"Die Deutschen sind nicht stolz genug auf ihre Leistungen."

14.10.2005
Der türkischstämmige Autor und Publizist Zafer Senocak hat die Deutschen dazu aufgefordert, mehr Heimatliebe zu entwickeln. Deutschland sei ein lebenswertes Land, das eine ungeheure Aufbauleistung bewältigt habe und in dem die Menschen auch gerne lebten, sagte Senocak im Deutschlandradio Kultur. Dies werde zu wenig betont.
Die Deutschen hätten gerade in den letzten Jahrzehnten einen Lebensstil entwickelt, den es vorher so nicht gegeben habe, sagte Senocak:

"Seit den 70er Jahren hat sich Deutschland gewaltig verändert."

Es sei bunter und weltoffener geworden. Der Autor fügte hinzu, er halte wenig davon, von Parallelgesellschaften zu sprechen. Zwar hätten sich Nischen gebildet, in denen sich einige Kulturen abschotteten. Dies gebe es aber in jeder Gesellschaft. Gerade in der Literatur und Musikszene habe eine regelrechte Globalisierung stattgefunden, durch die sowohl Literatur als auch Musik aufgewertet würden. Diese Leistungen müsse man noch viel stärkerin den Blick rücken.

Zu den größten Aufgaben Deutschlands für die Zukunft gehören für Senocak die größere Flexibilisierung der Deutschen hinsichtlich Wohnort und Arbeitsplatz sowie eine größere Kompetenz im Umgang mit anderen Kulturen und Lebensvorstellungen:

"Wenn wir das nicht bewältigen, fallen wir zurück. Dann haben wir die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts nicht bewältigt."

Senocak warnte davor, den Bezug zum eigenen Land zu verlieren:

"Wenn wir diese Felder intellektuell und vom Lebensstil nicht mehr füllen, dann wird es eben von Demagogen und radikalen Kräften getan, in Zukunft sicherlich noch stärker als heute."

Bedenken gegen einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union trat Senocak entgegen. Zwar sei derzeit eine gewisse Skepsis gerechtfertigt. Jedoch könne man nicht davon ausgehen, dass die heutige Türkei in 10 bis 15 Jahren noch genauso aussehe. Er sei optimistisch, dass sich in der Türkei sehr viel entwickeln werde, sagte Senocak.