Die düstere Auseinandersetzung mit dem Tod

Von Joachim Kaiser |
Noch keine 30 Jahre alt war Frederic Chopin, als er die b-Moll Sonate opus 35 fertig stellte, die sogenannte "Trauermarsch-Sonate". Seine Auseinandersetzung mit dem Tod gilt bis heute als schwer zu spielendes Werk.
Chopin litt Jahre lang an Tuberkulose und starb im Alter von 39 Jahren. Der Musikkritiker Joachim Kaiser stellt verschiedene Interpretationen nebeneinander um zu zeigen, wie der tragische, von herber Gewalt erfüllte Kopfsatz, das dämonisch anmutende Scherzo und der berühmte Trauermarsch gespielt werden kann.

Zwischen 1837 und 1839, zwölf Jahre nach der frühen c-Moll Sonate, entsteht die "Trauermarsch-Sonate". Deren Kopfsatz wird von vier langsamen, donnernden Akkord-Takten eingeleitet, dann folgt das Hauptthema: Der Musikkritiker Joachim Kaiser zeigt, wie sich die kleinen , genau kalkulierten Einheiten zu einem Organismus zusammensetzen, wie es kommt, dass die innere Logik sich als panische Struktur notwendig und zwingend einstellt. Die Interpretation von Sergej Rachmaninow aus dem Jahre 1930 dürfte die erste Maßstab setzende Darbietung der Interpretationsgeschichte gewesen sein. Auch diejenigen Pianisten, die gute Gründe hatten, Chopins Trauermarsch-Sonate ganz anders zu verstehen, als es Rachmaninow einst vorgeführt hatte, kannten und respektierten Rachminanows gleichsam "klassisch" gewordene Deutung, erläutert Kaiser. Rachmaninow artikulierte in der zweiten Hälfte der Seitensatz-Melodie, bei der Entfaltung des "Lyrischen" immer behutsamer, inniger, er artikuliere, als wollte er fühlen lassen, welche Mischung kompositorischer Logik und poetischem Geschenk Chopin gelungen ist. Zu hören sind unter anderem Aufnahmen von Arthur Rubinstein, Vladimir Horowitz, Alfred Cortot und Arturo B. Michelangeli. Um Chopins "Trauermarsch" gebührend einzuordnen zeichnet Joachim Kaiser nach, wie die zwei anderen Sonaten von Frederic Chopin den kompositorischen Bogen spannen.