Dat is für die Unterhose von unserm Wilhelm." (Gelächter) Mull, also Verbandsmull hatte sie so in kleine Stückchen geschnitten und da mit reingebacken. "
In einem anderen Hochzeitsfall hat das Kränzen zum endgültigen Bruch mit der Nachbarschaft geführt. Aufgrund schlechter Erfahrungen hat eine Familie den Kranz nicht von den jungen Leuten binden lassen - das Kranzbinderalter lag damals noch bei maximal 25 Jahren - sondern von den direkten Nachbarn. Und das war und ist nach der Satzung verboten.
"Und dann kam es zu dieser Versammlung. Und an diesem Abend wurde dann darüber gesprochen, dass das nicht rechtmäßig gewesen ist, was wir gemacht hätten. Und es wurde von einer Person sogar eine Strafe in Höhe von 1000 DM genannt. Und daraufhin haben mein Vater und mein Mann dann den Saal verlassen und gesagt: So, das war’s. Das hat nichts mehr mit Nachbarschaft zu tun. "
Die anderen, an dem Kranz beteiligten Nachbarn haben Strafe bezahlt und sind geblieben - für die Familie des Brautpaares aber war der Fall Fastabend erledigt.
"Die erste Zeit, da wurd schon viel über uns geredet, es wurden auch viele Gerüchte in den Raum gestellt. Aber irgendwann hakt man das dann ab. Für mich sind die Leute wichtig, mit denen ich ständig zu tun habe, und von daher haben wir das nie als schlimm empfunden, da nicht mehr drin zu sein, ne. "
Auch wenn sie sich damit die Hilfe im Notfall verwirkt haben. Schlimmer noch: Die Statuten der Gemeinschaft schreiben vor, dass Nachbarn, die noch Mitglied sind und Ausgetretenen helfen, Strafe zahlen müssen. Die ausgetretene Familie lässt sich davon nicht beeindrucken.
"Die, wo man gut mit klarkommt, die helfen einen zu guten Zeiten und auch zu schlechten Zeiten, und ich bin auch immer bereit, jedem zu helfen. Da muss ich nicht gezwungen in einer Nachbarschaft sein, wo ich dahin gehe und sage, ich muss da feiern, ich muss mit zur Beerdigung, ich muss das machen und ich muss das machen. Den Zwang brauche ich nicht unbedingt. "
Und wie steht die Fastabendgemeinschaft zu abtrünnigen Nachbarn?
Frau: "Also da ist keiner böse oder so, das muss ja jeder selber wissen. Meistens ziehen die dann weg oder so. "
Frau: "Es sind aber auch junge Leute da, die sagen, wir wollen gar nicht in diese Fastabendgemeinschaft rein, ne. "
Mann: " Meist geht’s aber nur ums Geld. "
Und dieses Geld, das von den Mitgliedern des Fastabends bei diversen Anlässen eingesammelt bzw. abgedrückt wird, dient schließlich einem guten Zweck. Notleidende oder Geburtstag feiernde Mitglieder werden aus der Gemeinschaftskasse ebenso unterstützt wie gemeinsame Feiern finanziert werden. (Volksfestmusik)
Mann: "Dat is einmal das Winterfest und einmal das Sommerfest. Und wenn diese Feste nicht mehr da sind, trifft man sich überhaupt nicht mehr. Jeder ist heute vollgepackt mit Partys hier, Partys da, jeder hat seine Verpflichtungen. Und es ist ganz wichtig, dass man sich zweimal im Jahr mit der Nachbarschaft nochmal trifft, ist meine Meinung. Sonst verliert man sich auf dem Lande auch. "
Mann: "Man trinkt, man singt und tanzt zusammen. Und wenn einer nich mehr kann, dann geht er nach Hause. Ja, nu, wenn einer unterwegs liegen blieb, selbstverständlich wurde er geholfen. Andern Tag hat man sich wieder getroffen, hat man sich erzählt, was gewesen is. Der eine wusste etwas mehr wie der andere, dann wurde wieder ein bisschen was getrunken, und dann war die Sache erledigt. Bis zum nächsten Umtrunk. "
Tecklenburg liegt im äußersten Nordzipfel von Nordrhein-Westfalen, unweit von Osnabrück. Der Westfale, so sagt man, lebt am liebsten für sich - getreu seinem Motto (Zitat) "Jeder faör sich un Gott faör us alle". In der Not allerdings schaut er über seine Hofgrenzen hinaus. Und deswegen hat die Nachbarschaftshilfe im Tecklenburger Land einen ganz besonderen Status. Nachbarschaft, das ist hier mehr als die Unterstützung von Fall zu Fall,
"Jeder hat seinen Nachbar in Freud und Leid zu helfen. Bei Brand, Hochwasser usw. muss pro Haushalt ein halber Tag geholfen werden. "
Wer dem nicht nachkommt, muss Strafe in die Gemeinschaftskasse zahlen oder wird ausgeschlossen. Aber das kommt so gut wie nie vor. Die meisten helfen über das geforderte Maß hinaus. So wie der Vorsitzende der Nachbarschaft Obermetten, Wolfgang Joormann.
" Halben Tag ist ja nix. Liegt am Geschehnis. So, wie die abgebrannt sind, da geht man tagelang hin. "
Nicht anders war es in jenem strengen Winter Anfang der 80er, als der Eisregen die ganze Nachbarschaft mehrere Tage vom Strom abgeschnitten hatte.
"Die meisten hatten ja Elektroherde, und so ne Bekannte von mir, die hatte so nen alten Kohlenherd. Da ist die rundgegangen und hat überall Suppe vor die Tür gestellt. Hat Suppe gekocht. Das war ganz toll, war das, "
erinnert sich eine der Anwohnerinnen. Ihr Name ist nicht so wichtig - auf die Hilfe kommt es an, egal ob kollektive Krise oder Einzelschicksal. Kommt eine Mutter ins Krankenhaus, versorgen die Frauen von nebenan den Haushalt und die Kinder. Für Bürgermeister Ulrich Hockenbrink aus dem tecklenburgischen Städtchen Westerkappeln steht fest:
"Nachbarschaft ist immer eigentlich was Sinnvolles. "
Zwei Drittel der etwa 11000 Einwohner sind in Nachbarschaften organisiert - er selbst eingeschlossen. Und davon profitiert auch die Stadt.
"Ich weiß, dass in einigen Nachbarschaften manchmal Konflikte bewältigt werden, die wir sonst möglicherweise als Ordnungsbehörde auf den Tisch bekommen würden. Beispielsweise der Nachbar beschwert sich bei uns über den Überwuchs seines Nachbarn nebenan, dass da die Hecke auf die Straße wachsen würde. Gut, bei einigen Nachbarschaften, da kann man den Vorsitzenden anrufen und der regelt das meist dann. "
In den Nachbarschaften wird viel geregelt. Nicht nur, wer wem wie lange zu helfen hat, sondern auch wer zu welchen runden Geburtstagen einen Präsentkorb in welchem Wert überreicht und wer wie viel Cent dazu beisteuern muss. Oder wie man sich auf nachbarschaftlichen Versammlungen zu verhalten hat. Manch einem sind das zu viele Regeln, hat der Bürgermeister beobachtet.
"Ich weiß von Leuten, die sagen, das ist mir viel zu formell, da halt ich mich raus, das ja. "
Auch Hubertus Rescher aus Mettingen war zunächst alles andere als angetan von den Nachbarschaften. Er zog vor 26 Jahren ins Tecklenburger Land.
"Da wurde uns so ne Blaukopie mit Auszügen aus den Statuten an die Tür geklemmt. Wir hatten also noch keinen Briefschlitz, aber geklingelt hat auch keiner. Da stand Fastabend drauf. Ich dachte, das hat was mit Kölner Karneval zu tun. Und dann stand da auch drauf, dass man bei Rempeleien Strafe zahlen muss und all diese Sachen. Und da war für uns völlig klar, dass wir da in so einen Verein nicht eintreten. "
Fastabend ist im Tecklenburger Raum ein anderes Wort für Nachbarschaft und hat nur insofern etwas mit Karneval zu tun, als dass die Hauptversammlung der Nachbarschaft immer in der Karnevalszeit stattfindet. Teilnahme ist Pflicht, Fernbleiben kostet 10 Euro. Der Vorsitzende der Fastabendgemeinschaft Obermetten Wolfgang Joormann spielt mit seinen Nachbarn so einen Abend nach - denn die echte Versammlung ist für Fremde tabu.
"So, seid herzlich gegrüßt zur Nachbarschaftsversammlung 2005. Bevor wir beginnen, wollen wir uns erstmal von den Plätzen erheben. "
Zunächst wird der Verstorbenen gedacht.
"So, und allen Kranken gute Besserung, Dankeschön. (Stühle rücken)
Danach dann wird die Anwesenheit festgestellt. Und wenn dat dann alles ist, dann geht man schon zum kleinen gemütlichen Teil über, mit ner kleinen Pause. Ja, und danach geht dann die ordentliche Versammlung los. Dat heißt, da wird geteggelt. "
Teggeln - in manchen Ortschaften auch Täbbeln genannt - lässt sich mit Zanken, aber auch Petzen übersetzen. Da werden die Streitfälle des Jahres ausdiskutiert - und die biographischen Ereignisse in die Bücher aufgenommen. Geburten, Hochzeiten, runde Geburtstage - für alles muss eine Gebühr bezahlt werden. Heiratet eines der 107 Mitglieder des Fastabends Obermetten, muss es 13 Euro entrichten. Wer ein Familienereignis verschweigt und von einem Nachbarn überführt wird, muss Strafe zahlen. Ein durchaus gewöhnungsbedürftiges Ritual, meint ein Neuzugezogener.
"Weil das doch ziemlich rauh teilweise herging, es war immer an der Grenze zum Ernst. Und zum Anfang mussten wir uns daran gewöhnen, um festzustellen, dass das doch kein Ernst war, sondern nur Spaß. Es ging meistens gut aus und das Feiern war dann entsprechend. "
Die Zeiten, in denen selbst bauliche Veränderungen sanktioniert wurden, sind gottlob vorbei. Wolfgang Joormann erinnert sich:
"Wegen der kleinsten Kleinigkeit, ob nen Auto, ob nen Anbau, ob ne neue Tür oder ne Dachrinne - es musste alles bezahlt werden und wurde nachher übertrieben, ne. Und das ist auch abgeschafft worden. "
Jedenfalls in Obermetten. In anderen Fastabenden spielen Anschaffungen und Baumaßnahmen immer noch eine Rolle, so zum Beispiel in Mettingen-Mitte, wo Hubertus Rescher dann doch noch in die Nachbarschaft eingetreten ist und inzwischen mit dem größten Vergnügen teggelt.
"Es wird gepetzt, der konnte sich ne neue Terrasse leisten, der hat ein neues Auto, der hat ein Berufsjubiläum und ähnliche Sachen. Und dann darf man dagegen protestieren und sagen, das stimmt gar nicht, das ist keine bauliche Veränderung. Es ist ja kein echter Streit, es ist ja gespielt. Es geht also gar nicht darum, um 20 Cent oder 50 Cent nicht zahlen zu müssen, sondern zu zeigen, man ist nicht auf den Mund gefallen, und lässt sich auch nicht alles bieten. "
Wobei ein allzu lockeres Mundwerk auch seine Nachteile hat.
"Ich musste in diesem Jahr Strafe zahlen, weil ich gegähnt hab, während der Vorsitzende sprach. Ich hab einen Euro gezahlt, weil ich ja einen großen Mund hab. Und dann sollte das schon mehr sein als 50 Pfennig, was so die übliche Strafe ist. "
Allerdings hat auch das Teggeln in Mettingen eine Grenze.
"Das endet - bei unseren Fastabenden ist das extra festgeschrieben - an der Haustür. Was innerhalb der Häuser ist, geht niemanden etwas an. Was außerhalb ist, was die Nachbarn sehen können, das ist also von Interesse. "
Hubertus Rescher hat Gefallen gefunden - an der Nachbarschaft im Allgemeinen und am Teggeln im Besonderen.
"Das ist so eine Mischung, ein bisschen Petzen, ein bisschen Schadenfreude, ein bisschen Neugier, aber auch alten Streit begraben. Es erinnert mich an die Sündenbockgeschichte im Judentum. Es wird öffentlich gemacht, wir haben hier etwas verkehrt gemacht, und das kann man dann wieder guttun. Das ist irgendwie schön, das kommt menschlichen Schwächen entgegen. Es ist auch schon mal hier jemand ausgetreten aus so einem Grunde. Nicht jeder versteht diese Art von Spaß, aber ich denke, also die letzten Jahre haben’s zumindest immer 100, 150 Leute verstanden. "
Das Teggeln ist der Höhepunkt der nachbarschaftlichen Aktivitäten. In den Statuten allerdings spielt es nur eine untergeordnete Rolle.
"Dat meiste befasst sich eigentlich mitte Beerdigung. Dat war früher so und dat is heute so. "
stellt Wolfgang Joormann fest. Gegründet wurden die meisten Nachbarschaften im 19. Jahrhundert. Heimatforscher Hubertus Rescher vermutet, dass sie sogar auf die mittelalterlichen Dorfgemeinschaften zurückgehen und keineswegs regional begrenzt sind. Selbst in Nord-Ost-Brasilien fand Rescher Vergleichbares.
"Die Kleinbauern-Ligen und die Ligen der Landarbeiter, die sind zunächst einmal gegründet worden als kleine Sterbekassen. Wenn die Menschen schon nicht würdig leben konnten, dass sie wenigstens würdig beerdigt werden. Und daraus sind also auch Gemeinschaften entstanden, die dann gegenseitig sich geholfen haben, eine starke Nachbarschaftshilfe, aber auch miteinander gefeiert haben. "
Die Sterbekasse der brasilianischen Landarbeiter entspricht dem Sarggeld der Tecklenburger Fastabendgemeinschaften. In den Statuten der Nachbarschaften ist genauestens festgelegt, wer wieviel Sarg- und Kranzgeld für Kinder, Erwachsene und Totgeburten zu zahlen hat. Mit dem Geld alleine ist es allerdings nicht getan, ergänzt eine Nachbarin.
"Also von jedem Haus muss ein Mitglied mit Beerdigung gehen. Träger, die die Leiche tragen, die müssen bestellt werden. Und dann die zum Kaffee eingießen müssen bestellt werden. Und dann müssen wir mit zur Kirche gehen, wir müssen mit dem Leichenzug zum Grab gehen. Und wer da nicht mitgeht, der muss Strafe zahlen. "
Fünf Euro. Und auch, wer zu spät kommt, den bestraft die Gemeinschaft. Diese Regel war im 19. Jahrhundert eingeführt worden, um zu verhindern, dass die Nachbarn nur bei den Beerdigungen reicher und angesehener Menschen mitgingen. Paragraph 11 der Statuten der Nachbarschaft Mettinger Straße von 1874 (Zitat)
" Im Allgemeinen wird angenommen, dass verheiratete Leichen auch von verheirateten Männern zum Friedhofe getragen werden. Sollten aber bei Kindesleichen nicht jugendliche Träger genug in der Nachbarschaft vorhanden sein, so ist es erlaubt, aus einer anderen Nachbarschaft Hülfe zu requirieren. "
Als die Toten noch aufgebahrt wurden, übernahmen die Nachbarn auch das Reinigen und Auskleiden des Verstorbenen, das Putzen des Haushaltes und vieles mehr. Alle Pflichten wurden auf Zetteln niedergeschrieben. Diese kamen in eine Bibel, die neben das Totenbett gelegt wurde. Jeder Besucher nahm sich dann einen Zettel aus dem Buch und wusste, was er zu tun hatte. Heute gibt der erste Nachbar des Trauerhauses die Anordnungen zur Beerdigung und teilt die Arbeitskräfte ein - gemäß den Statuten. (Zitat)
"Jedes Mitglied der Fastabendgemeinschaft hat dieser Anordnung Folge zu leisten. Nichtbefolgte Anordnungen des Nachbarn können eine Geldstrafe bzw. den Ausschluss aus der Gemeinschaft zur Folge haben. "
Wobei der erste Nachbar nicht nebenan wohnen muss. Erster Nachbar ist der, der dem Neuzugezogenem zugeteilt wird. Und zwar nicht nur für Trauerfälle. Hubertus Rescher:
"Der erste Nachbar ist derjenige, der ganz besondere Verpflichtungen eingeht. Diese erste Nachbarschaft musste erklärt werden: Ich bin in Zukunft dein erster Nachbar. Wenn dir etwas passiert, helfe ich. Wir haben Beispiele, wo hier jemand, längere Zeit arbeitsunfähig war und der erste Nachbar das dann übernommen hat, also in der Arbeit ersetzt. "
Eine Tradition, die bei den Neuzugezogenen in Obermetten meist gut ankommt.
Mann: "Und dieser erste Nachbar hat uns regelrecht an die Hand genommen, uns gezeigt, wer wohnt hier, wer wohnt da, wer ist mit wem verwandt, wie heißen die ganzen Leute. Also es war sehr schön für uns. Und man kommt eigentlich, wenn man berufstätig ist, sehr schlecht in Kontakt, auch mit seinen Nachbarn normalerweise. Und dadurch hatten wir von einem auf den nächsten Tag eigentlich einen sehr guten Kontakt und konnten uns daher auch bestens einrichten. "
Frau: "Zu unserem ersten Nachbarn ganz besonders hat sich wirklich ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt, aber auch zu den anderen Nachbarn. Wir haben vor zwei Jahren unsere Silberhochzeit gefeiert, und da hat bestimmt jeder mehr wie einen halben Tag eingebracht. Und ohne unsere Nachbarn hätten wir das Fest gar nicht feiern können. Die haben so viel geholfen, das war ganz toll. "
Auch für die Brautpaare gibt es in Obermetten ein Ritual: Das Kranzbinden: Rund um die Haustür wird eine Girlande aus Tannenzweigen und selbst gebastelten Papierrosen befestigt. Die Silberhochzeitspaare können selbst entscheiden, ob die drei Nachbarhäuser links oder die drei rechts von ihnen den Kranz binden. Bei der grünen Hochzeit ist es bereits festgelegt: Nur Menschen unter 35 dürfen sich daran beteiligen. Die kommen dann allerdings aus der gesamten Nachbarschaft und sind bis zu einer Woche mit dem Kranzbinden beschäftigt, weil immer wieder ausgemessen, nachgefragt und Flüssiges nachgeschenkt werden muss. Schließlich läuft nicht immer alles nach Plan.
"Und dann ging das auch hoch her. Und dann hatten die auch noch Wäsche auf der Leine und unter anderem die Hose vom Vater. Dann haben die die Unterhose genommen, sind oben auf den Baum gestiegen und haben die da reingehängt. Und nen andern Tag mussten wir ja kränzen, also nen Kranz und Rosenbinden und so. Und dann kamen wir an und dann sagte Frau Könemann: So, ich hab euch ein paar Plätzchen gebacken. Und dann wir och, ja, und dann auf einmal jeder guckt sich an, wat ham wir denn in Mund. Und dann fing sie an zu lachen: "Dat is für die Unterhose von unserm Wilhelm." (Gelächter) Mull, also Verbandsmull hatte sie so in kleine Stückchen geschnitten und da mit reingebacken. "
In einem anderen Hochzeitsfall hat das Kränzen zum endgültigen Bruch mit der Nachbarschaft geführt. Aufgrund schlechter Erfahrungen hat eine Familie den Kranz nicht von den jungen Leuten binden lassen - das Kranzbinderalter lag damals noch bei maximal 25 Jahren - sondern von den direkten Nachbarn. Und das war und ist nach der Satzung verboten.
"Und dann kam es zu dieser Versammlung. Und an diesem Abend wurde dann darüber gesprochen, dass das nicht rechtmäßig gewesen ist, was wir gemacht hätten. Und es wurde von einer Person sogar eine Strafe in Höhe von 1000 DM genannt. Und daraufhin haben mein Vater und mein Mann dann den Saal verlassen und gesagt: So, das war’s. Das hat nichts mehr mit Nachbarschaft zu tun. "
Die anderen, an dem Kranz beteiligten Nachbarn haben Strafe bezahlt und sind geblieben - für die Familie des Brautpaares aber war der Fall Fastabend erledigt.
"Die erste Zeit, da wurd schon viel über uns geredet, es wurden auch viele Gerüchte in den Raum gestellt. Aber irgendwann hakt man das dann ab. Für mich sind die Leute wichtig, mit denen ich ständig zu tun habe, und von daher haben wir das nie als schlimm empfunden, da nicht mehr drin zu sein, ne. "
Auch wenn sie sich damit die Hilfe im Notfall verwirkt haben. Schlimmer noch: Die Statuten der Gemeinschaft schreiben vor, dass Nachbarn, die noch Mitglied sind und Ausgetretenen helfen, Strafe zahlen müssen. Die ausgetretene Familie lässt sich davon nicht beeindrucken.
"Die, wo man gut mit klarkommt, die helfen einen zu guten Zeiten und auch zu schlechten Zeiten, und ich bin auch immer bereit, jedem zu helfen. Da muss ich nicht gezwungen in einer Nachbarschaft sein, wo ich dahin gehe und sage, ich muss da feiern, ich muss mit zur Beerdigung, ich muss das machen und ich muss das machen. Den Zwang brauche ich nicht unbedingt. "
Und wie steht die Fastabendgemeinschaft zu abtrünnigen Nachbarn?
Frau: "Also da ist keiner böse oder so, das muss ja jeder selber wissen. Meistens ziehen die dann weg oder so. "
Frau: "Es sind aber auch junge Leute da, die sagen, wir wollen gar nicht in diese Fastabendgemeinschaft rein, ne. "
Mann: " Meist geht’s aber nur ums Geld. "
Und dieses Geld, das von den Mitgliedern des Fastabends bei diversen Anlässen eingesammelt bzw. abgedrückt wird, dient schließlich einem guten Zweck. Notleidende oder Geburtstag feiernde Mitglieder werden aus der Gemeinschaftskasse ebenso unterstützt wie gemeinsame Feiern finanziert werden. (Volksfestmusik)
Mann: "Dat is einmal das Winterfest und einmal das Sommerfest. Und wenn diese Feste nicht mehr da sind, trifft man sich überhaupt nicht mehr. Jeder ist heute vollgepackt mit Partys hier, Partys da, jeder hat seine Verpflichtungen. Und es ist ganz wichtig, dass man sich zweimal im Jahr mit der Nachbarschaft nochmal trifft, ist meine Meinung. Sonst verliert man sich auf dem Lande auch. "
Mann: "Man trinkt, man singt und tanzt zusammen. Und wenn einer nich mehr kann, dann geht er nach Hause. Ja, nu, wenn einer unterwegs liegen blieb, selbstverständlich wurde er geholfen. Andern Tag hat man sich wieder getroffen, hat man sich erzählt, was gewesen is. Der eine wusste etwas mehr wie der andere, dann wurde wieder ein bisschen was getrunken, und dann war die Sache erledigt. Bis zum nächsten Umtrunk. "